Habe
versehentlich noch einmal Losung und Lehrtext vom 2. Januar ausgelegt. Hoffe aber, dass es sich für dich lohnt, die
folgenden Zeilen zu lesen und darüber nachzudenken.
Losung: Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen. Jesaja 25,8
Losung: Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen. Jesaja 25,8
Lehrtext: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in
Trübsal, beharrlich im Gebet. Römer 12,12
Liebe Leserin, lieber
Leser,
manchmal ist das Leben
in dieser Welt ein Berg der Freude. Und manchmal ist es ein Tal der Tränen. Was
überwiegt?
Behauptung von Leibniz
Der deutsche Universalgelehrte Gottfried
Wilhelm Leibniz (1646-1716) behauptete nach populärem Verständnis, dass wir in
der besten aller möglichen Welten leben würden: „Gott kann zwar alle möglichen Welten denken, aber doch nur die beste
von ihnen wollen, denn mit seiner Vollkommenheit wäre es unverträglich, das
weniger Vollkommene, oder wenn man will, das Böse zu tun. […] Er hat die beste
aller Welten durch seine Weisheit erkannt, durch seine Güte erwählt und durch seine
Macht verwirklicht.“ (Zusammenfassung
von Max von Boehn)
Widerspruch von Voltaire
Voltaire (1694-1778), der große Philosoph
der europäischen Aufklärung, widersprach Leibniz mit seiner satirischen Novelle „Candide
– Die beste aller Welten“. Darin lässt er seinen erfundenen Helden auf einer Weltreise
so viel Leid, Elend und Not erleben, dass er den Leibnizschen Optimismus
widerlegt zu haben glaubte.
In einem Internet-Lexikon heißt es aber zur Ehrenrettung
von Leibniz: „Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in
der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr weist Leibniz auf einen notwendigen
Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum
Preis der Existenz von Übel zu haben ist. Die wirkliche Welt ist die beste unter
anderen in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem
geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist nicht der
derzeitige Zustand der Welt der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem
Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten. Gerade dieses
Entwicklungspotential ermöglicht es, den derzeitigen Zustand zu verbessern.
Klärung nicht möglich
Ich meine, dass eine philosophische
Klärung dieses Problems, wie man es im 18. Jahrhundert noch versucht hat, nicht
möglich ist. Gott kommt man nicht mit Logik bei. An ihm scheitert der
menschliche Verstand. Trotzdem muss Gott im Rahmen unserer bescheidenen
Möglichkeiten gedacht werden, wenn man von ihm vernünftig reden will. Man nennt
dieses unzureichende Bemühen ‚Theologie‘.
Ich neige angesichts der entsetzlichen Ereignisse
gerade in unsrer jüngeren Geschichte und der Erfahrung, dass unsere Zeitgenossen
daraus wenig bis nichts gelernt haben, eher Voltaire zu. Menschen waren, sind und
werden zu allem Bösen fähig sein. Die Bibel nennt das Erbsünde. Aber muss man
nicht doch unseren guten Gott mit dem Bösen und dem Leid irgendwie
zusammendenken? Oder soll man nicht, wie die Manichäer, zugleich eine feindliche, finstere
Gegenkraft annehmen, die für das Böse verantwortlich ist?
Jedenfalls finde ich den Gedanken von
Leibniz bedenkenswert, dass da ein notwendiger Zusammenhang zwischen Gutem und
Üblem sei: Gott "erkauft" das Gute in der Welt mit einem gewissen Maß an Übeln.
Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht. Aber
ich erlebe diese Welt nun mal so, dass es das eine nicht ohne das andere gibt. Vulkane
und Erdbeben zum Beispiel, die schon so viele Menschenleben gefordert haben,
waren die erdgeschichtliche Voraussetzung, dass es überhaupt Leben auf diesem Planeten
geben kann. Ebenso die lebensnotwendige Schwerkraft, durch die andererseits zahllose Menschen zu Tode
stürzen. Oder das Zellwachstum, ohne das nichts Lebendiges entstehen kann. Ungehemmt aber ist es Krebs.
Wo Leibniz wie Voltaire fehlgehen
Die Schwäche von Leibniz wie Voltaire ist aus meiner Sicht, dass sie versuchen, Gott als eine abstrakte Größe zu denken und in Beziehung zur Welt zu setzen, die wir nach menschlichen Werten wie gut und böse beurteilen. Ihnen geht es um den "Gott der Philosophen", den sie zum Gegenstand ihres Denkens machen.
Mir geht es um den "Vater Jesu Christi". Ihn erkenne ich nicht mit Hilfe meines Intellekts. Vielmehr begegnet er mir im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz. In ihm wird er konkret, wird er Mensch, zeigt er sich so weit, wie er sich uns Menschen zeigen will. In Christus leidet Gott selbst in und an der Menschenwelt. Er hält das Böse aus, das ihm angetan wird, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen. Er liebt auch die, die ihm feindlich gesinnt sind und ihn töten, um sie und uns alle so vom Bösen, von Sünde und Tod zu erlösen.
Leben und glauben im Spannungsfeld
Noch leben wir in einer Welt, in der es neben Freude und Glück auch ein großes Maß an Schuld und Leid gibt. Doch sie ist nicht verflucht, sondern schon gesegnet, nicht verdammt, sondern schon erlöst, nicht verloren, sondern schon gerettet. Sie ist noch nicht die beste aller möglichen Welten, doch Gott hat sie dazu bestimmt, es zu werden. Er wird sie, wie alles, das er geschaffen hat, auch vollenden. Diese Spannung zwischen dem, was die Welt schon ist und was noch nicht, muss ich aushalten. In diesem Spannungsfeld lebe und glaube ich.
Wo Leibniz wie Voltaire fehlgehen
Die Schwäche von Leibniz wie Voltaire ist aus meiner Sicht, dass sie versuchen, Gott als eine abstrakte Größe zu denken und in Beziehung zur Welt zu setzen, die wir nach menschlichen Werten wie gut und böse beurteilen. Ihnen geht es um den "Gott der Philosophen", den sie zum Gegenstand ihres Denkens machen.
Mir geht es um den "Vater Jesu Christi". Ihn erkenne ich nicht mit Hilfe meines Intellekts. Vielmehr begegnet er mir im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz. In ihm wird er konkret, wird er Mensch, zeigt er sich so weit, wie er sich uns Menschen zeigen will. In Christus leidet Gott selbst in und an der Menschenwelt. Er hält das Böse aus, das ihm angetan wird, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen. Er liebt auch die, die ihm feindlich gesinnt sind und ihn töten, um sie und uns alle so vom Bösen, von Sünde und Tod zu erlösen.
Leben und glauben im Spannungsfeld
Noch leben wir in einer Welt, in der es neben Freude und Glück auch ein großes Maß an Schuld und Leid gibt. Doch sie ist nicht verflucht, sondern schon gesegnet, nicht verdammt, sondern schon erlöst, nicht verloren, sondern schon gerettet. Sie ist noch nicht die beste aller möglichen Welten, doch Gott hat sie dazu bestimmt, es zu werden. Er wird sie, wie alles, das er geschaffen hat, auch vollenden. Diese Spannung zwischen dem, was die Welt schon ist und was noch nicht, muss ich aushalten. In diesem Spannungsfeld lebe und glaube ich.
Was ist wirklich gut
und was böse?
Was also überwiegt in dieser Welt? Ist sie
mehr ein Berg der Freude oder ein Tal der Tränen? Das hängt wohl davon ab, was
ein jeder im Lauf der Zeit erlebt und erfährt. Ich weiß auch nicht, warum es
das Böse neben dem Guten gibt und werde es wohl auch nie wissen können.
Manchmal ist es sogar so, dass das vermeintlich Böse sich mit der Zeit als gut
und das Gute sich als böse herausstellt. Darum will ich mit meinem eigenen
Urteil vorsichtig sein.
Das aber glaube ich mit Dietrich
Bonhoeffer, dass Gott auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und
dass er uns im finsteren Tal der Tränen nicht allein lässt. Denn wir haben
einen Gott der tröstet und rettet, der Tränen trocknet und heilt. Auf ihn hoffe
ich in meinen guten Tagen. Ihm vertraue ich in Geduld in meinen bösen. An ihn
wende ich mich im Gebet mit meinen Klagen, meinen Bitten und mit meinem Dank
(Lehrtext).
Gebet: Herr, ich würde gern diese Welt und auch mich selbst besser
verstehen. Aber ich weiß, dass ich immer wieder an meine Grenzen stoße. Ich
werde weiterhin nachdenken und für mich Antworten suchen. Aber letzten Endes lege
ich all mein Fragen und Denken in deine Hand. Du selbst bist die Antwort. Es soll mir genug sein, glauben zu können, dass du mich mit
Gutem segnest, dass du aber auch im finsteren Tal der Leiden bei mir bist. Du
zauberst mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Aber du trocknest auch meine
Tränen. So will ich mit dir leben in guten wie in bösen Tagen. Amen
Nein, ich muss nicht alles verstehen, muss nicht alles wissen, muss nicht auf alles eine Antwort haben. Ich halte es mit Paulus, der auf seine Bitten hin von Gott die Antwort bekommen hat: »Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.«
Nein, ich muss nicht alles verstehen, muss nicht alles wissen, muss nicht auf alles eine Antwort haben. Ich halte es mit Paulus, der auf seine Bitten hin von Gott die Antwort bekommen hat: »Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.«
Und nach allem Nachdenken, Philosophieren und Theologisieren ist vielleicht das ein guter Hinweis, was Voltaire seinen Candide am Schluss des Romans zum Philosophen Pangloss sagen lässt: Ist ja alles schön und gut, was du da sagst, »aber jetzt müssen wir unseren Garten bestellen«.
Herzliche Grüße!
Ihr / dein Hans Löhr
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