Losung: Ein
Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist
eine Gabe Gottes. Prediger 3,13
Lehrtext: Unser
tägliches Brot gib uns heute. Matthäus 6,11
Liebe
Leserin, lieber Leser,
was denkst
du, was für einen Ruf, was für ein Image hat der Glaube? Denkt man dabei mehr
an Ernst und Verzicht, oder an Sinnen- und Lebensfreude?
Gestern
brachte ich mein Motorrad zum Kundendienst. Der Chef der Werkstätte kannte mich
und begrüßte mich mit „Herr Pfarrer“. Hinter mir stand ein junger Mann, der
spontan sagte „Was, der Pfarrer fährt Motorrad?“ Ich habe ihm nicht erzählt,
was ich sonst noch alles mache, sonst wäre er wohl vom Glauben abgefallen,
sofern er denn einen hat.
Ich
finde es herrlich, das Leben im Rahmen meiner Möglichkeiten genießen zu können,
so wie es in der heutigen Losung in einer neueren Übersetzung heißt: »Ich kam zu
dem Schluss, dass es für den Menschen nichts Besseres gibt, als fröhlich zu
sein und das Leben zu genießen. Wenn er zu essen und zu trinken hat und sich
über die Früchte seiner Arbeit freuen kann, ist das Gottes Geschenk.« (Prediger
3,12+13)
Und
das habe ich gestern Abend wieder getan, als ich mich mit meinen Schulfreunden
traf und wir gemeinsam gut gegessen haben. So etwas geschieht ganz im Sinn von Psalm 23:
»Herr, du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde und
schenkest mir voll ein.« Und diese Feinde, vor denen ich gelassen meinen Tafelspitz verspeise und mein Weinglas leere, sind Kummer und Sorgen, Ängste und Leid und
was es an Schwerem in einem Menschenleben sonst noch gibt.
Das
wäre ja noch schöner, wenn ich als Christ mit sauertöpfischer Miene bei Salat
und Mineralwasser am Tisch säße. Solange es mir gesundheitlich gut geht, werde
ich das nicht tun. Wie hat Martin Luther noch einmal gesagt: »Wenn Gott gute,
große Hechte und guten Rheinwein erschaffen darf, dann darf ich sie
wohl auch essen und trinken.«
Aber
wie ist das nun aus ethischer Sicht? Darf ich mich denn sattessen während
andere hungern? Ja.
Jesus
hat auch die Hochzeit von Kana mitgefeiert und wer weiß, wie viele andere
Hochzeiten noch und wird auch nicht den aus Wasser verwandelten Wein verschmäht
haben und auch nicht den damals üblichen Lammbraten, den er noch bei seinem
letzten Mal mit den Jüngern gegessen hat. Und dabei duftete er nach dem teueren
Salböl, mit dem ihn jene unbekannte Frau gesalbt hat. Und das alles tat er und
ließ es geschehen im Bewusstsein, dass gleichzeitig andere Menschen in der Nähe
und in der Ferne hungern. Er handelte nach dem Wort: Das eine
tun und das andere nicht lassen, sich des Leben freuen und darüber die
Hungernden nicht vergessen.
Und
wie ist es damit: Darf ich noch Fleisch essen, während unter der
Massenproduktion die Tiere leiden und wegen Futtermittelgewinnung in Südamerika
der Regenwald abgeholzt wird? Ja, darf ich. Die Frage ist nur, welches Fleisch
und wie oft. Ich habe meine Ernährung umgestellt und esse wöchentlich nur noch ein
bis zweimal Fleisch, wenn möglich Wild oder vom Biobauern aus dem Nachbardorf.
Wurst esse ich so gut wie gar nicht mehr. Ich will ja gesund bleiben.
Was
ich jedoch nicht tue, ist, anderen Vorschriften machen. Jeder hat selbst einen
Kopf zum Denken und Nachdenken und muss seine Ernährung und seinen Lebensstil
selbst verantworten. Ich mag keinen hohlwangigen Dogmatismus und keinen
bleichgesichtigen Fanatismus, auch nicht auf der Fridays-For-Future-Demo, an
der ich letzten Freitag teilgenommen habe.
Ob
Fünf-Gänge-Menü im Restaurant oder ein Stück trockenes Brot – solange es nicht
auf Kosten anderer geht, kann und will ich darum bitten: „Unser tägliches Brot
gib uns heute“ (Lehrtext). Aber ich will auch danken, wenn ich satt geworden
bin und dass ich noch nie in meinem Leben hungern musste.
Gebet: Herr,
bisher hatten meine Familie und ich immer genug zu essen. Dafür danke ich dir.
Aber ich weiß auch, dass das nicht selbstverständlich ist. Und darum bitte ich
dich, dass du uns auch in Zukunft das tägliche Brot gibst, und wenn es nur so
viel ist, dass wir leben können. Amen
Herzliche
Grüße
Hans Löhr
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Hans Löhr /
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