Losung: Wer kann die großen Taten des HERRN alle erzählen und sein Lob genug verkündigen? Psalm 106,2
Lehrtext: Als die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel! Johannes 12,12-13
Predigt von Hans Löhr am Palmsonntag 2018 in Thann und Sommersdorf
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Wer kann die großen Taten des HERRN alle erzählen und sein Lob genug verkündigen?“ So heißt das Losungswort für den heutigen Palmsonntag. Ja, wer kann das? Wer kann erzählen, was Gott alles geschaffen hat und wie er von Anbeginn der Zeit alles regiert?
Kann das jemand von euch? Ich kann’s nicht. Ich kann nur staunen, wie unermesslich reich seine Schöpfung ist, reich an Welten, reich an Leben. Die Wissenschaften öffnen mir dafür die Augen. Und dafür kann ich ihn nur loben.
Aber wichtiger als die großen Taten in den Weiten und Tiefen des Weltalls oder im Reich der Atome und kleinsten Teilchen sind mir Gottes Taten in meinem Leben. Und ich denke, das trifft auf dich auch zu. Deshalb will ich nun mit dir darüber nachdenken, was Gott Großes in deinem und meinem Leben getan hat und tut.
Für mich ist es das Größte, dass ich überhaupt bin. Ich könnte ja auch nicht sein. Und dass ich bin, das bringe ich mit Gott zusammen. Ich verstehe mich als sein Geschöpf, als einen Menschen, den er gewollt hat, mehr noch, als sein Kind, dass er liebt. Und genau so ein Mensch bist du auch.
Würde ich nicht an Gott glauben, wäre für mich diese ganze Welt und ich selbst nur kalter Zufall. Aber wenn alles nur Zufall wäre, welchen Wert hätte es dann? Was unterscheidet mich dann von einem Stein, der dann ja genauso Zufall ist wie ich selbst? Durch Gott bekommt alles einen bestimmten Wert. Durch ihn wird mein eigenes Leben und das meiner Kinder und Enkel wertvoll. Das, liebe Gemeinde, verstehe ich unter den großen Taten Gottes, von denen im heutigen Bibelwort die Rede ist. Nicht nur ich selbst, sondern eben auch alle die Menschen, mit denen ich verbunden bin und die mir wichtig sind, sind Gottes große Taten, wofür ich ihn loben kann, wofür ich ihm dankbar bin. Und ich meine, du wirst das ähnlich sehen wie ich.
Natürlich gilt das für alle anderen Menschen auch. Aber ob sie das auch so sehen? Ich denke nicht. Atheisten, Menschen, die nicht an Gott glauben, wen können die für ihr Leben und das ihrer Kinder und Enkel loben? Wem können die danken, dass sie sind und dass sie bis zu dieser Stunde behütet und am Leben erhalten werden? Wen sollen sie loben und wem sollen sie danken für diese, trotz allem Leid doch auch so wunderbare Welt, für Sonne, Mond und Sterne, Himmel und Erde, Pflanzen und Tiere, die Jahreszeiten, die Musik, die Liebe und Hilfsbereitschaft unter den Menschen?
Ich bin weiß Gott kein Typ, der sich jeden Morgen auf die Schenkel klopft und breit grinst, was er doch für ein Glückspilz ist. Ich muss, so wie du vermutlich auch, mit Enttäuschungen und Konflikten leben, mit Ängsten und manchmal auch mit Schmerzen. Aber dann reiße ich mich doch auch immer wieder zusammen und sage:
Gebet: Herr, ich danke dir, dass du mir diesen neuen Tag schenkst, einen weiteren Tag in meinem Leben. Ich danke dir für die Menschen, mit denen ich verbunden bin, für das Dach über meinem Kopf, das Bett, das mir gehört, den gedeckten Tisch. Ich danke dir, dass sich genug zum Leben habe und nicht betteln muss. Ich danke dir für den Frieden in unserem Land, die hohen sozialen Standards und den Rechtsstaat. Und ich danke dir, dass ich dir danken, dass ich dir glauben und vertrauen kann.
Das alles gehört für mich zu den großen Taten Gottes in den vielen Jahren meines Lebens. Und wie siehst du das? Kannst auch du Gott dafür loben und ihm danken, was er dir Gutes getan hat und noch immer tut? Wenn das so ist, dann lass uns das doch heute im Gottesdienst wieder gemeinsam tun.
Manchmal ist es aber auch so, dass wir für groß halten, was gar nicht das wirklich Große ist. Manchmal übersehen wir das Große im Unscheinbaren.
Vor einiger Zeit war ich nach Ansbach zu einem, wie ich meinte, wichtigen Termin eingeladen. Als er vorüber war, ging ich ins Einkaufszentrum, um zu Mittag zu essen. Das Restaurant war gut gefüllt. Ich suchte mir mit meinem Tablett einen Platz. Nur gegenüber einem älteren Mann mit fremdländischem Aussehen war noch ein Platz frei. Unwillkürlich habe ich gezögert, ob ich mich zu ihm setzen solle. Ich bin so erzogen worden, gegenüber Ausländern eher misstrauisch zu sein. Natürlich weiß ich längst, dass das falsch ist. Aber tief in mir wirkt diese Erziehung noch immer nach.
So gab ich mir also einen Ruck und setzte mich zu diesem Mann, wünschte ihm einen guten Appetit und begann meinen Fisch zu essen. Ich musste mir Salz nachholen und habe ihm auch davon angeboten, aber er meinte, so viel Salz sei nicht gut für seine Gesundheit. Da ich aber vergessen hatte, eine Serviette mitzunehmen, gab er mir eine von den beiden, die er sich genommen hatte. So aßen wir eine Zeit lang schweigend. Dann fragte ich ihn aus Höflichkeit, ob er hier denn seine Mittagspause verbringen würde. Nein, nein, sagte er in schönstem hohenlohischen Schwäbisch, er sei schon in Rente. Etwas verdutzt wegen seines Dialekts hakte ich nach, ob er denn in der Gegend aufgewachsen sei. Nein, erwiderte er, er sei Grieche, lebe aber schon seit 40 Jahren in Deutschland. Und dann sagte er mir, dass er hier warten müsse, bis seine Frau fertig sei. Sie bekomme nämlich heute ihre erste Chemotherapie. "O Gott", antwortete ich betroffen, "das tut mir aber leid. Hoffentlich wirkt die Chemo." "Nun ja", sagte er, "sie hat Lungenkrebs. Sie hat eben zu viel geraucht, obwohl ich ihr immer wieder sagte, dass sie aufhören solle." Da spürte ich in mir einen Anstoß und so fragte ich ihn: "Wie heißt denn ihre Frau mit Vornamen?" "Johanna", sagte er. Und ich: "Gut, dann werde ich für ihre Johanna beten." Da entspannte sich das Gesicht des Griechen. Er lächelte mich an und sagte: "Danke, das tut gut." Ich stand auf, verabschiedete mich und wollte meinen Teller zum Geschirrwagen bringen, aber er hielt mich ab: "Lassen Sie nur, ich mach das schon für Sie."
Später im Auto dachte ich mir: 'Jetzt weiß ich, warum ich diesen scheinbar wichtigen Termin hatte. Gott hat mich damit nach Ansbach gelockt, damit ich diesem Mann begegne und für seine Johanna bete. Er steckt also wieder mal dahinter.' Ja, manchmal ist es eben so, dass das, was wir für groß halten, wie ein scheinbar wichtiger Termin, gar nicht das wirklich Große ist. Vielmehr das, was uns eher unbedeutend zu sein scheint wie so ein kleines Gespräch beim Mittagessen.
Und das gilt auch für den biblischen Lehrtext für den Palmsonntag. Da heißt es: Als die große Menschenmenge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel! Johannes 12,12-13
Die Leute damals glaubten, in Jesus den kommenden „König von Israel“ zu sehen, der jetzt gleich den Thron besteigen und sich eine goldene Krone aufsetzen würde. Ja, das wäre für sie etwas Großes gewesen. Doch das viel Größere sahen sie nicht, dass dieser König bald eine Dornenkrone tragen und für sie und uns alle am Kreuz sterben würde. Daran denken wir wieder in der Karwoche, die vor uns liegt, dass Jesus die Liebe Gottes zu uns Menschen nicht verraten hat, sondern den Sündern treu geblieben ist bis zum Tod. Nur so, nur durch seine Liebe und Treue, hat er die Macht des Bösen und des Todes gebrochen. Und nur so hat er uns von diesen finsteren Mächten erlöst. Auf diese Weise hat er uns die Hoffnung geschenkt, dass auch der Tod für uns nicht das Letzte ist, sondern die Zukunft bei Gott.
Nein, du und ich, wir sind nicht aus Zufall entstanden und werden nicht zufällig wieder ausgelöscht. Wir sind und bleiben Gotteskinder, von ihm geschaffen und dazu bestimmt, dass er uns einmal vollenden wird. Das sind seine großen Taten, für die wir ihn loben, für die wir ihm danken. Amen
Mit Spracherkennung diktiert.
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Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach
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