Losung: Zuflucht ist bei dem Gott, der von alters her ist, und unter seinen ewigen Armen. Er hat vor dir her deinen Feind vertrieben und geboten: ‚Vernichte ihn!‘. 5. Mose 33,27
Lehrtext: Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Johannes 14,1-2
Liebe Leserin, lieber Leser,
mein Herz
ist schon erschrocken (Lehrtext), als ich den Vernichtungsbefehl gelesen habe, die
Fortsetzung des zunächst harmlos klingenden Losungswortes. Das erinnert mich an
den gegenwärtigen, maßlosen Rachefeldzug der israelischen Regierung gegen die palästinensischen
Menschen im Gazastreifen. Ausgelöst wurde er durch das Massaker von Hamas-Terroristen
am 7. Oktober 2023 an wehrlosen und ahnungslosen israelischen Zivilisten und durch
die Geiselnahme.
Keine Pauschalurteile!
Wohlgemerkt,
ich unterscheide bewusst zwischen der israelischen Regierung und dem großen Teil
der israelischen Gesellschaft, genauso wie ich zwischen der Hamas und einem
großen Teil der Palästinenser unterscheide. Es gibt nicht die Israelis und nicht die
Palästinenser, nicht die Juden und
nicht die Muslime genauso wenig wie
es die Deutschen oder die Russen gibt.
Bedenke
bitte: Überall auf der Welt gibt es nur Menschen mit unterschiedlichen
Einstellungen und Prägungen, Weltanschauungen und Religionen. Und auch das gibt
es überall: Kinder, Frauen, Männer, alte und kranke Menschen, die unter den Machtfantasien
und Gewaltorgien der politischen und militärischen Anführer und
Anführerinnen leiden und sterben. Das aber gibt es nicht, dass auf der einen
Seite nur die Guten und auf der anderen Seite nur die Bösen wären, genauso wenig
wie du oder ich nur gut oder nur böse sind.
Religiöse Fanatiker auf allen Seiten
Auf beiden
Seiten, bei den Israelis wie bei den Palästinensern, haben fanatische,
religiöse Gruppen großen Einfluss auf die Regierung beziehungsweise den
Machtapparat. So war das lange Zeit auch bei uns Christen. Beide Gruppen können
sich auf religiöse Texte und Traditionen berufen, die ihnen rechtzugeben
scheinen. Religiöse Israelis berufen sich unter anderem auf die Fünf
Bücher Mose (Tora), die bei uns im Alten Testament stehen. Aus dem fünften
dieser Bücher kommt auch die heutige Losung mit dem anhängenden
Vernichtungsbefehl (Bann*). Für Juden heute ist dieses Gebot genauso abstoßend wie es hoffentlich für Christen ist. Aber immer gab und gibt es
fundamentalistische Fanatiker auf allen Seiten, die sich auf solche Stellen in den heiligen
Schriften stürzen und damit ihren Blutrausch begründen. Schließlich sei das doch Gottes Wille**.
Gott ist kein Moloch
So sehr ich
die heutige Losung begrüße, weil sie für sich genommen ein starker Zuspruch für
meinen Glauben ist, so sehr lehne ich diesen Bibelvers im Ganzen ab. Darin erscheint der barmherzige Gott, wie er mir in Jesus begegnet, unversehens als ein menschenfressender Moloch. Man mag diesen Vers religionsgeschichtlich einordnen können. In meinem
Glauben hat er nichts zu suchen. Wie gesagt, die Fortsetzung der heutigen
Losung hat mich in erschreckender Weise an den gegenwärtigen Rachefeldzug der
israelischen Regierung im Gaza-Streifen erinnert. Ob sie sich wohl von solchen Bibelversen leiten lässt? Hoffentlich nicht.
Trost und Geborgenheit
Doch nun sagt Jesus im Lehrtext: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Ja, sein Gott ist auch mein Gott. Genauer, er zeigt sich in Jesus wie er wirklich ist und nicht so, wie sich ihn Menschen mal so und mal so vorstellen. Mit ihm vor Augen lese ich die Bibel, auch das Alte Testament. So habe ich für meinen Glauben einen „Maßstab“ und weiß, wo der Gott Jesu auch schon im Alten Testament aufscheint und wo nicht. Ihm allein vertraue ich in dieser oft so erschreckenden Welt. Zu ihm gehe ich, wenn mich nach Trost und Geborgenheit verlangt. Er hat in seinem Haus (Losung) auch für dich und für mich Platz. In seinem Sinn versuche ich zu glauben, zu reden und zu leben unabhängig vom Beifall oder der Kritik anderer.
Gebet: Herr Jesus Christus, in dir begegnet mir mein himmlischer Vater auf Erden, wo Menschen miteinander reden statt aufeinander zu schießen. Wo sie den Frieden lieben und den Krieg hassen. Wo sie sich als Brüder und Schwestern erkennen und vertragen. Du bist meine Zuflucht, wenn ich an der gegenwärtigen Weltlage verzweifle und mich die wachsende Gewaltbereitschaft in meinem Land erschreckt. Dich bitte ich um deinen Frieden in mir und bei denen, die dem Krieg das Wort reden. Herr, erbarme dich der Opfer von Krieg und Gewalt auf beiden Seiten. Amen
Herzliche Grüße
Ihr / dein Hans Löhr
* Das im 5. Buch Mose verankerte
Banngebot verlangte, alle überlebenden Personen einer eroberten Stadt Kanaans zu
töten („als Vernichtungsweihe“). Es sollte die Einzigartigkeit der
Israeliten bewahren und somit ethnische Vermischung und Übernahme fremder
Kultbräuche verhindern (siehe Wikipedia)
** https://de.wikipedia.org/wiki/Deus_lo_vult
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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch
Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit
W Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.«
J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728
erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten
Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext,
ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen
erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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Ein schwieriger Text aus dem AT . Lieber Herr Löhr, vielen Dank für Ihre Auslegung und für das Gebet .
AntwortenLöschenVielen Dank für die Auslegung und die guten Gedanken dazu! Wo fanatischer Glaube herrscht, kann es keinen Frieden geben.
LöschenFreilich, jeder Krieg ist schrecklich und wäre idR vermeidbar gewesen, allerdings: Israel hat keine Wahl als dieses Mal die Hamas restlos zu zerstören und da die Hamas sich bewusst unter die Zivilbevölkerung mischt, hat es sehr schlimme Folgen. Und: "Überall auf der Welt gibt es nur Menschen mit unterschiedlichen Einstellungen und Prägungen, Weltanschauungen und Religionen": In der Regel ja und ist auch kein Problem, allerdings: der Islam hat sich Christenverfolgung und -vernichtung ebenso wie die Auslöschung der Juden auf seine 'Fahnen geschrieben'; insofern ein höchst gravierender Unterschied.
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