Donnerstag, 28. März 2013

...auch wenn du fliehst - Ein Psalm hl

Psalm zum Gründonnerstag 2013 über Markus 14,10-52 von Hans Löhr

Du, Mensch, wer bist Du?
Vor allen Geschöpfen auf Erden ein Kind des Höchsten, 
vor dem Ewigen aber ein winziger Funke: 
kaum aufgeglommen, schon erloschen.
„Adam“ ist dein Name, „der aus der Erde Gemachte”, 
und „Abel“, der „Lufthauch”.
Hinfällig bist Du und vergänglich. Und doch herrscht Du auf Erden über alle Geschöpfe.
Du bist mit Deinen Maschinen schneller als die Gazelle, 
schwimmst mit Deinen Schiffen weiter als ein Delphin, 
fliegst mit Deinen Fliegern höher als ein Adler.
Du schaffst herrliche Werke: 
Symphonien und Gedichte, 
Bilder und Bauwerke, 
Opern und Dramen, 
Hochöfen und Computer - 
und Du zerstörst sie wieder mit Deinen Granaten und Bomben.
Du entzündest die Liebe und schürst den Hass. 
Du liebst die Wahrheit und bedienst Dich der Lüge. 
Du hältst die Treue und brichst das Vertrauen. 
Du bist voll Güte und gnadenlos, 
zärtlich und hart, 
warm und eiskalt. 
„Hosianna“ rufst Du heute und „kreuzige!“ morgen.
Du kennst dich selbst nicht. 
So wirst Du dir selbst zur Gefahr. 
Unberechenbar bist Du, ein lebender Widerspruch. 
Bist Frevler und Gerechter, 
Heiliger und Sünder, 
Täter und Opfer,
Mensch, Du bist Mensch: 
Erde zur Erde, Asche zur Asche, Staub zum Staube! 
Mensch, Du bist Mensch: 
geliebt, gesegnet, gerettet.

Gott, was hast Du dir dabei gedacht, als Du den Menschen schufst? Musstest Du selbst Mensch werden, damit der Mensch menschlich werde?
Doch wie hat man dir, dem menschlichsten der Menschen, die Menschlichkeit vergolten!
Beim Vieh bist Du geboren,
im Trog hast Du gelegen,
am Kreuz hast Du gehangen!
So hat man dir Gutes mit Bösem vergolten.
Gott, Du hättest wissen können, was dich bei uns erwartet, und hast es gewusst. 
Was hat dich bewogen, dass Du dich uns ausgeliefert hast?
Allmächtiger Gott, der Mensch ist deine große Schwäche! 
Du hast ihn geliebt, dein Geschöpf, und kannst nicht aufhören ihn zu lieben. 
„Die Liebe ist langmütig und freundlich,“ heißt es, „... 
sie erträgt alles, 
sie glaubt alles, 
sie hofft alles, 
sie duldet alles.“ 
Gott, Du bist diese Liebe. 
So hast Du die Welt geliebt, dass Du deinen einzigen Sohn gabst. 
So hast Du das Liebste gegeben.

Jesus, Sohn Gottes, als es darauf angekommen wäre, 
hat der Judas in mir dich verraten, 
haben die drei Jünger in mir geschlafen, 
hat Petrus in mir dich verleugnet. 
Als es darauf angekommen wäre, hieß es vom Menschen: 
„Da verließen sie ihn alle.“ 
Alle haben wir dich verlassen, 
alle deine Schwestern und Brüder, 
alle deine Freunde und Jünger. 
Alle. 
Als es darauf angekommen ist, da hast Du gesagt 
zu dem Judas in mir 
und zu den schlafenden Jüngern in mir 
und zu Petrus in mir - 
als es darauf angekommen ist, da hast Du zum Menschen gesagt:
„Nimm und iss, 
das ist mein Leib, 
mit meinem Leben trete ich für dich ein ... 
Nimm und trink, 
das ist mein Blut des Bundes. 
Ich sterbe, damit Du lebst. 
Ich halte zu Dir, auch wenn Du mich verrätst. 
Ich wache bei Dir, auch wenn Du schläfst. 
Ich bekenne mich zu Dir, auch wenn Du mich verleugnest. 
Ich weiche nicht von Deiner Seite, auch wenn Du fliehst. 
Auf mich kannst Du Dich verlassen, auch wenn Du mich verlässt.
Du, Mensch, wer Du auch bist, ich bin für Dich!“

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