Samstag, 16. März 2024

Was ich glaube hl

Losung: Danket dem HERRN und rufet an seinen Namen; verkündigt sein Tun unter den Völkern! Psalm 105,1 

Lehrtext: So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi. Römer 10,17 

Den Glauben, liebe Leserin, lieber Leser, bekomme ich geschenkt – aber nur als Samenkorn oder als „Senfkorn“, wie Jesus sagt. Darum kümmern muss ich mich selbst. Er ist, wie oft gesagt wird, Gabe und Aufgabe zugleich. Ein Glaube, der immer nur Samenkorn bleibt, kann nicht wachsen, blühen und Frucht bringen. Er braucht den Austausch mit dem, was Menschen in der Bibel geglaubt haben, was sie heute glauben. Er ist immer ein gegenseitiges Geben und Nehmen wie bei einem See mit frischem, lebendigem Wasser. Er braucht einen Zufluss und einen Abfluss, sonst kippt er. Was ich glaube, soll sich für mich auch in meinem Verhalten nach außen zeigen. Ich muss aber meinen Glauben nicht ständig jedem auf die Nase binden.

Glauben am Kinderbett

Meinen Glauben hat meine Mutter geweckt. Soweit ich mich erinnern kann, hat sie jeden Abend an meinem Kinderbett mit mir gesungen, für mich gebetet und meine gelegentlichen Fragen nach Gott und seinen Engeln zu beantworten versucht. Dabei war sie im landläufigen Sinn keine besonders fromme Frau. An Morgengebete mit ihr erinnere ich mich nicht. Vielleicht war zu dieser Tageszeit der Stress für sie schon zu groß. Doch das Samenkorn ging auf und begann zu keimen. Viel Spektakuläres war aber nicht zu sehen.

Mein Glaube wuchs eher im Verborgenen, kaum wahrnehmbar. In manchen Zeiten schien das Pflänzchen wieder einzugehen. Und ich weiß nicht, ob ich heute noch glauben würde, wäre ich von Berufs wegen nicht immer wieder dazu angeregt worden. Diese Erfahrung hat mich verständnisvoller gegenüber denen gemacht, die nicht (mehr) glauben oder nur an den Rändern des Lebens. Ich kann jedenfalls niemand einen Vorwurf machen, der nicht glaubt noch ihn gar verurteilen. Ich respektiere auch den Glauben derer, die einer anderen Konfession angehören oder einer anderen Religion. Meine Toleranz stößt allerdings an ihre Grenzen, wo der Glaube doktrinär und fanatisch wird und in Rechthaberei ausartet. Hoffentlich erlebt mich niemand so.

Glauben heißt vertrauen

Als evangelischer Christ habe ich nach und nach gelernt, dass an Gott glauben, bedeutet, ihm zu vertrauen, wie er mir in Jesus begegnet. Glauben heißt für mich nicht, etwas für wahr halten oder etwas glauben zu müssen, was mir im wahrsten Sinn des Wortes nicht ein-leuchtet. Ich „sehe“ den Glauben in den Menschen der Bibel leuchten, manchmal hell strahlend, manchmal eher trübe, wenn sein Licht die dicken Butzenscheiben von Gesetz und Moral durchdringen muss oder zeitbedingte Missverständnisse und Vorurteile. Und vielleicht geht es anderen mit meinem Glauben ähnlich.

Der Glaube ist keine Rechenaufgabe

Im Glauben geht es nicht um richtig oder falsch. Er ist keine Rechenaufgabe, die Gott mit dem Rotstift seiner Strenge korrigieren würde. Mich jedenfalls tröstet und ermutigt mein Glaube. Er hilft mir, mich immer wieder zurechtzufinden, wenn ich auf dem Holzweg bin und zuversichtlich zu bleiben, auch wenn wenig dafürspricht. Er ist kein ‚Pfeifen im Walde‘, womit ich mir selbst Mut machen könnte. Kein Zwang, aber auch keine Peinlichkeit. Für mich ist Glaube, dass ich Gott vertrauensvoll meine Hand hinhalte, damit er sie ergreife und mit mir gehe im Licht seines Segens und durch die Finsternis meiner Befürchtungen und Leiden. Für mich ist Glaube, dass ich einen Begleiter habe, der mir zur Seite steht und den Rücken stärkt, der mir aufhilft, wenn ich gefallen bin und mich trägt, wenn ich keine Kraft mehr habe, selbst zu gehen.

Glaube und Dankbarkeit

Der Glaube lässt mich dankbar sein trotz mancher Last. Er bewirkt, dass ich mich immer wieder freuen kann an Gott, an seiner Welt, an dem, was Menschen trotz ihres Versagens doch für wunderbare Sachen zuwege bringen: An der Wissenschaft von der Natur und an der Medizin. An Technik und Philosophie, Architektur und bildender Kunst. An Theater und Filmen. An Gedichten und Romanen, besonders an der Musik. Vor allem aber an der Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit vieler Mitmenschen. Für mich ist „Glaube der Vogel, der bereits singt, obwohl es noch dunkel ist“*. Das Schönste am Glauben aber sind seine Geschwister: der Frieden und die Liebe in Gottes Angesicht, das er mir in Jesus zeigt.

Und, ist jetzt alles gut? Von Gottes Seite ja. Von meiner Seite nicht alles. Immer wieder mal falle ich zurück in Kleinglauben und bin enttäuscht; frage mich, warum spüre ich jetzt Gottes Nähe nicht, da ich ihn doch brauche? Und während meine Seele noch nach ihm dürstet wie der Hirsch nach frischem Wasser (Psalm 42,2), wird es mir unversehens wieder leichter. Werde ich ruhiger und geduldiger. Dann kann ich mich Gott wieder öffnen und sagen:

Gebet: Ach Herr, warum nur werde ich im Glauben immer wieder einmal schwankend und spüre nicht mehr, dass du da bist? Ich habe es doch schon ooft erfahren, dass du mich nicht im Stich lässt und still an meiner Seite bleibst, auch wenn ich mit Kopf und Herz ganz woanders bin. Auf dich setze ich all mein Vertrauen und meine Hoffnung. Du wirst mich nicht enttäuschen. Amen 

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

* Rabindranath Tagore (1861-1941), bengalischer Dichter. 

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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit W Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.« J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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6 Kommentare:

  1. Ihre Auslegung erreicht wieder einmal ganz stark meine Seele , mein Herz . Herzlichen Dank und ein gesegnetes Wochenende für Sie und Ihre Familie lieber Herr Löhr und für alle Leser und Leserinnen

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  2. Guten Morgen Herr Löhr, ich lese Ihre Auslegungen jetzt seit mehr als 2 Jahren aber noch nie hat es jemand so auf den Punkt gebracht wie Sie heute mit diesen Sätzen um was es geht, es hat mich sehr berührt ...was ich glaube, soll sich in meinem Verhalten zeigen ist die Kernaussage, würden wir das verinnerlichen dann gäbe es deutlich weniger Leid in der Welt und mehr Miteinander. Aber da ist immer wieder das Zurückfallen in die Zweifel und den Kleinglauben, das es verhindert. Eine zu Herzen gehende Auslegung...Dank dafür
    Martina

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  3. Gott der Herr hat Sie gesegnet und Sie sind ein Segen
    Amen

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  4. Lieber Herr Löhr, auch ich bedanke mich für diese zutiefst berührenden Worte zum Glauben an unseren Gott und seinen Sohn Jesus Christus! Ich empfinde den Glaubensweg ebenso wie Sie und Sie haben zu Herzen gehende Worte gefunden, ihn zu beschreiben. Ihre Worte geben weiterhin Kraft für das Vertrauen , die Hoffnung und die Liebe zu unserem Vater im Himmel. Gott segne und behüte Sie und Ihre Familie !

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  5. Vielen herzlichen Dank für die Auslegung heute, beim Lesen sind mir Erinnerungen aus der Vergangenheit gekommen die ich gerne teilen möchte. Im laufe meines Lebens hat sich bei mir eine Sucht (Alkohol) entwickelt die immer stärker wurde und mein Glaube an einen Gott immer kleiner.
    Als ich endlich vor dieser Sucht kapituliert habe und in eine Selbsthilfegruppe gegangen bin habe ich ganz, ganz langsam wieder zu einem Glauben zurück gefunden.
    Zuerst war es ein Glaube an die anderen Alkoholiker in der Gruppe, welche ein gutes Leben ohne Alkohol führten.
    Im Laufe meiner Genesung (Alkoholismus kann niemals geheilt, sondern nur zum Stillstand gebracht werden) habe ich zu meinem Glauben zurück gefunden. Es gibt für mich zwei Arten des Glaubens, ich nenne es den Aspirin Glaube ( ..Ich nehme eine Tablette und glaube an dessen Wirksamkeit) und den Yeti Glauben (… irgendwelche aktiven Menschen kraxeln in großer Höhe im Gebirge ohne Sauerstoff herum und Glauben den Yeti gesehen zu haben, aber ohne Beweis🤔). Dieser Yeti Glaube hilft mir aber nicht weiter.
    Ich habe den Glauben an Gott nie gesehen, geschmeckt, berührt, gerochen oder als Spritze bekommen, aber der Glaube hat meine Zwanghaftigkeit gebrochen.
    Von dem Moment an, an dem ich das 1. Mal eine Selbsthilfegruppe (AA) besuchte, gab mir AA den Glauben, das dieses Programm mir helfen würde. Ich glaubte - entgegen aller Wahrscheinlichkeit- das es funktionieren würde, und so geschah es auch.
    Mein Glaube an Gott und an das 12 Schritte Programm ist stärker als je zuvor. Er verließ mich nie und er wird niemanden verlassen, der die Zweifel beiseite schieben kann. Vielen Dank fürs Lesen. Anonym
    Sir William Osler:
    Nichts im Leben ist wunderbarer als der Glaube- die einzig bewegende Kraft, die weder mit einer Waage oder Reagenzglas gemessen werden kann.

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    1. Ein wunderbares Zeugnis, Gott lässt niemanden fallen, aber sich für ihn entscheiden und ihn in schwierigen Zeiten um konkrete Hilfe bitten, das müssen wir selber tun, Elisabeth

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