Donnerstag, 30. Januar 2020

voreingenommen und befangen hl

Losung: Du sollst den Geringen nicht vorziehen, aber auch den Großen nicht begünstigen. 3.Mose 19,15

Lehrtext: Haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person. Jakobus 2,1

Liebe Leserin, lieber Leser,

     dass die Großen begünstigt werden, ist in unserer Gesellschaft wie auch in anderen gang und gäbe. Wenn du mal eine gewisse Position und damit ein gewisses Ansehen erreicht hast, sei es in der Politik oder als einflussreicher Geschäftsmann, als Star oder als Sponsor, dann wird dir Vieles „nachgeschmissen“, was sich andere erarbeiten müssen. Gerade bei Politikern ist das heikel, weil sie als unbestechlich gelten sollen. 
     Dass die Geringen bevorzugt behandelt werden, das habe ich noch nicht erlebt. Eher das Gegenteil. Das gilt auch vor Gericht. Ein angesehenes und vielleicht auch reiches Mitglied der Gesellschaft mit weißem Kragen und Krawatte hat es vor Gericht fast immer leichter als ein kleiner Angestellter oder ein Obdachloser. Das liegt nicht an der Ungerechtigkeit von Richtern, sondern in der Natur der Sache. Manche Dinge und damit auch Personen sind einem eben vertrauter und sympathischer und deshalb sieht man sie wohlwollender an als andere. Da muss auch ich aufpassen.
     Aber die Bibel fordert absolute Gerechtigkeit gegenüber jedermann und verbietet das Ansehen der Person. Merkwürdig, das gilt seit über 2000 Jahren und hat auch in all der Zeit in Deutschland gegolten, in der das Christentum die alleinige Religion war. Aber solche Gebote spielten bei unseren allerchristlichsten Herrschern in Staat und Kirche so gut wie keine Rolle. Immerhin ist die Gleichheit vor dem Gesetz inzwischen ein Grundsatz unseres Rechtsstaates, der gegebenenfalls eingeklagt werden kann, wenn man einem Richter Befangenheit nachweisen kann.

Gleiches Ansehen im Gottesdienst?

     Doch bei Jakobus, von dem unser heutiger Lehrtext stammt, geht es nicht um die Justiz, sondern um den Gottesdienst. Wenigstens da sollen alle gleich behandelt werden egal wie mächtig, berühmt oder reich sie sind oder wie machtlos, unbedeutend und arm. Aber gehe mal in einen öffentlichen Gottesdienst anlässlich eines gesellschaftlich wichtigen Ereignisses. Wer da wohl in der ersten Reihe sitzt? Ich habe jedenfalls noch keinen Gottesdienst im Fernsehen gesehen, in dem die Kanzlerin oder der Bundespräsident mitten unter den anderen Besuchern gesessen hätte. „Aus Sicherheitsgründen“ sagt man heute dazu und rechtfertigt damit die alte hierarchische Ordnung.
     Was wohl Jesus dazu sagen würde oder sagt? Vielleicht ist das in der Volkskirche gar nicht mehr so wichtig und in der Freikirche auch nicht, wenn der Bundespräsident oder Joe Kaeser von Siemens mit 14 Millionen Euro Jahresgehalt zu Besuch kommt.

Gebet: Herr, ich tue mich leicht, andere zu kritisieren, weil sie die Großen gegenüber den Kleinen vorziehen. Dazu habe ich nicht allzu viel Gelegenheit. Aber auch im Umgang mit den Menschen aus meiner Umgebung muss ich aufpassen, dass ich sie nicht einteile in sympathisch und unsympathisch und sie dann unterschiedlich behandle. Ich selbst möchte ja auch nicht benachteiligt werden. Darum soll das auch für mich gelten, was du sagst: Behandle jeden Menschen so wie auch du von ihm behandelt werden möchtest. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr

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4 Kommentare:

  1. Lieber Herr Löhr, auch in diesen Tagen lese ich gerne Ihre Auslegungen. Nur: Die Sprüche des Tages sind in meinem Losungsbüchlein der Herrnhuter andere..��

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    1. Ich richte mich nach der online-Ausgabe der Herrnhuter Losungen und habe noch einmal überprüft, ob ich tatsächlich die Losungen des Jahres 2020 habe. Das ist so. Weshalb Sie andere Bibelworte haben, ist mir schleierhaft.
      Danke, dass Sie meine Auslegungen gerne lesen.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Zum Thema "den Geringen nicht vorziehen" habe ich in den letzten Tagen zwei Gespräche wahrgenommen:

    1) Am Kaffeeautomaten in der Firma, wo sich zwei ältere Mitarbeiter über das Thema Mindestrente unterhielten: Tendenz: Unfair gegenüber denen, die mit regulärer Rente knapp drüber liegen, und für die sich ihre Arbeit und Beitragszahlung dann nicht gelohnt hat.

    2) Von einer befreundeten Familie, gering qualifiziert, aber fleißig, wo Mutter und jugendliche Tochter putzen gehen, damit die Familie gerade so rumkommt, und die jetzt das Wohngeld für ein Jahr zurückzahlen sollen, weil sie etwas "zu viel" verdient haben.

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