Christvesper 2013. Predigt zum Lied: „Es kommt ein
Schiff, geladen…“ von Hans Löhr
Liebe Freunde,
weit her, aus dem Nebel der Vergangenheit kommt ein
geheimnisvolles Schiff. Lautlos treibt es auf dem Meer der Zeit, bewegt von
Gottes Atem gleitet es dahin auf der Suche nach einem Hafen, wo es die kostbare
Ladung löschen kann. Es bringt den Sohn Gottes zu denen, die auf ihn warten.
Doch da geschieht etwas Besonderes: das Schiff wächst
und wächst. Aus den hölzernen Planken werden Wände aus Stahl. Große Aufbauten
streben an Deck in die Höhe. Jetzt können alle sehen, wie es an Afrikas
Westküste entlang fährt und alle paar Monate einen Hafen nach dem anderen
anläuft. In diesen Tagen ankert es in Point-Noire, der Hafenstadt des Kongo.
Die Nachricht von seiner Ankunft verbreitet sich in Windeseile im ganzen Land
und darüber hinaus.
Und dann kommen sie, die Blinden und Kranken. Sie
laufen oft weit über 100 km, angetrieben von der Hoffnung, geheilt zu werden.
Denn das Schiff, eine ehemalige Fähre, wurde zum größten schwimmenden
Krankenhaus umgebaut für die Ärmsten der Armen. »Africa Mercy«, Gnade für
Afrika, so heißt diese Schiff. Es gehört zu einer kleinen Flotte ähnlicher
Schiffe, die zeitgleich auf den Weltmeeren unterwegs sind. Und das ist bis
jetzt auf ihnen geschehen: 33.000 Menschen konnte das Augenlicht wiedergegeben
werden. 67.000 wurden operiert, darunter viele Kinder. 300.000 Zahnbehandlungen
wurden durchgeführt. Alle die kamen, wurden kostenlos medizinisch versorgt.
Fast allen von ihnen konnte geholfen werden.
Wer auf dem Schiff arbeiten will, ob als Arzt oder
Mitglied des Pflegepersonals oder als Teil der Mannschaft, tut das auf eigene Kosten.
Auch die Anreise, Verpflegung und Unterkunft müssen von der Besatzung aus
eigener Tasche bezahlt werden. Es ist für alle eine Ehre, auf diesem Schiff zu
arbeiten. Die „Africa Mercy“ mit ihren Operationssälen und teuren medizinischen
Geräten wird aus Spendengeldern finanziert. In einem großen, öffentlichen Raum hängt
ein Schild auf dem steht: »Wir folgen dem Beispiel von Jesus.« Ein Arzt sagt:
»Ich glaube, dass wir mit unseren Schiffen ein Ausdruck von Gottes Liebe für
die Menschen sind egal, woher sie kommen, was sie denken
oder glauben.«
oder glauben.«
„Es kommt ein Schiff geladen, bis an sein höchsten
Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewig Wort.« Für viele Menschen
in Afrika und in anderen Teilen der Welt ist das nicht nur ein Vers mit schönen
Worten, sondern Wirklichkeit.
Vor 68 Jahren erreichte das Schiff ein Straflager für Sudetendeutsche
mitten in Tschechien. Russen und Tschechen rächen sich für die Gräueltaten der
Deutschen während des Krieges in ihrem Land. Jetzt sind sie es, die den Feind
misshandeln. Sie töten und vergewaltigenden wahllos und willkürlich. Ein 14
jähriges Mädchen, eine Sudetendeutsche, ist im Lager lebensgefährlich erkrankt.
Die Männer fürchten, sich anzustecken und überlassen sie ihrem Schicksal. Sie wird
unter den Bedingungen des Lagerlebens sowieso bald sterben. Da kommt ein junger
Russe und kümmert sich um die Kranke. Er stiehlt für sie Essen und Medikamente.
Das Mädchen überlebt unbeschadet. Bald wird es mit anderen entlassen und aus seiner
Heimat vertrieben. Es kommt in unsere Gegend. Heute lebt die Frau immer noch.
Den jungen russischen Soldaten, der doch eigentlich ihr Feind war, hat sie
nicht vergessen.
„Es kommt ein Schiff geladen… Sein Segel ist die
Liebe, der Heilig Geist der Mast.“
Das Schiff mit der kostbaren Fracht kommt auch in
unserer Dörfer. In einem von ihnen ist die Oma ein Pflegefall geworden. Ihre
Kinder wollen, dass sie daheim bleiben kann. „Früher“, so sagen sie, „früher
hat sie so viel für uns getan. Jetzt geben wir ihr etwas davon zurück.“ Einfach
ist das nicht, sich rund um die Uhr bei der Pflege abzuwechseln. Aber sie tun
es und sie schaffen es. „Sein Segel ist die Liebe…“
An diesem Weihnachten ankert das geheimnisvolle Schiff
vor einer Kirche in Shubra, einem Stadtteil von Kairo. Die wenigen Christen in Ägypten
haben Angst vor Terroranschlägen radikaler Islamisten. Während sie heuer in der
Kirche den Weihnachtsgottesdienst feiern, wird vor der Tür der muslimische Salafist
Hamdi mit ein paar seiner Männer stehen. Sie werden bewaffnet sein mit Pistolen
und Gewehren. Und der Moslem wird die feiernde Christengemeinde schützen wie
schon im August, als er die Kirche 15 Tage gegen den muslimischen Mob
verteidigte, der sie niederbrennen wollte.
Das Schiff fährt und fährt und sucht einen Hafen, wo
es anlegen kann. Heute ist es lautlos zu
uns (in die Kirche) eingelaufen. Wo ist hier ein offenes Herz für die kostbare
Fracht, für den „Gottes Sohn voll Gnaden“, für das Kind der Liebe?
Das Schiff kommt zu dir. Es bringt dir das Jesuskind
„Gott hilft“ heißt sein Name, heißt Jesus auf Deutsch. Hast du in deinem Herzen
Platz für ihn? Er kommt um dir zu helfen. Aber er kommt auch, um anderen durch
dich zu helfen.
„Der Anker haft‘ auf Erden, da ist das Schiff an Land.
Das Wort will Fleisch uns werden. Der Sohn ist uns gesandt.“
Damals, in Bethlehem, ist das Wort in dem Krippenkind
Fleisch geworden, hat es Hand und Fuß bekommen, hat die Verlorenen aufgesucht
und die Kranken geheilt, hat getröstet und Schuld vergeben. Auf der „Africa
Mercy“ hat das göttliche Wort die Hände und Füße der Schiffsbesatzung bekommen,
in Tschechien die jenes jungen Russen, in unseren Dörfern sind dem Wort ‚Liebe‘
die Hände und Füße der pflegenden Kinder zugewachsen. In Kairo hält diese Hand
ein Gewehr.
Heute braucht dieses Wort, deine Hände, deine Füße
deine Augen und Ohren, deinen Mund und dein Herz. Und du kannst froh und
dankbar sein, wenn du soweit gesund bist und es dir soweit gut geht, dass du
genügend Kraft und Mittel hast, anderen zu helfen. Das tut auch dir gut.
„Zu Bethlehem geboren, im Stall ein Kindelein, gibt
sich für uns verloren; gelobet muss es sein!“
Warum ist Jesus wie ein Obdachloser in einem Stall
geboren? Weil es tiefer nicht mehr geht. So bringt ihn das Schiff mit dem Segel
der Liebe zu den Elenden und Armen. Es bringt ihn, das Kind aus der Futterkrippe
und den Mann am Kreuz, der nach unseren Maßstäben ein Verlierer ist, zu den
Verlorenen: zu den Kranken in Westafrika, zu dem verlorenen Mädchen im Straflager,
zur pflegebedürftigen Oma, zu den bedrohten Christen in Ägypten.
Weit her, aus dem Nebel der Vergangenheit kommt ein
geheimnisvolles Schiff. Lautlos treibt es auf dem Meer der Zeit, bewegt von
Gottes Atem gleitet es dahin auf der Suche nach einem Hafen, wo es die kostbare
Ladung löschen kann. Es bringt das Kind der Liebe zu denen, die darauf warten.
Es bringt den Sohn des Höchsten in die tiefsten Tiefen menschlicher Existenz.
Es bringt ihn auch zu dir. Kein Leid, das du erlebst, kein Abgrund, in den du
stürzt, keine Angst und keine Depression ist so tief, dass Jesus dich dort
nicht finden und daraus nicht retten könnte. Weil er selbst in dieser Welt zu
den Verlorenen gehörte, ist niemand verloren, der an ihn glaubt.
Und darum singen wir auch an diesem Heiligen Abend
wieder:
»Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue dich,
freue dich, o Christenheit!«
Amen
Link zur Predigt: mercyships.de
Das Lied „Es kommt ein Schiff geladen“ steht im Evang. Gesangbuch unter der Nummer 8 Verse 1 bis 4 und im katholischen Gotteslob.
Amen
Link zur Predigt: mercyships.de
Das Lied „Es kommt ein Schiff geladen“ steht im Evang. Gesangbuch unter der Nummer 8 Verse 1 bis 4 und im katholischen Gotteslob.
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