Freitag, 10. Mai 2024

Die große Entlastung hl

Losung: Der HERR spricht: Ich will mich zu euch wenden und will euch fruchtbar machen und euch mehren und will meinen Bund mit euch halten. 3. Mose 26,9

Lehrtext: Jesus spricht: Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben. Lukas 12,32

Liebe Leserin, lieber Leser,

ob es einen Unterschied zwischen christlicher Religion und Glauben gibt? Für mich schon. Alle Religionen, auch die christliche, haben etwas gemeinsam: ihre Anhänger wähnen, etwas für Gott oder ihre Götter tun zu müssen. Sie errichten Tempel und Kirchen, opfern Tiere oder Geld, feiern Rituale wie Gottesdienste und wiederkehrende Feste und halten sich an die unveränderlichen Gebote und Verbote in den heiligen Schriften ihrer Religion. Damit erwarten die Gläubigen, dass Gott oder die Götter ihnen gewogen sein, ihre Gebete erhören, sie belohnen und ihre Wünsche erfüllen möchten. Sie hoffen, dass diese übernatürlichen Mächte Unheil abwenden, sie mit Fruchtbarkeit (Nachwuchs) segnen (Losung), ihre Feinde vernichten, sie behüten und gegenüber Anhängern anderer Religionen bevorzugen. Dazu handeln sie seit Jahrtausenden nach dem allgemeinen, religiösen Prinzip: do ut des - ich gebe, damit du gibst. Also: ich, Mensch, gebe dir, Gott, meine Opfer, meine Zeit, mein Geld - damit du, Gott, mir das gibst, was ich mir wünsche. Doch er braucht das alles nicht und will das alles nicht. Was könnte ich ihm schon geben, das er mir nicht zuvor gegeben hat? Was könnte ich ihm opfern, dem sowieso alles gehört? Soviel zur Religion.

Glauben heißt vertrauen

Und was ist stattdessen nun Glaube? Jedenfalls nicht, dass ich etwas für wahr halten muss, sondern dass ich Gott vertraue. In der Bibel sind Glaube und Religion oft vermischt, besonders im Alten Testament. Manchmal treten sie, wie bei Jesus, dem Apostel Paulus und Luther auch auseinander. Dann steht das Gottvertrauen gegen die religiösen Bemühungen (Werke) aller Art. In den christlichen Konfessionen und Gemeinschaften fließen beide im Glaubensalltag wieder ineinander. 

Tue ich dann Gott gar keinen Gefallen, wenn ich ihm etwas opfere? Aus meiner Sicht nicht, höchstens mir selbst, wenn mich das beruhigt. Darf ich mir dann von Gott gar nichts mehr erbitten? Jesu Gebet, das Vaterunser, enthält doch auch sieben Bitten. Ja. Doch sie alle stehen unter dem Vorbehalt der dritten Bitte: „Dein Wille geschehe.“ Religion aber ist für mich der Versuch von Menschen, ihre Ängste zu bannen sowie Gott mit Vor-Leistungen aller Art zu bewegen, etwas für sie zu tun. Hart gesagt: Religion ist der Versuch, höhere Mächte für menschliche Interessen einzuspannen und Gott oder die Götter zu manipulieren: do ut des.

Glaube im Sinn von Gottvertrauen ist demgegenüber für mich eine innere Haltung, dass ich mich auf Gott, so wie er sich mir in Jesus zeigt, rückhaltlos verlasse. Dass ich also von meinen vermeintlichen guten Taten und meinem religiösen Handel mit Gott absehe und mit leeren Händen und einem leeren Herzen (siehe Matthäus 5,3: erste Seligpreisung) vor ihn trete, damit er sie fülle. So soll es auch Martin Luther getan haben, der auf seinem Sterbebett sagte: „Wir sind (vor Gott) Bettler; das ist wahr.“

Auf ihn allein kommt alles an 

Und so sage ich es wieder einmal zuerst mir selbst, was ich als Jesu frohe und befreiende Botschaft höre: Auf mich kommt bei Gott gar nichts an. Auch nicht auf meinen christlich-moralischen Lebenswandel. Auch nicht auf meine Sünde und mein Versagen. Auch nicht auf meine Gerechtigkeit. Alles kommt allein auf ihn an, auf seine Gnade, auf seine Güte, auf seinen Willen und seinen Segen. Dafür lag Jesus in der Krippe, dafür hing er am Kreuz, dafür ist er auferstanden. Ich habe das so ähnlich schon mal erlebt, als Kleinkind, als ich komplett von meinen Eltern abhängig war, die letztlich auch in seinem Namen handelten. Ich höre das aus Jesu Worten, wenn er Gott „unsern Vater“ nennt und uns alle seine Brüder und Schwestern. Alles kommt auf ihn, den Vater an und nichts auf mich.

Das entlastet mich ungemein. Ich muss vor dem, der mich in Jesus liebt, kein schlechtes Gewissen haben, keine Schuldgefühle und keine Angst. Ich darf ihn wieder lieben, ihn loben, ihm danken. Ich darf jeden Tag in dem Glauben und in der Zuversicht leben: Gott ist für mich da. Er umgibt mich von allen Seiten und hält seine Hand über mir. Er vergibt, er rettet und hilft. Er geht mit mir durch dick und dünn.

Ich schade mir selbst

Doch dieses Vertrauen zerstöre ich, wenn ich eigensinnig und eigensüchtig meine Pläne verfolge und meinen Mitmenschen und Mitgeschöpfen schade. Nein, Gott kann ich nicht schaden, aber anderen - und damit am meisten mir selbst.

So, das war nun eine längere Einleitung zu den beiden Bibelworten heute. In der Losung heißt es unmissverständlich: „Ich, der Herr, wende mich euch zu. Ich segne euch. Ich halte meinen Bund mit euch.“ Auf ihn kommt es an. Er pfeift dich nicht herbei wie einen Hund. Er kommt selbst in Jesus zu dir und zu mir, ganz gleich, ob wir das „verdient“ haben oder nicht. Und im Lehrtext sagt Jesus ebenso unmissverständlich: „Gott, euerem Vater - nicht euch - hat es gefallen, dass ihr bei ihm sein sollt, jetzt und für immer. Also fürchtet euch nicht! Vertraut ihm! Er regiert in Zeit und Ewigkeit. Das lässt euch hoffen.“

Gebet: Herr, es fällt mir schwer, mit leeren Händen und einem leeren Herzen vor dir zu stehen. Das kränkt meine Eitelkeit, weil ich doch auch für meine Bemühungen von dir anerkannt sein will. Aber du sagst ja selbst ‚Ohne mich könnt ihr nichts tun’ (Johannes 15,5). So will ich es mir gefallen lassen, dass du handelst und in meinem Leben wirkst. So will ich glauben, dass du allein alles zum Besten wendest, wenn es für dich an der Zeit ist. Ich aber will dich loben und dir danken; jetzt schon gemeinsam mit denen, die dich kennen und einst mit allen, die du geschaffen und erlöst hast. Amen 

Herzliche Grüße,     

Ihr / dein Hans Löhr

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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.« J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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5 Kommentare:

  1. Herzlichen Dank für diese Auslegung und einen guten Start in den Tag mit Gottes Segen .

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  2. Wieder eine tröstende Auslegung. Möge der Herr seinen Segen auf seine Kinder jeden Tag legen.

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  3. Von Herzen danke ich Ihnen für diese Auslegung ! Genau solche Worte benötige ich zur Zeit

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  4. Genau diese Gedanken - nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe - und mein Vertrauen darauf, dass es deshalb für mich gut gehe, haben mir durch eine schwere Erkrankung geholfen. Und so, wie es aussieht, ist es gut ausgegangen. Dafür danke ich Gott. Matthias

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  5. Sehr geehrter Herr Löhr,
    wie so oft auch hier, beeindruckende Gedanken, klar formuliert.
    Ich bin Ihnen dafür dankbar.

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