Freitag, 10. November 2023

Kritik und Demut hl

Losung: Weh denen, die weise sind in ihren eigenen Augen und halten sich selbst für klug! Jesaja 5,21

 

Lehrtext: Alle miteinander bekleidet euch mit Demut. 1.Petrus 5,5

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

scharf und schneidend ist die Kritik des Propheten Jesaja an den Mächtigen, Reichen und an den Zuständen im Jerusalem seiner Zeit (8. Jahrhundert vor Christus). Er prangert sowohl ihren Dünkel und Hochmut an als auch die soziale Ungerechtigkeit, wofür sie verantwortlich sind.

Revolutionärer Feuerkopf

Als Theologiestudent war ich ein sozialkritischer, um nicht zu sagen, revolutionärer Feuerkopf, dem Jesaja und die anderen Propheten aus dem Herzen gesprochen haben. „Ja“, dachte ich mir, „genauso müsste die Kirche auch heute ihre Stimme erheben und die Zustände in Deutschland anprangern.“ Aber ach, die Kirche, sie ist ja nur ein Abbild der Menschen, die in ihr Mitglied sind. Und wenn ich mich damals am Sonntagmorgen im Gottesdienst umgeblickt habe, sah ich keine Revolutionäre, keine entschiedenen Sozialkritiker und Pazifisten, sondern Leute, denen ihr persönlicher Glaube wichtig war und die Bestätigung und Trost suchten. Heute bin ich milder und habe Verständnis für diejenigen, die nach einer schwierigen Woche im Gottesdienst nicht auch noch mit politischen und sonstigen Forderungen beunruhigt werden wollen.

Machtübernahme durch das Establishment

Und trotzdem, die Propheten des Alten Testaments hatten ja nicht Unrecht. Jesus, der sich als einen der ihren sah, hatte auch nicht Unrecht, wenn er die Reichen und Mächtigen in Staat und Tempelkirche kritisierte. Aber bald hat das Establishment, haben die politischwirtschaftlich und gesellschaftlich Einflussreichen in der Kirche wieder die Macht übernommen und sie bis heute nicht mehr hergegeben. Okay, das ist ein bisschen holzschnittartig. Aber so ganz verkehrt ist es auch nicht.

Diese Gruppe, also das Jerusalemer Establishment oder die Oberschicht, haben die Propheten herausgefordert und kritisiert. Auch Jesaja. Auch Jesus. Sie mussten dafür büßen mit Gefängnis, Verbannung und immer wieder auch mit ihrem Leben.

Kein Recht, Vorschriften zu machen

Wenn Jesaja sagte: »Wehe denen, die sich selbst für klug und weise halten!«, kann ich ihm in gewisser Weise heute noch zustimmen. Aber es ist ein bedeutender Unterschied, wer hier zu wem spricht. Wer in der Familie, Gesellschaft, Kirche und Politik Macht und Einfluss hat, dem steht es nicht zu, so zu reden. Der stellt sich sozusagen über seine Mitmenschen als habe er das Recht, ihnen moralische Vorschriften zu machen. Genau das aber ist ein Zeichen für Überheblichkeit und Selbstüberschätzung. Genau das ist ein Zeichen dafür, dass sich diejenigen, die so reden, selbst für klug und weise halten und anderen absprechen, ebenfalls etwas zu wissen und zu können.

Ein schmaler Grat

Und wie war das bei mir? Hielt ich mich damals nicht ebenso für „klug und weise“ und meinte, es besser zu wissen als andere. Nun gut, das ist das Vorrecht der Jugend, dass sie auch mal Dampf macht. Aber wie hat mein alter Deutschlehrer gesagt: „Buben passt auf, sonst werdet ihr zu dem, was ihr bekämpft!“

Es ist ein schmaler Grat zwischen ungerechtfertigter und verletzender Kritik auf der einen und Anpassung auf der anderen Seite. Im Grunde musst du dein Leben lang auf ihm entlanggehen und dabei achtgeben, dass du nicht auf der einen oder anderen Seite herunterfällst. 

 

Gebet: Herr, du sagst von dir: »Ich bin von Herzen demütig« (Matthäus 11,29). Ich aber bin‘s nicht. Wenn ich auf dich sehe, habe ich immer noch zu lernen. Deine Demut macht dich für mich glaubwürdig, dein Mut, auch den Ärmsten der Armen zu dienen, auch den Schuldigsten der Schuldigen. Vor dir werde ich kleinlaut und bilde mir nichts ein auf das, was ich verstehe und weiß. Denn bei dir und überhaupt bei uns Menschen kommt es nicht so sehr auf den Kopf an als vielmehr auf das Herz. Gib mir ein demütiges Herz, dass ich nachsichtig und liebevoll sein kann und bereit bin, die Welt auch mal mit den Augen der anderen zu sehen. Amen

 

Herzliche Grüße!

Ihr / dein Hans Löhr

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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt. 


3 Kommentare:

  1. Lieber Bruder Löhr.
    Ich kann sie total gut verstehen wie sie sich als Junger Mensch beschrieben haben.Ja man könnte schon verrückt werden wie die Menschen sich so verhalten.Das große Volk lässt sich von einer Minderheit Drangsalieren und Bevormunden.Das Beste Beispiel war doch die Corona Zeit.Man hat alles mitgemacht was für ein Unsinn sie uns auch erzählt haben.Die Maßnahmen haben mehr Menschenleben gefordert als Corona.Man wurde überall abgewiesen wenn man Geimpft war.An einigen Geschäften oder Restaurant,stand draußen dran Ungeimpfte haben hier keinen Zutritt.Am allerschlimmsten fand ich aber das die Kirchen geschlossen waren,das gab es noch nie in der Geschichte.Sie waren immer Zufluchtsort.Das haben nicht mal die Kommunisten geschafft.Die Jahreslosung war.Jesus spricht kommt zu mir ich werde euch nicht hinausstoßen.
    Aber 2.G einfach nur Traurig Und von unserem Hirten wurde uns gesagt wir wäre alles Verbrecher und er würde uns alle am liebsten verraten.Und die Masken waren die neuen Erkennungszeichen,früher wurden sie um dem Arm getragen.
    Ich arbeite in einem Klinikum und stand vor der Entlassung.Jetzt sind sie froh das wir noch da sind,weil die Geimpften Kollegen ständig ausfallen.Ich Arbeite auf der Intensivstation und weiß wo von ich spreche.Es ist ein Riesen Verbrechen was hier abgelaufen ist und keiner wird zur Verantwortung gezogen.Wenn ich alleine an die älteren Menschen in den Pflegeheimen denke die ohne Seelsorgerlichen Beistand sterben mussten und geschweige denn was wir unseren Kindern angetan haben.Nein der Mensch hat sich noch nicht geändert,es ist alles ein wenig moderner und hat einen anderen Namen bekommen.
    Wie sagte doch der Prophet .
    Es gibt nichts neues unter der Sonne.
    Wir haben übrigens die Kirche verlassen und treffen uns jetzt regelmäßig in unseren Hauskreisen.
    🙏

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    1. Schade, dass die Umstände dazu führten, dass die Kirche verlassen wurde

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  2. Sebastiano10.11.23, 22:19

    Unsere gesellschaftlich-historisch gewachsenen Systeme angefangen vom Bildungssystem an, vom Arbeitsplatz usw. vermitteln keinerlei Demut. Demut ist fast niemanden eine Tugend, ...
    Liebe Grüße

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