Samstag, 20. Juni 2015

Schlussstrich hl

Losung: Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten. Jesaja 53,5

Lehrtext: Christus hat unsre Sünde selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. 1.Petrus 2,24

Liebe Leserin, lieber Leser,

tust du dich schwer mit der biblischen Aussage, dass einer für alle hat leiden müssen, dass einer für andere die Sünde getragen und die Strafe auf sich genommen hat, dass ein Unschuldiger für die Schuldigen hat sterben müssen? Ich schon. Was für einen Sinn soll das haben und was hat das mit mir zu tun? Ich kann mich einer Antwort nur vorsichtig annähern. Und es kann keine allgemeingültige Antwort sein, sondern eine persönliche, vorläufige, die ich für mich gefunden habe.
Beispiel 1: Das kommt schon mal vor, dass es in unserer Familie Streit gibt, wer denn nun die Pistazien aufgegessen hat, die doch für alle gedacht waren. Wenn dann der Streit zu eskalieren droht, weil einer die Schuld auf den anderen schiebt, sage ich manchmal: ‚Na gut, dann war's eben ich. Und jetzt ist Schluss.‘ Die ideale Lösung ist das auch nicht. Aber das Streitfeuer fällt in sich zusammen und allmählich kehrt wieder Friede ein.
Beispiel 2: Wenn du auf dem Gehsteig eine zerbrochene Saftflasche siehst, dann bückst du dich, sammelst die Scherben ein und trägst sie zum nächsten Abfallbehälter. Mancher, der an dir vorbei geht, denkt dann: ‚Wie ungeschickt ist doch dieser Typ, dass er eine Flasche fallen lässt.‘ Aber das darf dir dann nichts ausmachen. Wichtig ist nur, dass die Scherben vom Gehsteig verschwinden und sich niemand verletzt oder weiterer Schaden entsteht. Es würde nichts bringen, nach dem Schuldigen zu fahnden. Der ist längst über alle Berge. Es bringt nur etwas, wenn du dich so verhält, als seist du selbst der Schuldige gewesen, der Verursacher der Scherben, und sie beseitigst.
Vielleicht weißt du noch ein besseres Beispiel, wie einer, der selbst keine Schuld hat, für die Schuld anderer einsteht.
Bei Jesus nun geht es nicht um solche Geringfügigkeiten wie aufgegessene Pistazien oder zerbrochene Saftflaschen, sondern um das Versagen, die Fehler und die Schuld von uns allen. Indem er das alles aufs Kreuz (Holz) hinaufgetragen hat, macht er deutlich: Gerechtigkeit heißt, dass man für die eigene Schuld einstehen und die Konsequenzen tragen muss. Sie kann aber auch heißen, dass einer bereit ist, für die Schuld anderer einzustehen und die Konsequenzen auf sich zu nehmen, damit endlich vergeben und ein Schlussstrich gezogen werden kann. Gott zeigt uns diesen Weg zum Frieden und zur Versöhnung. Er ist ihn in Jesus vorausgegangen. Doch wer hat die Kraft und die Größe ihm zu folgen?
Nein, ich erfasse den Sinn des Opfertodes Jesu am Kreuz in seiner ganzen Tiefe noch immer nicht. Und es wäre noch viel dazu zu sagen. Aber ich vertraue darauf, dass Gott mir vergibt, wenn ich ihn darum bitte, weil Jesus alle meine Schuld abgebüßt hat. Das befreit mich und motiviert mich, so zu leben, wie es ihm gefällt.

Gebet: Herr, ich danke dir, dass du mir mein Versagen nicht nachträgst. Du nagelst mich nicht auf meine Schuld fest. Du bist mir nicht böse und verfolgst mich nicht mit deinem Zorn. Um meines Bruders Jesus willen vertraue ich darauf, dass du mir vergibst, wenn ich dich aufrichtig darum bitte. Gib mir auch die Kraft, so zu leben, wie du es von mir erwartest und wie es mir und anderen gut tut. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

1 Kommentar:

  1. Um besser zu verstehen, versuche ich, die Spannung zunächst eine Weile zu halten und den Gedanken vom leidenden Gottesknecht nicht zu früh und zu einseitig auf Jesus Christus hin zu interpretieren. Wenn ich mich gedanklich in die Zeit Jesajas zurückversetze, finde ich die Vorstellung des leidenden Gottesknechts angesichts des vielen ungerechten Leids in der Welt einerseits und andererseits der Tatsache, dass Fehlverhalten oft keine ersichtliche Strafe nach sich zieht, sehr bemerkenswert.

    Er hilft dem Leidenden, seinem Leid nicht obendrein noch Selbstvorwürfe hinzuzufügen und motiviert den Sünder vielleicht, dem Leidenden zu helfen, weil ihn dessen Leid eben doch etwas angeht.

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