Samstag, 25. Mai 2024

Wer ich bin und wer ich sein könnte hl

Losung: HERR, sei mir gnädig! Heile mich; denn ich habe an dir gesündigt. Psalm 41,5

Lehrtext: Paulus schreibt: Ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen. 1.Korinther 15,9-10  

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie das bei dir ist, weiß ich nicht. In meiner religiösen Erziehung in Schule und Konfirmandenunterricht war das eine unhinterfragte, biblische Wahrheit, dass der Mensch an Gott sündige (Losung), wenn er die Zehn Gebote und andere Moralgesetze nicht beachtet. Das würde Gottes Unwillen erregen. Um aber wieder Gnade zu bekommen, müsse der Mensch seine Sünde bekennen und um Vergebung bitten. Diesen Glauben will ich niemand nehmen. Er ist auch nicht falsch. Doch ich habe inzwischen eine andere Sicht auf diese Dinge. Für mich sind diese Vorstellungen von Sünde und Gnade Religion pur, egal ob im Judentum, im Christentum, im Islam oder in anderen Religionen. 

Religion und Glaube

Die vielleicht stärkste Triebkraft, die in der Geschichte der Menschheit Religionen aller Art hervorgebracht hat, war und ist die Angst vor der Übermacht und dem Zorn des Göttlichen und Heiligen. Krankheiten und Hunger, Unglück, Naturkatastrophen, Krieg und was Menschen sonst noch für schlimme Erfahrungen gemacht haben, wurden mit Gott oder den Göttern in Verbindung gebracht und als Strafe für eigene Schuld empfunden. Irgendetwas musste man ja falsch gemacht haben. Und so wurde allerhand erfunden und getan, um den Zorn der höheren Mächte zu besänftigen und sie wieder gnädig zu stimmen.

Demgegenüber ist Glaube für mich, was zum Beispiel im Buch Hiob (ebenfalls Altes Testament) zu diesem Thema steht: Vor Gott, dem allmächtigen Schöpfer von Himmel und Erde, erkenne ich, dass ich ihm mit meinen Verfehlungen und meinem Versagen nicht schaden kann, sehr wohl aber mir selbst - und auch meinen Mitmenschen (Hiob 35,6). Er hält mir, wenn man so will, mit den Geboten einen Spiegel vor, in dem ich erkenne, wer und wie ich bin. Und er zeigt sich mir in Jesus, damit ich erkenne, wer und wie ich sein könnte und sollte, um mir und anderen keine Last zu sein. 

Menschenhüter und Vater

Die Zeiten, da man meinte und weithin immer noch meint, aus Angst vor Gott zu Kreuze kriechen und ihn um Gnade anwinseln zu müssen, damit er nicht zornig wird und straft, sind für mich vorbei. Und ich wünsche dir, dass auch du sie hinter dir lassen kannst, falls das nötig ist. Wir sind nicht Gottes Knechte, sondern seine Kinder (Römer 8,17 / Galater 4,7), Söhne und Töchter des Lebendigen. »Durch Gottes Gnade sind wir, was wir sind« (Lehrtext) und nicht durch eigene Anstrengungen. Denn als „Menschenhüter“ (Hiob 7,20) und Vater ist er zugleich ein barmherziger Gott, der heilt und vergibt, was wir uns selbst und unseren Geschwistern angetan haben. Das verbürgt Jesus mit Wort und Tat, mit Leib und Leben. Deshalb lese ich die heutige Losung neu und sage:

Gebet: »HERR, heile mich; denn ich habe an mir gesündigt.« Amen

Herzliche Grüße,    

Ihr / dein Hans Löhr

Hier noch die beiden wegweisenden Worte aus dem Hiobbuch im Original:

»Sündigst du, was kannst du Gott schaden? Und wenn deine Missetaten viel sind, was kannst du ihm tun? Und wenn du gerecht wärst, was kannst du ihm geben oder was wird er von deinen Händen nehmen? Nur einem Menschen wie dir kann deine Bosheit etwas tun und einem Menschenkind deine Gerechtigkeit(Hiob 35,6-8)

»Hab ich gesündigt, was tue ich dir damit an, du Menschenhüter?« (Hiob 7,20)

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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.« J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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2 Kommentare:

  1. Vielen Dank, das spricht mir aus der Seele! Gott ist barmherzig, ein liebender guter Vater (und mütterlich wie eine gute Mutter). Das Lied "Straf mich nicht in Deinem Zorn" ist obsolet. Immer wieder, viele Jahrhunderte lang, st damit Macht ausgeübt worden, dass jemand gesündigt habe und büßen müsse. Auch die Väter und Mütter waren in dieser Position, auf ihr angeblich sündiges Kind von oben zu sehen, es zu züchtigen und zu seinem Besten zu bestrafen. Man hat einfach so gedacht.
    Was bin ich froh, dass ich liebende Eltern und eine liebe, gute Großmutter hatte und dass ich mich aus dem Denken von Sünde und Schuld, das ja auch immer noch in den Gesangbuchsliedern herumgeistert, befreit habe, erstmal nur aus dem Gefühl, da kann was nicht stimmen. Gott ist doch barmherzig! Gott sei Dank!
    Cornelia

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  2. Vielen Dank was für ein Trost das ich unter der Gnade leben darf auch oder gerade dann wenn ich immer wieder Falle und an mir und meinen Mitmenschen schuldig werde ich darf in der Gnade und Güte Gottes weitergehen und mich verändern lassen denn Gott ist gut Gottes Segen Ihnen und Ihrer Familie herzliche Grüße Angelika

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