Guten Morgen, ihr Freunde der Osternacht,
schön, dass sich jedes Jahr aufs Neue so viele zu so früher Stunde
aufmachen, um die Osternacht zu feiern. Ja, dieser Gottesdienst hat etwas. Er
ist ein besonderes Erlebnis und dann gibt es ja noch anschließend das leckere
Osterfrühstück.
Aber jetzt einmal Hand aufs Herz: glaubst du eigentlich, was wir in der
Osternacht feiern? Glaubst du dass Jesus auferstanden ist von den Toten und
auch du einmal auferstehen wirst ins ewige Leben?
Wir haben das schon zahllose Male im Glaubensbekenntnis so gesagt. Aber ob
wir das, was wir sagen, auch glauben, steht auf einem anderen Blatt.
Viele, sehr viele in unserem Land, ja sogar in unserer Kirche glauben das
nicht. Sie zweifeln an der Auferstehung. Ich kann das gut verstehen. Spricht
doch eigentlich unsere ganze Erfahrung, spricht doch unser Verstand und unsere
Vernunft dagegen. Aber wenn wir nur das für wahr hielten, was wir im wahrsten
Sinn des Wortes begreifen können, bräuchten wir sowieso nicht zu glauben.
Was wäre dann zum Beispiel mit der Liebe? Können wir die begreifen? Können
wir die beweisen? Dass mich ein anderer liebt, kann er mir nicht beweisen. Das
muss ich ihm glauben.
Und so gibt es noch viel mehr Dinge, die ich nicht beweisen, sondern nur
glauben kann. Ob das mit der Auferstehung auch so ist?
Ich mache dir heute Morgen einen Vorschlag und frage dich: was ist dir
lieber, zweifelst du lieber am ewigen Tod oder zweifelst du lieber an der
Auferstehung zum ewigen Leben? Jeder kann sich das aussuchen, woran er zweifeln
möchte. Ich für meinen Teil habe mich entschieden, am Tod zu zweifeln und dem
Leben zu vertrauen. Mir gefällt das besser als andersherum. Aber ich zweifle
nicht am Tod, weil ich gute Gründe dafür hätte, sondern weil ich an Gott glaube,
der das Leben gibt und nimmt und das, was er geschaffen hat, zu einem guten
Ende bringt. Ja, das glaube ich.
Und darum heißt Ostern für mich: Ich glaube nicht an die Finsternis sondern
ans Licht. Nicht an die Gleichgültigkeit, sondern an die Liebe. Nicht an die
Gewalt, sondern an die Sanftmut. Nicht an den Geiz, sondern an die
Großzügigkeit. Nicht an den Streit, sondern an die Versöhnung. Nicht an die
Hartherzigkeit, sondern an die Barmherzigkeit. Nicht an den Krieg, sondern an
den Frieden. Ich glaube nicht an den Tod, sondern an das Leben. Ich glaube
nicht an den Untergang, sondern an die Auferstehung. Ich glaube nicht an mich,
sondern an Gott.
Damit geht es mir besser als andersherum. Dieser Glaube macht mich
zuversichtlich trotz aller schlechten Nachrichten, die wir Tag für Tag hören.
Seit Jahrhunderten wird die Auferstehung ins ewige Leben mit einer Geburt verglichen. Ich habe mir dazu eine kleine Geschichte ausgedacht, die ich zum Schluss vortragen möchte. Sie heißt: „Das Gespräch der Zwillinge im Mutterleib“
Seit Jahrhunderten wird die Auferstehung ins ewige Leben mit einer Geburt verglichen. Ich habe mir dazu eine kleine Geschichte ausgedacht, die ich zum Schluss vortragen möchte. Sie heißt: „Das Gespräch der Zwillinge im Mutterleib“
Da sagt der Zwilling Ben zum Zwilling Tim: „Ziemlich eng hier. Findest du
nicht auch?“
Tim: „Ja, Zeit, dass wir endlich rauskommen.“
Ben: "Raus? Meinst du, es gibt überhaupt ein Draußen, oder ist das,
was hier ist, alles was ist?"
Tim: "Ja, ich glaube, es gibt eins."
Ben: "Ha, glauben! Glauben heißt nicht wissen. Ich glaube es nicht.
Schließlich ist noch niemand von da draußen zu uns gekommen."
Tim: "Aber warum soll es das
Draußen nicht geben? Wenn es ein Hier gibt, gibt's auch ein Dort und wenn es
ein Jetzt gibt, gibt's auch ein Dann. Und wenn’s ein Drinnen gibt, gibt’s auch
ein Draußen."
Ben: "Was du nicht sagst. Das klingt mir zu kompliziert. Ich will dich
etwas anderes fragen: Gibt es so etwas wie eine Mutter?"
Tim: "Du stellst vielleicht Fragen! Warum soll es die Mutter nicht
geben?"
Ben: "Warum? Weil sie noch keiner von uns gesehen hat, ist doch ganz
einfach!"
Tim: "Ja, aber wenn es die Mutter nicht gäbe, was hält uns dann am
Leben, was nährt uns und trägt uns?"
Ben: "Was weiß ich? Es ist halt so, wie es ist."
Tim: "Dann freust Du Dich gar nicht, auf die Welt zu kommen und deine
Mutter zu sehen?"
Ben: "Ich mich freuen? Wieso denn, wenn´s doch gar kein Draußen und
keine Welt und keine Mutter gibt!"
HL Drei Tage später werden beide geboren. Die Geburt ist wie ein Schock.
Sie müssen ihr vertrautes Zuhause verlassen und werden durch einen engen Kanal
ins Freie gepresst. Sie meinen schon, das sei das Ende. Aber es ist der Beginn
des Lebens in den Armen ihrer Mutter. Und der eine Zwilling sagt zum anderen:
Ben: "Wahnsinn, was es nicht alles gibt!"
Amen
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