Predigt im Lichtblick am 18.01.2015 von Pfarrerin Elfriede
Bezold-Löhr
Einleitung
„Egal wie jung deine Freunde sind, Jesu Freunde waren jünger.“
Wer weiß? Aber Jünger waren sie auf jeden Fall. Im Neuen Testament sind sie von
Anfang an dabei.
Wer wird Jünger?
Jesus steht ganz am Anfang seiner Zeit als Wanderprediger
und das erste, was er tut – er sucht sich Jünger. (Für die Statistik: 269 mal
kommt das Wort im NT vor J)
Zuerst holt er Simon und Andreas, zwei Brüder, in seine Mannschaft. Die beiden
bringen Tugenden mit, die sie als Jünger gut brauchen können: Sie haben richtig
viel Geduld, wenn es darauf ankommt. Das ist die eine Tugend. Sie können im
entscheidenden Moment richtig Gas geben und zupacken. Das ist die zweite
Tugend, die ihnen in ihrer neuen Aufgabe hilft. Beide sind nämlich Fischer von
Beruf.
Außerdem beruft Jesus noch Levi (hebr.), bis dahin als
Zöllner nicht unbedingt in einem renommierten Berufsfeld tätig, aber erfahren
im Umgang mit Randgruppen in der damaligen Gesellschaft. Später wird dieser
Levi unter dem Namen Matthäus weltbekannt – ihm wird das Matthäus-Evangelium
zugeschrieben. Des Weiteren beruft Jesus Jakobus, auch er ein Fischer, und
seinen Bruder Johannes. Er beruft Philippus, Bartholomäus, Thomas, Jakobus 2
(Sohn von Alphäus, der von den anderen oft ‚der Kleine‘ genannt wurde, um ihn
vom anderen Jakobus in der Jüngergruppe unterscheiden zu können ), Thaddäus (der
manchmal auch mit Namen Judas genannt ist), Simon ‚der Eiferer‘, der vermutlich
zur radikalen Partei der Zeloten gehörte und Judas aus Karioth. Judas war der
Finanzminister der Gruppe um Jesus und verwaltete die gemeinsame Kasse. Er war
es, der Jesus gegen 30 Silberlinge, das entsprach damals dem Wert eines Esels,
heute dem von einem günstigen Kleinwagen,
an die Hohenpriester verraten hat.
Alle diese Leute waren schon länger ‚unterwegs‘. Die waren
berufstätig, hatten teilweise Familie, standen mitten im Leben.
Sind Jünger etwas
Besonderes?
Die zwölf also werden Jesu Jünger. Auserwählte? Im Sinn
dessen, dass Jesus sie um sich haben wollte?
Ja. Im Sinn einer besonderen Begabung oder Qualifikation? Nein.
Zumindest steht davon nichts in der Bibel. Es wird auch nirgends berichtet,
dass diese Männer superfromm gewesen wären.
Jünger damals.
Trotzdem werden sie Jünger. Mathetai. So heißen sie im Neuen
Testament. Jünger sind nichts anderes als Lehrlinge. Schüler, die mit Jesus
unterwegs sind. Und wie in jedem guten Lehrverhältnis gibt es Theorie und
Praxis in dieser Ausbildung für die Herrn.
Sie hören Jesus zu und
lernen zunächst einmal, was ihm wichtig ist im Blick auf den Glauben.
Mal erklärt er es ihnen im kleinen Kreis, mal sind sie dabei Hunderte. Sie
hören ihm zu und zucken sicher auch manchmal zusammen, wenn Jesus sich scharfe
Wortgefechte mit den Spitzentheologen seiner Zeit liefert.
Sie schauen ihm zu. Wenn er Kranke heilt. Wenn er in einer
wunderbaren Aktion Tausende von Menschen satt macht. Wenn er die Elemente zähmt
und einen Sturm stillt. Sie erleben es mit, als Jesus tobt und im Tempel die
Tische von den Taubenhändlern und den Geldwechslern krachend umstürzt.
Sie lernen von ihm: „So also geht das mit dem Glauben an Gott.
Ihn lieben von ganzem Herzen, statt Angst vor ihm zu haben. Den Nächsten mit
den liebevollen (= gnädigen) Augen Gottes anschauen, statt zu kontrollieren, ob
er auch einigermaßen anständig lebt. Sich selber annehmen und mögen als ein
Unikat Gottes, statt sich zu vergleichen mit anderen.“ Aber auch: „Sich nicht
wegducken, wenn Leute klein gemacht werden, die sowieso schon Looser sind. Einschreiten.
Sich für sie stark machen und ihre Rechte einfordern. Frust aushalten, wenn
Leute sagen: „Was für ein Quatsch. Wer beweist mir denn, dass ihr Recht habt?
Und wieso sollte ich an andere denken? Ich, mir, meiner, mich. Darum geht es
heute.“ Enttäuschungen wegstecken, wenn jemand am Anfang Feuer und Flamme ist,
mit ihnen sogar mitzieht in der Reisegruppe, und sich eines Tages absetzt.
„Freunde, das ist doch nicht meines. Ich bin dann mal weg.“
Vorläufiges Fazit: Jünger waren für Jesus von Anfang an
wichtig. Sie waren Leute in mittleren Jahren, alle eigentlich ‚fachfremd‘ ---
und haben mit und bei Jesus jede Menge über den Glauben gelernt. Hat mit mir,
mit uns heute aber direkt nichts mehr zu tun.
Jünger heute.
Falsch. Hat es wohl. Denn worum geht es ganz am Ende vom
Matthäus-Evangelium? Als Jesus sich verabschiedet aus seinem Erdenleben?
Richtig – es geht noch immer um Jünger. Wie äußert er das noch in seinem
letzten Willen gegenüber – den Jüngern, seinen Freunden? Im sogenannten
‚Missionsbefehl‘ sagt Jesus: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf
Erden. Darum gehet hin und macht zu Jüngern alle Völker. Alle ‚Ethnien‘.
Menschen weltweit. Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Und lehret sie halten alles, was ich euch geboten habe. Und
siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“ (Matth. 28, 16 –
20) Das gilt bis heute. Damit sind wir in der Gegenwart angelangt. 2015.
Solange es Menschen auf der Welt gibt, die von Jesus nie etwas gehört haben
oder es vergessen haben, läuft dieser Auftrag an uns.
Gemeinde als
jüngerfreie Zone?
„Kein Problem, liebe Frau Bezold-Löhr! Schauen Sie sich doch
um in unseren Dörfern. Die meisten von uns sind Christen. Katholisch oder
evangelisch, das spielt doch nicht die große Rolle. Na gut, ein paar sind
ausgetreten oder machen das gerade wegen der Bankengeschichte. Aber im Großen
und Ganzen ist doch alles paletti.“
Ist es das, wenn
wir ehrlich hinschauen? Ist uns
bewusst, dass in jeder christlichen Gemeinschaft dieser ‚Missions-Auftrag‘ von
Jesus noch immer läuft? Wie leicht denke ich: „In Afrika, in Asien – ja, da
spielt Mission eine Rolle. Da ist sie wichtig. Aber hier? Hier bei uns in
Europa oder in Deutschland? In Bayern, wo sogar eine Partei regiert, die sich
nach Christus nennt?“
Hören wir den Missionsbefehl
noch einmal, diesmal in unsere Zeit gesprochen:
„Geht raus aus eurer Privatsphäre, ihr Sommersdorfer und
Burgoberbacher und Neuendettelsauer Christen - und wo sonst immer ihr lebt.
Sucht den Kontakt mit den Leuten vom Fußballverein oder am Stammtisch im
Dorfgasthaus. Betrachtet euren Glauben nicht als reine Privatsache. Sondern
redet mit Anderen über die wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Helft ihnen,
dass sie ins Nachdenken kommen. Und dann auch gute Antworten auf ihre Fragen
kriegen. Am besten hören und sehen sie an euch, was Christ-Sein heute
bedeutet.“
Und dann? Wie geht es weiter? Dann könnte es für uns heißen: „Taufen braucht
ihr sie nicht noch einmal, denn die meisten von euch sind als Babys getauft
worden. Ihr dürftet es wohl, zumindest als protestantische Christen. Dafür
müsst ihr keine Pfarrer sein. Aber, wie gesagt: Die meisten von euch sind als
Babys getauft worden. Also ladet sie jetzt ein, zu ‚konfirmieren‘. Nicht
‚konfirmiert zu werden!‘ Selber zu konfirmieren. Das heißt schlicht: Bekräftigen.
Persönlich bekräftigen, dass das, was sie von Jesus Christus und Gott gelernt
haben, für ihr Leben kostbar und wegweisend ist. Das können sie bei euch tun,
am Ende eines guten Gesprächs. Nicht zwingend im Alter von 13 oder 14 Jahren
nach einem Jahr Leidenszeit im Konfiunterricht. Sondern jederzeit. Und immer
wieder neu.
Und dann? Lehret
sie halten alles, was ich euch geboten habe. Sorry, liebe Leute, spätestens
jetzt ist klar: Mit der Konfirmation ist nicht alles vorbei. Es geht weiter.
Lernen von Gott und mit Gott ist eine lebenslange Geschichte. Da lernt keiner
von uns aus. Und deshalb können wir auch beieinander so lange in die
Glaubenslehre gehen, bis unser Herz aufhört, zu schlagen.“
Das ist es, was Jesus
unter von uns will. Kein Christsein in homöopathischen Dosen, sondern das
volle Programm. Selber lernen von ihm, sich bewusst entscheiden für ein Leben
in seinem Sinn, anderen gegenüber offenherzig davon erzählen, wenn sie fragen.
Und in all dem im Kopf behalten, was Jesus am Schluss als Ermutigung sagt: Ich
bin bei euch in all dem alle Tage. Bis an der Welt Ende. Bis an die Enden
dieser Welt und bis ans Ende deines kleinen, kostbaren, persönlichen Lebens.
Jünger werden wir also unterwegs. Und sind ein Leben lang bei Gott in der
Lehre. Amen.
Und hier das Beispiel einer Jüngerin aus Calais: Kurzvideo von Tagesschau online
http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-calais-101.html
Und hier das Beispiel einer Jüngerin aus Calais: Kurzvideo von Tagesschau online
http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-calais-101.html
Danke für diese fordernde Predigt! Und natürlich das Video, das einmal mehr den alten Satz illustriert: Lang ist der Weg durch Lehren, kurz ist der Weg durch Beispiele.
AntwortenLöschenP.S.: Eigentlich ist mir die Bedeutung von confirmare seit Schulzeiten klar, und ich habe damals auch konfirmiert, aber es ist gut, darauf noch einmal ausdrücklich hingewiesen zu werden.