Losung: Ich will
sie retten von allen ihren Abwegen, auf denen sie gesündigt haben, und will sie
reinigen, und sie sollen mein Volk sein. Hesekiel 37,23
Lehrtext: Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns
erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum
Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken. (Andere Übersetzung: Jesus
Christus hat sein Leben für uns gegeben, um uns von aller Schuld zu befreien
und sich so ein reines Volk zu schaffen, das nur ihm gehört und alles daran
setzt, das Gute zu tun. Titus 2,14
Liebe Leserin, lieber Leser,
»Herr Pfarrer, ich hab doch keine Sünden mehr«, sagte die
alte Dame zu mir als ich mit ihr im Seniorenheim Beichte und Abendmahl feiern
wollte. Nun ja, eine Witwe von 87 Jahren kann schwerlich ihren Mann betrügen
und gegen das sechste Gebot verstoßen. Sie wird auch nicht (mehr) eine Bank
überfallen und gegen das siebte Gebot verstoßen. Sie wird auch nicht ihre
(böse) Schwiegermutter vergiften und gegen das fünfte Gebot verstoßen. Und sie
wird auch nicht mehr gegen das vierte Gebot verstoßen können, in dem es heißt:
»Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.« Dieser Sünden kann sie sich nicht
mehr schuldig machen. Aber war es das dann schon?
Ich denke, dass es ein Missverständnis ist, die Sünde auf
Sex and Crime (Verbrechen) zu begrenzen. Wer das meint, hat wohl zu viele
Kriminalromane gelesen. Sünde, von der in der heutigen Losung und dem Lehrtext
die Rede ist, geht tiefer, viel tiefer. Ein Sünder ist jemand wie ich, der
morgens und abends und vor den Mahlzeiten schnell mal betet, aber sonst über
weite Strecken des Tages den lieben Gott einen guten Mann sein lässt. Einer,
der viele Entscheidungen ohne Gott trifft. Der weithin seine Interessen
verfolgt und dabei die Bedürfnisse anderer aus den Augen verliert. Einer, der
sich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf seiner Gottesferne ziehen kann,
sondern darauf angewiesen ist, dass da einer kommt, ihm die Hand hingestreckt
und daraus befreit. Das tut Jesus, auf Deutsch: der „Gott-hilft“, der meine
Sünde auf sich nimmt und mir dafür seine Unschuld schenkt. Der mich vom Schmutz
jenes Sumpfes reinigt, damit ich vor Gott, dem Heiligen, leben kann.
Als Christ weiß ich: Ich bin und bleibe ein Sünder, aber
einer, dem seine Schuld vergeben ist und immer wieder vergeben wird, weil
Christus mich nicht verloren gibt. Er will mich in die Gemeinschaft mit Gott
zurück bringen. Dafür ist er in diese Welt und in mein Leben gekommen. Dafür
ist er für mich ans Kreuz gegangen. Und für Dich auch.
»Herr Pfarrer, ich hab doch keine Sünden mehr.« »Doch, gute
Frau, und darum beichten wir jetzt gemeinsam, Sie und ich.«
Gebet: Herr Jesus,
gut dass du da bist und auf mich achtest, damit ich mich nicht in dieser Zeit
verliere und dich dazu. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
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