Samstag, 30. Juli 2016

Eine vielsagende Geste hl

LosungEs ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6,8

Lehrtext: Jesus spricht: Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe. Johannes 13,15

Liebe Leserin, lieber Leser,

nicht alles, was im Johannesevangelium steht, gefällt mir gleich gut. Aber da sind ein paar Worte und Geschichten, die überragen als Leuchttürme des Glaubens die abwechslungsreiche Landschaft der Bibel. Insbesondere ist das die Geschichte, in der Jesus am Abend vor seinem Tod den Jüngern die Füße wäscht. Aus ihr stammt auch der der heutige Lehrtext. Sie hat mein Bild von Jesus und damit auch mein Bild von Gott geprägt.
     Da sitzen sie also, die siebengescheiten Jünger, die meinen, schon recht viel vom Glauben zu wissen, da sie doch nun schon längere Zeit mit Jesus unterwegs sind. Sie sehen mit offenem Mund wie er sich eine Schürze umbindet, eine Waschschüssel nimmt, sich vor jeden einzelnen hinkniet und ihm die staubigen Füße wäscht. Er tut genau das, was damals auch die Haussklaven für ihre Herren getan haben. Doch der neunmalkluge Petrus wehrt ab: „Nein, nein, Herr, tu das nicht. Vielmehr will ich dir die Füße waschen.“ Da sagt Jesus zu ihm: „Wenn ich dir nicht die Füße wasche, bist du nicht auf meiner Seite.“ Daraufhin will Petrus gleich auch noch Hände und Gesicht von Jesus gewaschen bekommen, um nur ja zu ihm zu gehören, zu ihm, den er ein paar Stunden später verleugnen wird. Er versteht einfach nicht, was Jesus mit dieser Geste sagen will. Und so fragt Jesus auch die anderen Jünger: „Versteht ihr, was ich eben getan habe? Ihr nennt mich Meister und Herr. Das ist auch richtig so, denn ich bin es. Wie ich, euer Meister und Herr, euch jetzt die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch gegenseitig die Füße waschen. Ich habe euch damit ein Beispiel gegeben, dem ihr folgen sollt. Handelt ebenso! Ich sage euch die Wahrheit: Ein Diener steht niemals höher als sein Herr, und ein Apostel (=Botschafter) untersteht dem, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das begreift und danach handelt, seid ihr gut dran.“
     Ob seine Jünger damals und alle späteren Priester und Pfarrer, Bischöfe und Päpste diese Geste der Demut und des Dienens verstanden haben und verstehen?  Ob sie durch diese Geste ihn selbst und Gott besser verstanden haben und verstehen?
     Es will vielen nicht in den Kopf, dass der König des Universums sich freiwillig zum Knecht der Menschen macht. Will es in deinen Kopf, in dein Herz, dass Gott dich nicht kommandiert, sondern dir dient mit seinem Wort, mit seinem Sohn, mit seiner Liebe? Und will es in meinen Kopf und Herz, was der Lehrtext sagt, dass Jesus mir als Pfarrer ein Beispiel gegeben hat, dass auch ich den Menschen diene, vor allem und in erster Linie den Geringsten, den Schwächsten, denen, die besonders bedürftig sind?
Ich kenne einen, in dessen Kopf und Herz das eingedrungen ist: Papst Franziskus. Seine Vorgänger haben am Gründonnerstag ausgewählten Kirchenleuten die Füße gewaschen. So wurde diese Demutsgeste zum bloßen Ritual. Doch Franziskus hat sie im Sinne Jesu neu belebt, da er an diesem Tag seit seinem Amtsantritt Drogensüchtigen, Kriminellen, Flüchtlingen, Prostituierten und anderen, die am äußeren Rand der Gesellschaft stehen, die Füße wäscht. So gibt er ihnen ihre Menschenwürde zurück. So dient er ihnen in der Liebe Christi.
Wenn das in der katholischen und in meiner evangelischen Kirche Schule machen würde, stünde einer Wiedervereinigung nichts mehr im Wege. Dann würden wir gemeinsam ein ganz starkes Zeichen in diese unter Gier und Größenwahn, Arroganz und Gewalt leidende Welt senden. Und die Leute würden daran erkennen, dass wir nicht nur Taufschein-Christen sind, sondern zu Jesus gehören.
Doch darauf sollten wir nicht warten, sondern jetzt schon mit kleinen Gesten des Dienens und der Demut beginnen, indem einer für den anderen da ist, weil er weiß, was gut ist (Losung).

Gebet: Herr, du beschämst mich nicht, indem du mich kleinmachst. Du beschämst mich, indem du mir dienst, um mich groß zu machen. Du erachtest mich für würdig ein Königskind Gottes zu sein. Ja, ich habe verstanden, nur wer groß genug ist, kann den Kleinen dienen. Nur wer stark genug ist, kann für die Schwachen da sein. Gib mir ein großes Herz und einen starken Charakter, damit ich würdig bin, zu dir zu gehören und deinem Beispiel zu folgen. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

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