Mittwoch, 23. Dezember 2015

Liebe stärker als Stolz hl

Losung: Ich streckte meine Hände aus den ganzen Tag nach einem ungehorsamen Volk, das nach seinen eigenen Gedanken wandelt auf einem Wege, der nicht gut ist. Jesaja 65,2

Lehrtext: Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Lukas 15,20-21

Liebe Leserin, lieber Leser,

‚Sollen sie doch in ihr Unglück laufen, wenn sie so verbohrt und eigensinnig sind!‘ – So würden wohl nicht wenige Menschen von solchen denken, die nicht hören wollen. Vielleicht würde auch ich so denken, wenn ich Gott wäre. Bin ich aber nicht. Gott sei Dank.
Gott sei Dank ist Gott kein Mensch. Ihn kann man nicht beleidigen. Seine Liebe ist stärker als sein Stolz. Und wenn es darum geht, barmherzig zu sein, ist ihm seine Würde egal. Dann rennt er seinem unglücklichen Menschenkind entgegen, statt wie ein Ölgötze mit verschränkten Armen auf seinem Thron sitzen zu bleiben.
Davon erzählt Jesus in seinem Gleichnis vom ‚Verlorenen Sohn‘. Und der heutige Lehrtext-Vers daraus ist für mich auch der wichtigste. In den meisten Predigten, Auslegungen und Erklärungen wird allerdings folgender Satz hervorgehoben: »Da ging er (der eigensinnige Sohn) in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!  Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße
Genau genommen will er seinem Vater nicht die Wahrheit sagen. Er schiebt als Motiv seiner Heimkehr ein Sündenbekenntnis vor, wo er doch eigentlich nur sagen will: „Vater, ich habe Hunger.“
Dem Vater ist es egal, aus welchem Grund sein Sohn heimkommt. Es jammert ihn, er hat Mitleid als er die Elendsgestalt sieht, die doch sein Sohn ist und bleibt. Und so geht, nein, so rennt (!) er ihm entgegen, fällt ihm gleich um den Hals und küsst ihn, noch bevor der Sohn irgendeine Erklärung sagen kann.
Eigentlich müsste man Jesus wegen dieser Geschichte aus der Kirche ausschließen. Denn so geht es doch nicht! Wo bleibt denn da die Moral? Wo bleiben Reue und Zerknirschung? Selbsterniedrigung und Sündenstrafen? Dazu setzt er dem Ganzen die Krone auf, weil seine Geschichte ein Gleichnis für Gott selbst ist; dafür, wie er sich zu denen verhält, die sich ihm gegenüber unmöglich benommen haben.
Nun ja, auch deshalb wurde Jesus von den Religionsführern seiner Zeit ans Kreuz gebracht. Dostojewski und sein Großinquisitor lassen grüßen! [Hier die Geschichte zum Nachlesen]
Fazit von Losung und Lehrtext heute: Statt beleidigt die Arme zu verschränken, streckt Gott wehmütig seine Hände nach dir aus, wenn du ihn verlässt und eigene Wege gehst, die nicht gut für dich sind. Und er geht, nein, er rennt dir entgegen, sobald du einen Schritt auf ihn zu tust. Dieser Gott ist an Weihnachten Mensch geworden für dich und für mich und für alle anderen auch.

Gebet: Himmlischer Vater, du hast alles für mich getan, was gut für mich ist. An dir liegt es nicht, wenn ich falsche Entscheidungen treffe und in mein Unglück renne. Es liegt an mir, mich darauf zu besinnen, dass ich dein Kind bin und bleibe und darauf zu vertrauen, dass ich dir jederzeit willkommen bin, jederzeit und unter allen Umständen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

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