Sonntag, 10. März 2019

Gesucht und gefunden hl

LosungDa ich meine Übertretungen verschweigen wollte, verschmachteten meine Gebeine. Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir. Darum bekannte ich dir meine Sünde. Psalm 32,3.4.5 

Lehrtext: So ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut. Lukas 15,10 

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn ich das schon höre von dem „Sünder, der Buße tut“ (Lehrtext), dann sehe ich sie förmlich vor mir die Selbstgerechten, die ihre Macht über die Seelen der Gläubigen missbraucht haben, um sie als Sünder zu brandmarken und sie ihr Versagen büßen zu lassen. Das ist alles noch gar nicht so lange her, und es gibt noch genug Gemeinden und Glaubensgemeinschaften, in denen noch heute so menschenverachtend verfahren wird. Dem stelle ich nun das ganzeBibelwort entgegen, an dessen Schluss der heutige Lehrtext steht:
     1 Immer wieder kamen viele Zolleinnehmer und andere verrufene Leute zu Jesus, um ihn zu hören. 2 Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich und schimpften: »Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er isst sogar mit ihnen!« 3 Da erzählte Jesus ihnen folgendes Gleichnis: 4 »Stellt euch vor, einer von euch hätte hundert Schafe und eins davon geht verloren, was wird er tun? Lässt er nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück, um das verlorene Schaf so lange zu suchen, bis er es gefunden hat? 5 Wenn er es dann findet, nimmt er es voller Freude auf seine Schultern 6 und trägt es nach Hause. Dort angekommen ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen: ›Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Schaf wiedergefunden!‹ 7 Ich sage euch: So wird auch im Himmel Freude herrschen über einen Sünder, der zu Gott umkehrt – mehr als über neunundneunzig andere, die nach Gottes Willen leben und es deshalb gar nicht nötig haben, zu ihm umzukehren. 8 Oder nehmt ein anderes Beispiel: Eine Frau hat zehn Silbermünzen gespart. Eines Tages verliert sie eine davon. Sofort zündet sie eine Lampe an, stellt das ganze Haus auf den Kopf und sucht in allen Ecken. 9 Endlich findet sie die Münze. Sie ruft ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und erzählt: ›Ich habe mein verlorenes Geld wiedergefunden! Freut euch mit mir!‹ 10 Genauso freuen sich auch die Engel Gottes, wenn ein einziger Sünder zu Gott umkehrt.« (Lukas 15,1-10)
      Wer diese beiden Gleichnisse aufmerksam liest, wird feststellen, dass „die Moral von der Geschicht“ im Vers 7 und im Vers 10 nicht recht passt. Richtig müsste es heißen: 7 „So wird auch im Himmel Freude herrschen über einen Menschen, der verloren gegangen ist und den Gott gesucht und wiedergefunden hat“ sowie 10 „genauso freuen sich auch die Engel Gottes, wenn ein Mensch, der verlorengegangen war, von Gott gesucht und gefunden worden ist“.
     Viele Theologen heute, die sich intensiv mit diesen Bibelabschnitten befasst haben, stimmen darin überein, dass die Verse 7 und 10 kaum von Jesus selbst stammen können, sondern als Moral seinen Gleichnissen angeklebt worden sind, vermutlich von einem übereifrigen Prediger in einer der ersten christlichen Gemeinden.
     Damit hat dieser Mensch den Sinn der beiden Gleichnisse ins Gegenteil verkehrt. Jesus ging es nicht darum, dass sich die „Sünder“, also Menschen wie du und ich, bekehren und zu Gott kommen. Davon ist im Alten Testament die Rede, wo ständig Klage geführt wird, dass das nicht klappt. Vielmehr war ja genau das seine Sendung, dass Gott in ihm zu den Sündern gekommen ist, um sie zu suchen und zu finden wie der gute Hirte sein verlorenes Schaf.
     Jetzt erst, liebe Leserin, lieber Leser, werden die beiden Gleichnisse zum Evangelium, zur guten, befreienden Botschaft. Jetzt erst weiß auch ich, wer ich im Licht des Evangeliums bin: Ein Mensch, der Gott so wichtig ist, dass er ihn sucht. Ich glaube, dass er mich auch gefunden hat und dich auch. Aber manchmal muss man sich auch finden lassen.

Gebet: Herr, ich danke dir für die Einsicht, dass ich dich nicht mehr suchen muss, weil du mich längst gesucht und gefunden hast. Und wenn ich auch jetzt im Leben herumirre und mich verlaufe, so siehst du doch auf mich und weißt, wo ich bin. Und wo ich bin, da bist du, auch in meiner Verirrung, auch in meiner Schuld, auch in meinem Leid. Da findest du mich und bringst mich zu dir zurück. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr


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