Mittwoch, 26. April 2017

Das Gebet des Schimmelreiters hl

LosungGott, der du uns viel Angst und Not hast erfahren lassen, du wirst uns wieder beleben. Psalm 71,20 

LehrtextJesus spricht: Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! Johannes 14,1 
Liebe Leserin, lieber Leser,

Hauke Haien legte seine todkranke Frau zurück auf ihre Kissen; dann krampfte er die Hände ineinander. »Herr, mein Gott«, schrie er; »nimm sie mir nicht! Du weißt, ich kann sie nicht entbehren!« Dann war's, als ob er sich besinne, und leiser setzte er hinzu: »Ich weiß ja wohl, du kannst nicht allezeit, wie du willst, auch du nicht; du bist allweise; du musst nach deiner Weisheit tun – o Herr.« (aus der Novelle "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm)
     Als Theodor Storm dieses Gebet in seinen „Schimmelreiter“ aufnahm, muss er zuvor gründlich über Gott und und das Leid der Menschen nachgedacht haben. Was für ein kühner Gedanke, dass Gottes Weisheit noch über seiner Allmacht steht. 
     Aus menschlicher Sicht könnte man sagen: Gott möchte nur allzu gern seinen Plan mit seinen Geschöpfe und der Welt im Ganzen aufgeben, um das Leid seiner Menschenkinder zu wenden. Er hätte auch die Macht dazu. Aber dann würde er auch den Zusammenhang zerreißen, in dem alles steht, wo eins aus dem anderen hervorgeht, 
# wo Licht scheint, weil es die Finsternis gibt, 
# wo Glück auf dem Hintergrund des Unglücks erlebt wird, 
# wo die Ewigkeit der Vergänglichkeit ihren Wert gibt, 
# wo ich die guten Tage zu schätzen weiß, weil ich auch die bösen kenne, 
# wo aber dann doch schließlich alles zu einem guten Ende kommt. 
     Von diesem guten Ende her sieht er mein Schicksal, meine Freude, aber auch Angst und Not. Beides gehört zu meinem Leben dazu. Beides macht diese vergängliche, noch nicht erlöste Welt aus. Beides wird von ihm auf eine höhere Ebene gebracht und verwandelt in eine neue Qualität, wo göttliche Weisheit, Freude und Liebe zusammenfließen zu einer nicht mehr sagbaren Seligkeit. Das ist das gute Ziel, worauf seine Schöpfung zuläuft. Aber noch sind wir auf dem Weg.
     Und auf diesem Weg, in dieser Welt- und Lebenszeit lässt er mich beides erfahren:
Freude 
     # damit ich dankbar sein darf (!) und mein Leben mit den vielen guten Tagen zu schätzen weiß. 
Angst und Not (Losung)
     # damit ich es lerne, mich ganz und gar auf ihn zu verlassen. 
     # Damit ich aber auch die Herausforderungen annehme und nun das Meine tue, um wieder hochzukommen, während er zugleich das Seine dazutut.
     # Damit ich vertraue, dass er mich auch in Schock- und Angststarre wieder beleben (Losung) und mich wieder glaubens- und handlungsfähig machen wird.
Auf diesem Weg lässt er mich nicht allein. Er gibt mir einen Begleiter, der beides kennt: die Schönheit des Lebens, aber auch Angst und Not. Die Lilien auf dem Felde, aber auch das harte Holz des Kreuzes. Den Tod, aber auch die Auferstehung.
     Und dieser Jesus sagt ein ums andere Mal zu dir und zu mir, was er auch den Menschen der Bibel gesagt hat: "Fürchtet euch nicht! Habt keine Angst! Erschreckt nicht! Vertraut mir, ich lasse euch nicht im Stich. Vertraut Gott, er hat diese Welt geschaffen. Er wird sie auch erlösen."
     Hauke Haien hat in seiner Verzweiflung innegehalten, sich besonnen und eine, wie ich meine, wertvolle Entdeckung gemacht: Gottes Weisheit steht über seiner Macht. Macht und Liebe sind nur schwer vereinbar. Aber Weisheit und Liebe ergänzen sich.

Gebet: Herr, wie sollte ich mich nicht fürchten vor Angst und Not? Ich weiß doch, wie zerbrechlich mein Leben ist und wie gefährdet diese Welt. Lass mich in den Stürmen der Angst deine Stimme hören, dass ich nicht auf das sehe, was ich fürchte, sondern auf dich, den ich liebe. Amen

Herzliche Grüße 

Hans Löhr

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