Montag, 14. Oktober 2019

Religiöse Selektion (Ausmusterung) hl

Losung: Ich will euch von all eurer Unreinheit erlösen. Hesekiel 36,29

Lehrtext: So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Römer 8,1

Liebe Leserin, lieber Leser,

bin ich vielleicht froh, dass wir über die verhängnisvolle, religiöse Unterscheidung von rein und unrein hinaus sind. Kein Mensch ist vor Gott unrein und auch kein Tier. Wir alle sind schlicht und einfach seine Geschöpfe. Wie sollte der heilige Gott auch unreine Geschöpfe geschaffen haben? Allerdings sagt Jesus: Nicht, was ein Mensch isst, ist unrein, also was er zu sich nimmt, sondern das kann unrein sein, was er äußert. Wenn also einer den andern herabsetzt, beleidigt, verachtet, verflucht, verleumdet, belügt, hasst usw.
     Rein oder unrein hat demzufolge nichts mit religiösen Gesetzen, Speisegeboten, rituellen Vorschriften oder äußeren Merkmalen zu tun. Niemand ist unrein oder minderwertig oder darf wegen seines Glaubens, seiner geographischen Herkunft, seines Geschlechts, seines Alters, seines Gesundheitszustandes, seiner Bildung, seiner sexuellen Orientierung, seiner politischen Einstellung, seiner gesellschaftlichen Stellung ausgegrenzt, diskriminiert und in seiner Würde verletzt werden. Rein oder unrein sind lediglich hygienische Kategorien, wenn’s um’s Putzen geht, aber keine moralischen, religiösen oder gesellschaftlichen. Ausnahme: Das Beispiel das Jesus nennt.

     Bin ich vielleicht froh, dass wir auch über die verhängnisvolle, religiöse Unterscheidung von erlöst und verdammt hinaus sind. Spätestens als Jesus am Kreuz gestorben ist, wurde offenbar, dass Gottes Geschöpfe durch seine Liebe erlöst (gerettet) sind.
     Nicht nur für gläubige Christen gibt es keine Verdammnis (Lehrtext), sondern für niemand. Ich selbst habe einige Zeit gebraucht, bis ich das verstanden habe, bis ich Jesus verstanden habe und den Kern und Sinn seiner Botschaft und seines Lebens.
     Warum auch sollte Gott seine Geschöpfe verdammen? Nur damit sich ein paar auf Kosten anderer als „erwählt“, „erlöst“ und somit als etwas Besseres fühlen dürfen? Wie kindisch! Nur damit es wieder ein draußen und drinnen gibt, eine Hölle und einen Himmel, Rechtgläubige und Ungläubige …? Damit man wieder wechselweise aufeinander einschlägt, katholische Christen auf protestantische, Sunniten-Muslime auf Schiiten, Christen auf Muslime und umgekehrt? Damit man wieder Ketzer verbrennt und Hexen wie es jahrhundertelang geschehen ist? Übrigens, auch der Nationalsozialismus und Kommunismus mit den „Göttern“ Hitler, Stalin und Mao waren im Grunde Religionen.
     Wenn man sich also die Geschichte der Religionen der letzten 2000 Jahre vor Augen führt, müsste man konsequenterweise sagen: Weniger die sogenannten Ungläubigen, vielmehr die Religionen und ihre Gläubigen sind verdammt. Aber das stimmt so natürlich auch nicht. Die Begriffe „rein“ und „unrein“, „gerettet“ (erlöst) und „verdammt“ gehören zur religiösen Selektion. Sie taugen einfach nicht, um Menschen zu unterscheiden und zu bewerten. Sie erinnern allzu sehr an die Rampe von Auschwitz.
     Der Blick in die Geschichte ist schockierend. Er kann uns aber vorsichtig, demütig und zurückhaltend machen, wenn wir uns denn die Mühe machen, zurückzublicken. Keine Religion hat Grund, sich über eine andere zu erheben. Jede soll über ihre eigene Schande sprechen und nicht über die der anderen. Und dann miteinander.

Gebet: Herr, du bist der Vater aller Menschen. Du hast uns geschaffen so unterschiedlich wie wir sind. Du hast uns aber auch so ähnlich geschaffen, dass jeder im Gesicht des anderen den Bruder und die Schwester erkennen kann. Hilf uns, das Gemeinsame zu feiern und das Trennende hintanzustellen. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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3 Kommentare:

  1. Sie sind also der Auffassung alle werden erlöst, egal ob jemand an Jesus Christus glaubt oder nicht. Alle werden erlöst. Toll dann kann jeder leben wie er will. Ein sog. Freischein für alle Boshaftigkeiten in unserer Welt. Mit so einer Aussage verhindern sie die Umkehr und Bußbereitachaft von Menschen. Bonhoeffer sagte dazu "billige Gnade"(wenn man keine Bußfertigkeit mehr braucht und trotzdem gerettet wird nach dem Tod) . Wenn sie ihre Auffassung vor Gott und unserem Retter Jesus Christus verantworten können?
    Ich hoffe sie missverstanden zu haben. Leider kenne ich "Gläubige" Menschen, die an diese Allversöhnungstheorie aufgrund von solchen Auffassungen glauben. Wer am Ende gerettet wird ist in der heiligen Schrift nachzulesen. Vor allem im Johannesevangium. Das muss ich ihnen ja nicht sagen.

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  2. ....also doch Rampe- Auschwitz.
    was für ein Gottesbild, zum gruseln !

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  3. Gottes Gnade ist nicht billig und nicht teuer, sie ist geschenkt. Das ist das Wesen von Gnade.
    Und nein, Sie haben mich nicht missverstanden. Und ja, Sie finden für Ihr Verständnis von Erlösung und Verdammnis einige Bibelstellen, die das besagen. Andere sagen anderes. Ich halte mich an das, was Jesus gesagt und getan hat, wie er gestorben ist und daran, dass Gottes unsterbliche, bedingungslose (!) Liebe in ihm war und ist. In ihm begegnet mir der barmherzige Gott, der unsere menschlichen Defizite und unsere Schuld nicht bestraft, sondern heilt und vergibt. Er ist der Maßstab, um unterscheiden zu können, was in der Bibel Evangelium, gute Botschaft ist und was nicht.
    Ein Letztes: Das absolute Zentrum des Evangeliums und damit der Bibel ist die Liebe, genauer: die Feindesliebe. Sie hat Jesus gelebt. Für sie ist er gestorben. Sie ist die göttliche Liebe. Wie also kann Gott, so wie er uns in Jesus begegnet, strafen, verdammen, verbrennen, vernichten? Das ist unmöglich. Nur weil wir nicht so lieben können wie er - obwohl das unsere vornehmste Aufgabe bleibt -, meinen zu viele, Gott könne das auch nicht. Doch, wie gesagt, er liebt bedingungslos.

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