Losung: Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stütze, Gnade und Treue treten vor dein Angesicht. Psalm 89,15
Lehrtext: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Matthäus 5,10
Liebe Leserin, lieber Leser,
wer stützt den Thron der Königin von England? Das Militär? Die Verfassung? Das Kapital? Die anglikanische Kirche? Der Geheimdienst mit James Bond? Die Medien? Die königstreuen Bürger? ... So genau weiß ich das nicht. Aber die Dinge, die ich genannt habe, tragen vermutlich mit dazu bei.
Gottes Thron wird jedenfalls von anderen Dingen gestützt. Seine Herrschaft ruht auf Gerechtigkeit und Recht, Gnade und Treue (Losung). Er herrscht nicht mit Willkür und nicht aus Machtgier. Er erniedrigt nicht, sondern richtet auf. Er beutet nicht aus, sondern beschenkt. Er zwingt nicht, sondern macht frei. Er straft nicht, sondern vergibt. Er verurteilt nicht, sondern ist gnädig... Ja, wenn ich auf Jesus schaue, kann ich sogar sagen: Er herrscht nicht, sondern dient. Was für ein Unterschied zu Menschen, die Macht über andere bekommen haben und sich nun daran klammern.
Was Losung und Lehrtext heute verbindet, ist das Wort ‚Gerechtigkeit‘. Ich frage mich, worum handelt es sich dabei und warum kann man »um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden« (Lehrtext)?
In wohl allen Vorstellungen von Gerechtigkeit geht es darum, wie gerecht, wie rechtstreu und den geltenden Normen entsprechend ein Mensch sich verhält. Ein Gerechter ist, wer es den staatlichen und religiösen Vorschriften und Gesetzen gemäß richtig macht. Darüber befinden dann wieder Menschen, die die Macht dazu haben und an der Spitze der Gesellschaft und der Kirche stehen.
Nun aber kommt Jesus und sagt, dass man das nicht auf das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen übertragen darf. Er sagt: Es kommt nicht darauf an, dass der Mensch gerecht ist, sondern dass Gott gerecht ist. Und da der Mensch vor Gott nicht gerecht sein kann, schenkt dieser ihm seine Gerechtigkeit. Die Bibel nennt das Gnade. Gottes Gnade aber entzieht allen religiösen und kirchlichen Macht- und Herrschaftsansprüchen den Boden. Nun haben mit einem Schlag die Hohenpriester, Schriftgelehrten, Päpste, Bischöfe, Pfarrer und Theologieprofessoren kein von Gott verliehenes Recht mehr, andere zu missbilligen, zu verurteilen, zu bestrafen oder sonst wie zu beherrschen und zu zwingen. Nun haben auch sie nur noch das Recht und die Pflicht, anderen zu dienen und sie zum Glauben zu ermutigen, zu bestärken und zu begleiten.
Damit stürzt jedes religiöse und kirchliche Herrschaftsgebäude wie ein Kartenhaus zusammen. Alles was fortan noch an Kirchenmacht und Herrschaft bleibt, ist menschliche Anmaßung ohne göttliches Recht. Jetzt wird auch klar, warum Jesus diejenigen selig nennt, die um der Gerechtigkeit willen leiden. Sie werden verfolgt und leiden, weil sich die religiösen Würdenträger diesen Macht- und Autoritätsverlust nicht so ohne Weiteres gefallen lassen. Sie leiden, wie er, weil sie sich auf Gottes Gerechtigkeit berufen. Sie zeigt sich darin, wie barmherzig und gnädig er zu uns Menschen ist - ohne jede Vorleistung.
Ich meine: Unter Menschen ist es richtig, menschliche Regeln und Gesetze für menschliche Angelegenheiten zu beachten. Ich glaube: Vor Gott ist es das Richtige, auf seine Gnade und Barmherzigkeit zu vertrauen und das wichtigste Gebot zu beachten: Gott und seinen Mitmenschen lieben wie sich selbst. Das genügt .
Gebet: Herr, schenke mir die Gnade, dass ich immer wieder durch den Nebel menschlicher Vorstellungen und Geschäftigkeit hindurchsehen kann auf deine Barmherzigkeit. Ich will mir nicht mehr den Blick verstellen lassen von allem religiösen Machwerk. Will nicht die beachten, die sich anmaßen, über Menschenseelen zu herrschen. Ich will demütig annehmen, dass du längst alles für mich getan hast, was in Zeit und Ewigkeit gut für mich ist und will dir nicht eigenmächtig ins Handwerk pfuschen. So stehe ich vor dir mit leeren Händen, dass du sie füllst mit deinem Segen und mit einem leeren Herzen, dass du es füllst mit deiner Liebe. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
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