Dienstag, 31. Juli 2018

Macht- und Gewaltfantasien in der Bibel hl

Losung: HERR Zebaoth, du bist allein Gott über alle Königreiche auf Erden, du hast Himmel und Erde gemacht. Jesaja 37,16 

LehrtextIch sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hieß: Treu und Wahrhaftig, und er richtet und kämpft mit Gerechtigkeit. Offenbarung 19,11 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Hinweis: Der folgende Ausschnitt aus der sogenannten Offenbarung des Johannes ist blutrünstig. Natürlich könnte ich ihn jetzt elegant umgehen. Aber ich will den heutigen Lehrtext in seinem größeren Zusammenhang bringen und mich dazu kritisch äußern.
     Die „Offenbarung“ des Johannes offenbart in weiten Teilen nicht die gute Botschaft von Jesus, das Evangelium, sondern die Fantasien und Probleme, die jener Johannes selbst gehabt hat. Soweit man weiß, lebte er in Verbannung auf der Insel Patmos vor der heutigen türkischen Küste in einer Zeit schwerer Christenverfolgungen. Von diesen Zeitumständen sind seine Äußerungen geprägt. Damals stand eine kleine Schar verfolgter, ohnmächtiger Christengruppen dem riesigen, heidnischen Imperium der Römer gegenüber. Ihre Lage war weitgehend aussichtslos. Aber Johannes beschwor sie, vom Glauben nicht abzufallen. So schrieb er davon, dass die himmlischen Mächte noch stärker sein als die irdischen und auf Seiten der Rechtgläubigen kämpfen würden. Und wie es bei Unterdrückten und Verfolgten oft der Fall ist, schwelgte auch der ohnmächtige Johannes in grausamen Macht- und Gewaltfantasien. So fantasierte er sich in einen Endkampf hinein, der für ihn und seine Anhänger den Sieg bringen würde. Doch lies selbst:
     11 Da öffnete sich der Himmel vor meinen Augen, und ich sah ein weißes Pferd. Der darauf saß, heißt »der Treue und Wahrhaftige«. Es ist der gerechte Richter, der für die Gerechtigkeit kämpft!
12 Seine Augen leuchteten wie flammendes Feuer, und sein Kopf war mit vielen Kronen geschmückt. Der Reiter trug einen Namen, den nur er selbst kannte.13 Sein Gewand war mit Blut getränkt, und sein Name lautete: »das Wort Gottes«. 14 Die Heere des Himmels folgten ihm auf weißen Pferden. Sie alle trugen Gewänder aus reinem, strahlend weißem Leinen. 15 Aus dem Mund des Reiters kam ein scharfes Schwert, mit dem er die Völker besiegt. Er wird mit eisernem Zepter über sie herrschen. Und wie beim Keltern der Saft aus den Trauben gepresst wird, so wird er sie zertreten, und sie werden den furchtbaren Zorn des allmächtigen Gottes zu spüren bekommen. 16 Auf seinem Gewand, an der Hüfte, stand der Name: »König über alle Könige! Herr über alle Herren!«
17 Dann sah ich einen Engel, umstrahlt vom Sonnenlicht. Mit lauter Stimme rief er allen Vögeln zu, die hoch am Himmel flogen: »Kommt her! Versammelt euch zum großen Festmahl, das Gott bereitet hat. 18 Stürzt euch auf das Fleisch der Könige, der Heerführer und aller Mächtigen dieser Erde. Fresst das Fleisch der Pferde und ihrer Reiter, das Fleisch der Herren und der Sklaven, der Großen und der Kleinen.« 19 Dann sah ich das Tier und die Herrscher der Erde. Mit ihren Armeen waren sie angetreten, um gegen den Reiter auf dem weißen Pferd und gegen sein Heer zu kämpfen.
20 Doch das Tier wurde ergriffen und mit ihm der falsche Prophet. Der hatte im Auftrag des Tieres die Wunder getan und damit alle verführt, die das Zeichen des Tieres angenommen und seine Statue angebetet hatten. Bei lebendigem Leib wurden beide – das Tier und der Lügenprophet – in einen See voller brennendem Schwefel geworfen. 21 Die anderen wurden mit dem Schwert getötet, das aus dem Mund des Reiters auf dem weißen Pferd kam. Und alle Vögel fraßen sich satt an ihrem Fleisch. 
(Offenbarung 19,11-21).
     Ganz schön viel Zorn und Verderben, Blut und Tod, Feuer und Schwert. Was das mit Jesus von Nazareth zu tun hat, der auf einem Esel und nicht auf einem weißen Pferd ritt, der Gewalt kategorisch ablehnte, sich gefangen nehmen ließ und ohnmächtig am Kreuz starb – das erschließt sich mir nicht. Zum Zentrum seiner Botschaft gehört, auch die Feinde zu lieben. Und in Gottes Liebe, die er uns Menschen brachte, sah er die größte Kraft, mit der er sein Reich bauen will. Ob der Johannes aus der „Offenbarung“ jemals von Jesu Bergpredigt gehört hatte, in der es heißt: »Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen? Ich glaube nicht.
     Nun gut, man kann den heutigen Lehrtext aus seinem Zusammenhang nehmen, dann klingt er durchaus annehmbar. Aber dann verkehrt sich sein ursprünglicher Sinn auch ins Gegenteil.
In der "Offenbarung" des Johannes stehen durchaus auch andere Aussagen, die ich für wertvoll, glaubensstärkend und beherzigenswert erachte siehe zum Beispiel Kapitel 21, 1-7. Aber schon im Vers 8 geht es wieder darum, dass die Sünder in einen Pfuhl aus Feuer und Schwefel geworfen werden, wo sie elendig umkommen müssen.
     Nun könnte man die Offenbarung des Johannes als ein historisches Zeitdokument ohne Wert für den Glauben heute betrachten. Aber seit 2000 Jahren gibt es immer wieder Leute, die sich gierig auf gerade dieses biblische Buch stürzen, die glauben, daraus ablesen zu können, wer die Bösen und wer die Guten sind, wer gerettet wird und wer verloren ist, wer in den Himmel kommt und wer in den Feuersee muss. Nur keiner von denen, die das zu wissen meinen, hat sich jemals selbst im Feuersee sterben sehen. Das sind immer nur die anderen. Doch was ist das für ein Glaube, der solche Gewalt- und Tötungsfantasien braucht? Urteile selbst.
     In der Losung heißt es: »Allmächtiger Gott, du Gott Israels, der du über den Engeln thronst, du allein bist Gott über alle Königreiche der Welt. Himmel und Erde hast du geschaffen.« (Neuübersetzung). Ja, diesem Bekenntnis kann ich zustimmen. Und da er  der König aller Könige ist, weiß er auch, wie er alles regieren soll und zu einem guten Ende bringt. Ich will ihm mit meinen Fantasien nicht ins Handwerk pfuschen. Ich höre nur mit Staunen, dass dieser Jesus, von dem ich weiter oben geschrieben habe, zu seiner Rechten sitzt und mit ihm die gesamte Schöpfung regiert (siehe Glaubensbekenntnis). Von ihm heißt es in dem Adventslied „Macht hoch die Tür“:

Gebet
Er ist gerecht, ein Helfer wert;
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
sein Königskron ist Heiligkeit,
sein Zepter ist Barmherzigkeit;
all unsre Not zum End er bringt,
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Heiland groß von Tat.

Herzliche Grüße

Hans Löhr

Mit Spracherkennung diktiert. Erkennungsfehler bitte melden, sie werden im Internet-Blog korrigiert.
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Alle bisherigen Losungsauslegungen kann man hier im Internet-Blog nachlesen: <http://glaubenswachstum.blogspot.com/>
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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

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