Losung: Wie kann ein Mensch sich Götter machen? Jeremia 16,20
Lehrtext: Darum tötet alles, was nur auf diese Erde gehört und euch noch in den Gliedern steckt: Unzucht, Unsittlichkeit, Leidenschaft, Lust auf Böses und Habgier, die nichts anderes ist als Götzendienst. Kolosser 3,5
Liebe Leserin, lieber Leser,
um gleich mit der Tür ins
Haus zu fallen: dieses Wort aus dem Kolosserbrief war schon bald nach seinem
Erscheinen überholt. Paulus, der mögliche Verfasser dieses Briefes, ging noch
davon aus, dass die Wiederkunft Jesu nach seiner Himmelfahrt unmittelbar bevorstünde
und zwar noch zu Lebzeiten der ersten Christen. Unter diesen Umständen war es offenbar
für ihn und andere zunächst relativ einfach, seinem Wort zu folgen, also die
Lust abzutöten und sich von dem fernzuhalten, „was nur auf diese Erde gehört.“ (Lehrtext)
Selbsternannte Richter und Vollstrecker
Das änderte sich allmählich
wieder, als sich die Wartezeit dehnte und Jesu sichtbare Wiederkunft ausblieb. Seitdem
hat es aber im Christentum immer wieder kleine, radikale Gruppen gegeben, die
auch später das Pauluswort als Auftrag verstanden haben. Die sich auf diese
Weise von den anderen Glaubensgeschwistern abgegrenzt und über sie erhoben
haben.
„Unzucht, Unsittlichkeit,
Lust auf Böses und Habgier“ gelten zurecht auch heute noch als verwerflich. Nur
kommt es darauf an, wer die Deutungshoheit über diese Begriffe und das
entsprechende Verhalten hat: Was ist denn wirklich unzüchtig, unsittlich, böse
und habgierig? Wer befindet darüber? Wer schwingt sich zum Richter auf und
straft? Und mal ehrlich, welche dieser Richter und Richterinnen hätten noch nie
solche Gedanken und Gefühle gehabt? Jesus trifft in der Bergpredigt ins
Schwarze, wenn er sagt:
„Ihr
habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen.« Ich aber sage euch:
Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen
in seinem Herzen. Wenn dich aber dein rechtes Auge verführt, so reiß es aus und
wirf’s von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe und
nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.“
(Matthäus 5,27-29). Dem ist zurecht wohl niemand gefolgt, sonst lebten
wir heute als Einäugige unter lauter Einäugigen.
Ein Spiegel für die Unbarmherzigen
Doch worum ging es Jesus
mit diesem radikalen Wort? Meines Erachtens war auch ihm klar, dass sich
niemand deswegen ein Auge ausreißen würde. Stattdessen ist es ein Spiegel für
die Supermoralisten und Selbstgerechten. Sie, die darauf fixiert sind, andere
der Sünde zu überführen und zu bestrafen (vergleiche Johannes 8,1-11), machen sich durch ihre
Unbarmherzigkeit selbst zu Heuchlern. Nicht die Tat allein, schon der Gedanke
an sie, schon das Begehren ist das Problem. Denn jede Tat beginnt insgeheim in den
Gedanken und Gefühlen. Kurz, es findet sich auf der ganzen Welt kein normaler Mann,
er sei Zuhälter oder Papst, Pfarrer oder Boss im Rotlichtviertel, der nicht
schon öfter einer attraktiven Frau hinterhergeblickt und sie begehrt hätte. Grund
genug, mit denen barmherziger zu sein, die es nicht beim Ansehen und Begehren
belassen haben, statt sie insgeheim zu beneiden und offen zu verurteilen.
Allerdings finde ich es auch ungerecht, dass wieder mal nur die Männer genannt werden 😉. Wie ist das denn bei den Frauen? Worauf werfen sie ihr Auge?
Gebet: Herr, ich werde mir kein Auge ausreißen, aber ich will mich in den Finger beißen, wenn ich auf die zeige, die sich nicht nach meinen Maßstäben richten. Wie sehr richte ich mich denn nach dir? Du bist mit mir ‚barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte‘ *. So will auch ich zu meinen Mitmenschen sein. Gib mir dazu deinen Geist und deine Kraft. Amen
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
* Psalm 108,3 und
viele (!) weitere Bibelstellen.
**********************************************************
»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch
Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit
W Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.«
J.W. von Goethe
aus: „Dichtung und Wahrheit“
***********************************************************
Hinweis für Smartphone-Nutzer: So finden Sie alle seit 2010: Weiter nach unten
gehen. Auf den Link "Web-Version anzeigen" tippen. In der
rechten Spalte gewünschtes Jahr, Monat und Tag aufrufen.
***********************************************************
Sie können die
Losungsauslegungen gerne über WhatsApp, E-Mail, Twitter, Facebook etc.,
weitergeben: Den Link einfach markieren, kopieren und versenden.
Mit Spracherkennung diktiert. Erkennungsfehler bitte melden. Sie werden
nachträglich korrigiert.
***********************************************************
1728 erschien in Herrnhut
die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag
des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus
dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“
in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
***********************************************************
👍👌
AntwortenLöschenWer unter euch ohne Sünde (Schuld) ist, der werfe den ersten Stein.
AntwortenLöschenVerena