Losung: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Jesaja 55,8
Lehrtext: Die göttliche Torheit ist weiser,
als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die
Menschen sind. 1.Korinther 1,25
Liebe Leserin, lieber Leser,
auf meine Auslegung gestern habe ich in den
Kommentaren deutliche Kritik erhalten. Und ich verstehe meine Kritiker gut.
Denn was und wie sie es sagen entspricht dem sogenannten gesunden
Menschenverstand. Das gilt unter uns Menschen als vernünftig und
verantwortungsbewusst: ‚Wir dürfen keinen romantischen Träumen von einer paradiesischen
Welt nachhängen, sondern müssen uns den harten Realitäten im Hier und Jetzt
stellen. Danach müssen wir unser Verhalten und unsere Politik ausrichten.‘
So denkt wohl die übergroße Mehrheit in unserem Land
und vermutlich in allen Ländern auf der Erde. Und trotzdem bleibe ich bei
meinen Aussagen. Hoffentlich nicht aus Trotz, sondern wegen meines Gottvertrauens.
Ja, auch im Glauben kann ich mich täuschen. Das ist das Risiko, das ich
eingehe, wenn ich mich dazu öffentlich äußere.
Die
eigenen Interessen und der Glaube
Und nun meine Antwort heute in Verbindung mit Losung
und Lehrtext. Alles was wir Menschen denken, sagen, tun und glauben ist von unseren
Interessen bestimmt. Wohl die meisten möchten sich vor dem schützen, was ihnen
unbekannt und gefährlich erscheint. Sie möchten das, was sie sich erarbeitet
haben und ihnen gehört, nicht so mir nichts dir nichts mit Fremden teilen. Sie
möchten möglichst unbehelligt unter ihresgleichen bleiben und sich nicht ständig
herausfordern lassen durch die kulturellen und religiösen Prägungen von
Zugewanderten und Geflüchteten. Wie gesagt, ich kann das gut verstehen, weil
ich auch in mir ähnliche Bedürfnisse entdecke.
Jetzt aber kommt, was du wohl auch erwartest, mein Aber.
Meine Religion, besser mein Glaube kann nicht eine Bestätigung dessen sein, was
ich ohnehin so denke, so will und befürchte. Gerade mein Glaube an Gott, wie er
sich mir in Jesus zeigt, fordert mich heraus und bürstet meine Erwartungen und
Wünsche gegen den Strich.
Um so zu sein wie die meisten sein wollen, hätten
wir kein Weihnachten gebraucht, keinen Karfreitag und auch kein Ostern. Da
hätten wir Juden oder Muslime werden oder Anhänger der germanischen Götterwelt
bleiben können. Oder wir könnten so sein, wie es die wachsende Mehrheit der
Deutschen in unserem Land ist: ohne Interesse am Glauben, ohne Interesse an
Gott, ohne Interesse an Jesus, mit einem Wort: Atheisten*. Oder wenn schon
christlich, dann wenigstens so, dass wir bleiben können, wie wir ohnehin schon
sind.
Vorsicht,
Anmaßung
Nun aber kommen uns die heutige Losung und der
Lehrtext in die Quere. Da wird uns zuerst der ungeheure Abstand zwischen Gott,
dem Schöpfer von Himmel und Erde und uns allerwinzigsten Menschlein bewusst. Was
für eine Anmaßung, wenn ich meine, dass er so denken müsse wie ich. Dass er die
Wege gehen müsse, die ich gehen will. Dass er seine eigene Schöpfung so
versteht, wie ich meine sie zu verstehen. Wenn‘s nicht so traurig wäre, müsste
man lachen.
Ich lese in der Bibel vom Glauben der Menschen von
vor 2000 bis 3000 Jahren. Sie haben nach bestem Wissen und Gewissen ihre
Lebens- und Glaubenserfahrungen so gedeutet, wie sie es damals für richtig
hielten. Das muss ich zunächst einmal anerkennen. Doch ich kann das nicht eins
zu eins für mich heute im Jahr 2023 übernehmen. Ich muss das an meinen Lebens-
und Glaubenserfahrungen überprüfen. Vor allem aber muss ich in der Bibel nach
dem roten Faden des Evangeliums, der guten Nachricht von Gott suchen. Und da
werde ich hauptsächlich im Neuen Testament fündig, in den Evangelien, die von
Jesus erzählen und in den Briefen der Apostel, die vom Glauben erzählen. Danach
versuche ich mich auszurichten.
Keine
Grantie
Aber selbst dann kann ich keine Garantie dafür
übernehmen, dass das, was ich gefunden habe, das allein Richtige sei. Auch ich
habe damit zu tun, mich immer wieder von meinen Urteilen und Vorurteilen, von
meinen Interessen und Wünschen zu befreien. Und darum will ich nicht, dass du,
der du das liest, genauso glaubst wie ich, sondern die Losungsauslegungen
kritisch liest und dich fragst, „was davon hilft mir im Glauben auf dem
Hintergrund meiner Lebenserfahrungen und wovon bin ich nicht überzeugt?“ Aber
auch da gilt, dass gerade die ungewohnten und herausfordernden Gedanken umso
wichtiger für dich sind. Sie sollen dich zum Nachdenken bringen und fragen lassen,
„will ich sie mir zu eigen machen? Bin ich bereit, neue Wege im Glauben zu
gehen? Und will ich mich dabei auch meines eigenen Verstandes bedienen und nicht
nur nachsagen, was andere vorsagen?“
Ich werde heute vor dem Einschlafen etwa so beten:
Gebet: Herr, ich mache mir Sorgen, wie es mit mir
weitergeht. Ich mache mir Sorgen wie es mit dieser Welt weitergeht und damit
auch mit allen, die mir nahestehen. Wohin führen uns unsere Wege? Welche
sollten wir gehen und welche nicht? Immer wieder muss ich mich in meinem Leben
entscheiden, muss weitergehen und kann nicht einfach stehenbleiben. Darum bitte
ich dich:
Herr, zeig mir deine Wege, dass ich sie im Vertrauen auf dich gehen kann, auch
wenn sie beschwerlich sind, auch wenn sie durch Leid und Angst führen. Denn ich
vertraue darauf, dass du den Weg weißt, dass du mich führst, wenn ich ihn nicht
sehe, dass du mich trägst, wenn ich keine Kraft mehr habe, ihn zu gehen. In
diesem Sinn vertraue ich dir alle meine Lieben an, alle Menschen die du
geschaffen hast, deine ganze Welt. Wir retten sie nicht mit unserem Verstand
und unseren Gedanken, mit unserer Weisheit und Kraft. Aber du hast die Macht
dazu und wirst tun, was für deine ganze Schöpfung am besten ist. Dafür will ich
dich heute preisen und dir danken. Amen
Herzliche Grüße!
Ihr / dein Hans Löhr
*genauer: Agnostiker (bitte googeln)
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1728 erschien
in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das
für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes
Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die
täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
Lieber Herr Löhr, ich bin froh, über Ihre täglichen Auslegungen und sage danke dafür!!!
AntwortenLöschen"Seid um nichts besorgt (bedeutet aber nicht oberflächlich oder verantwortungslos sein), sondern bringt mit Gebet, Flehen und Danksagung eure Anliegen vor Gott und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus.
AntwortenLöschen(Philipper 4,4f)
🙏
LöschenDanke Herr Löhr für die täglichen Auslegungen,die so ehrlich und authentisch sind. Sie sind unter anderem der Grund, dass ich mich nicht vom christlichen Glauben abgewendet habe und ihn immer noch in meinem Herzen bewahre.
AntwortenLöschenIch wünsche Ihnen viel Gesundheit und Kraft, damit wir noch lange Ihre Auslegungen lesen können. 🙏