Montag, 7. September 2015

Der Rechtsanwalt hl

Losung: HERR, führe meine Sache und erlöse mich; erquicke mich durch dein Wort. Psalm 119,154

Lehrtext: Paulus schreibt: Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus. 2.Timotheus 1,13

Liebe Leserin, lieber Leser,

wofür Gott in der Bibel nicht alles in Anspruch genommen wird! Im heutigen Losungswort soll er der Rechtsanwalt für einen Menschen sein, der unschuldig angeklagt ist: »In meinem Rechtsstreit vertrete du mich als mein Anwalt, und sorge für meinen Freispruch! Rette mich, wie du es mir versprochen hast!« (Psalm 119,154)  Ist eine solche Bitte nicht wirklichkeitsfremd?
Mein väterlicher Freund und Lehrer, Pfarrer Karl Steinbauer, stand wegen einer Weihnachtspredigt im Jahr 1945 vor dem Kriegsgericht der nationalsozialistischen Justiz. Sinngemäß hatte er gepredigt: „Dass Jesus für mich in der Krippe liegt und am Kreuz hängt, ist mir mehr wert als alle Orden und Ehrenzeichen der Wehrmacht.“ In der Verhandlung hat er sich so gut es irgend ging selbst verteidigt. „Ich habe dem Richter und dem Staatsanwalt“, so sagte er später, „die Weihnachtspredigt einfach noch mal gehalten.“ Zu seiner eigenen Verblüffung und der aller Prozessbeobachter wurde er vom Vorwurf der Wehrkraftzersetzung freigesprochen. Er hätte auch zum Tod verurteilt werden können. Nach dem Prozess kamen Leute auf ihn zu und sagten: „Herr Pfarrer, Sie müssen ja ausgezeichnete Berater gehabt haben, dass Sie da so gut durchgekommen sind.“ Da verwies Karl Steinbauer auf eben den Psalm 119, aus dem unser heutiges Losungswort ist, allerdings auf Vers 24, wo es heißt: »Ich habe Freude an deinen Mahnungen; sie sind meine Ratgeber.« „Das“, so sagte er viel später zu mir, „haben die damals nicht verstanden. Aber es war wirklich so. Ich habe mich in der Zelle mit meiner Bibel auf den Prozess vorbereitet. Und dann bin ich gefasst und zuversichtlich in den Gerichtssaal gegangen.“
Letztlich hatte er nichts anderes getan, als was auch der heutige Lehrtext sagt, den ich hier in einer neuen Übersetzung wiedergebe: »Halte dich genau an die Worte, wie du sie von mir gehört hast. Halte dich an den Glauben und die Liebe, die wir in Jesus Christus haben.« Manchmal, liebe Leserin, lieber Leser, sind diese Worte das Einzige, was noch Halt gibt. Manchmal? Oder vielleicht immer? Probieren wir es aus!

Gebet (Evangelisches Gesangbuch Nummer 473 Verse 2 +3, Text: Johannes Eccard, 1598):
Dein Lieb und Treu vor allem geht,
kein Ding auf Erd so fest besteht;
solchs muss man frei bekennen.
Drum soll nicht Tod,
nicht Angst, nicht Not
von Deiner Lieb mich trennen.
Dein Wort ist wahr und trüget nicht
und hält gewiss, was es verspricht,
im Tod und auch im Leben.
Du bist nun mein
und ich bin Dein,
Dir hab ich mich ergeben. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

p.s.: Siehe zu Karl Steinbauer auch die Losungsauslegung vom 17. Mai 2014.

p.s.: Bitte bewerten Sie weiter unten mit einem Klick, ob die jeweilige Losungsauslegung für Sie glaubensstärkend, lesenswert oder nichtssagend ist. Danke.

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