Predigttext: Epheser 4, 1-6
Übersetzung: ‚Willkommen daheim‘
Predigt am 12. Oktober 2014 von Hans Löhr
Predigt am 12. Oktober 2014 von Hans Löhr
Liebe Gemeinde,
das Thema der heutigen Predigt heißt: Was bestimmt mein Verhalten?
Wir sind dazu berufen, so zu leben wie auch Jesus gelebt
hat, schreibt der Apostel Paulus. Und damit meint er nicht nur die Christen,
sondern uns heute. Aber was könnte das denn sein, wie Jesus zu leben?
Jeder von uns kann sich unterschiedlich verhalten. Auf der Arbeit verhältst Du Dich anders als
daheim. In der Öffentlichkeit sind viele kontrollierter, beherrschter,
freundlicher und höflicher als hinter der eigenen Haustür. Das ist schon bei
Konfirmanden so.
Nina zum Beispiel fühlte sich im Unterricht vom
Deutschlehrer ungerecht behandelt. Kevin, der hinter ihr sitzt, hat sie dauernd
geärgert und so lange gereizt, bis sie sich umdrehte und wütend seine Bücher
und Hefte vom Tisch fegte. Das hatte der Deutschlehrer gesehen und gab ihr
einen Verweis. Für den Rest der Stunde sagte sie nichts mehr. Auch im Schulbus
nach Hause kein Wort. Sie musste mit den Tränen kämpfen, wollte sie aber
niemandem zeigen. Sie hätte am liebsten ihre Wut hinausgebrüllt, aber sie
wollte sich nicht lächerlich machen. Doch als sie endlich daheim war und die Haustür
hinter ihr ins Schloss gefallen ist, gab‘s kein Halten mehr. Sie schrie ihre
Wut hinaus und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Es dauerte einige Zeit, bis
sie sich wieder beruhigt hatte und dann doch zum Mittagessen aus ihrem Zimmer
kam.
Ja, in der Öffentlichkeit wollte Nina ihre Gefühle nicht so
zeigen. Da hatte sie Angst, zum Gespött anderer zu werden. Diese Angst war
stärker als ihre Wut.
Und, so frage ich, geht es nur Nina so? Kämpfen nicht auch
Erwachsene mit ihrer Wut und manchmal mit Tränen, wenn sie in der Firma
gedemütigt worden sind oder wenn sie mitbekommen, dass andere schlecht über sie
reden? Oder wie ist es, wenn Du einfach nur schlecht drauf bist und Dich am
liebsten im Bett verkriechen würdest. Aber Du musst auf die Arbeit, musst hinter
dem Bankschalter stehen oder an der Supermarktkasse sitzen und freundlich sein.
Und selbst wenn ein Kunde Dir gegenüber unhöflich ist, erwartet Dein Chef, dass
Du Dich zusammennimmst und höflich bleibst.
Hört auf diesem Hintergrund das Bibelwort für den heutigen
Sonntag. Es steht im Brief des Apostels Paulus an die Christen in Ephesus und
heißt:
»Ich kann Euch nur
ermutigen, ein Leben zu führen, das Eurer Berufung entspricht. Ihr seid
berufen, so zu leben, wie auch Jesus gelebt hat. Folglich wird Euer Leben
geprägt sein von seiner Demut, seinem liebevollen Umgang mit Menschen und
seiner unerschöpflichen Geduld. Durch ihn habt ihr gelernt, liebevoll
miteinander auszukommen.«
Anders gesagt ich soll nicht nur in der Öffentlichkeit,
nicht nur in der Schule oder am Arbeitsplatz, sondern auch daheim freundlich
sein, liebevoll, geduldig und rücksichtsvoll. Die Bibel sagt: Der Maßstab für
Dein Verhalten soll nicht die Frage sein „Was denken die Leute? Was will der
Chef?“ Der Maßstab soll Jesus selbst sein, das was er gesagt, getan und wie er sich
verhalten hat.
Ich bin zum Beispiel verletzt, ich bin wütend, ich hätte
große Lust meine Wut raus und meine Frustration an andern auszulassen. Doch
halt! Das ist nicht mein Weg. Nicht meine Gefühle und Gedanken sollen mich
beherrschen, sondern Jesus. Er verbietet mir nicht meine Gefühle und Gedanken.
Er verbietet mir auch nicht meine Wut. Aber er fragt mich: „Überlege erst
einmal, was ist jetzt gut für Dich? Wem hilft Dein Ärger, wem hilft Deine Wut
und wem schadet sie?“ Da liegt dann die Antwort auf der Hand. Mit meinen
unkontrollierten Gefühlen schade ich mir selbst am meisten. Damit beschädige
ich meine Selbstachtung und auch die Achtung, die andere vor mir haben sollen.
Damit beschädige ich auch meine Beziehung zu ihnen. Ist es das wert? Ist der
Anlass für meine Wut, für meinen Ärger, für meine Enttäuschung das alles
wirklich wert? In den allermeisten Fällen nicht. Und wenn man dann mit ein
bisschen Abstand darauf zurückblickt, worüber man sich schon alles aufgeregt hat,
dann sagt man sich: Na so hättest Du
damals auch nicht aus der Haut fahren müssen.
„So zu leben, wie
auch Jesus gelebt hat“ Das ist die Folge davon, dass ich Christ bin. Was anders
heißt denn „Christ sein“ als so leben zu wollen, wie er?
Das geht nicht von selbst. Gerade als Christ muss ich mich
im Griff haben und mir Mühe geben, mit anderen gut auszukommen. Aber nicht,
weil sie es von mir erwarten oder weil ich vielleicht Angst vor Gott oder dem
Gerede der Menschen habe. Nein, sondern weil ich es selber so will. Christ bist
Du nicht gezwungenermaßen, sondern freiwillig. Entweder willst Du es selbst, so
wie Jesus zu leben, so wie er auf Gott zu vertrauen oder Du lässt es sein.
Doch wie will ich denn sonst leben, wenn ich nicht wie er
leben will? Nach welchen Maßstäben richte ich mich denn dann? Will ich mich nur
noch danach richten, wie andere leben, wie sie sich verhalten, was sie von mir
erwarten? Dann werden die Leute und ihre Meinung, ihre Mode und ihr Gerede zu
meinem Gott. Aber die, liebe
Gemeinde, sind alles andere als barmherzig. Das weiß doch jeder von uns, wie
gnadenlos Arbeitskollegen, Nachbarn, Mitschüler ja selbst Verwandte sein
können.
Was bestimmt mein Verhalten? – So heißt das Thema dieser
Predigt. Als Christ wünsche ich mir, dass es nicht die Gebote sind, nicht die
Angst vor Strafe oder einem bösen Gerede. Als Christ wünsche ich mir, dass mein
Verhältnis zu Jesus mein Verhalten bestimmt.
Wenn es nur um das richtige Verhalten ginge, um die richtige
Moral, bräuchte ich nicht Christ zu sein. Darum geht es bei den Juden und bei
den Muslimen auch. Aber im Glauben an ihn geht es zu aller erst um ein
Verhältnis, um ein persönliches Verhältnis zu Gott und zu Jesus. Wo das
besteht, verhalte ich mich freiwillig so, wie er es sich wünscht, besser: Wie
es mir gut tut. Das ist wie unter uns Menschen auch, wo zwei sich lieben,
verhalten sie sich auch entsprechend zueinander.
Ich glaube, je wichtiger Jesus in meinem Leben wird, desto
besser komme ich mit mir und meinen Mitmenschen zurecht. Je mehr ich seinen
Frieden in mir spüre, desto weniger leicht lasse ich mich aus der Bahn werfen.
Und wenn ich doch scheitere, wenn meine Gefühle mich doch
wieder einmal übermannen und Ärger und Wut mir den Kopf vernebeln, wenn ich
andere mit Worten verletze, weil ich selbst verletzt bin, dann ist er es, der mir vergibt. Er verlangt von
mir nicht, dass ich perfekt bin, dass ich genauso bin wie er ist. Aber er freut
sich, wenn ich mich darum bemühe. Und das nicht, weil ihm das gefällt, sondern
weil mir das gut tut und denen, die mit mir zusammen sind. Amen
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