Losung: Es kommt die Zeit, da werde ich meinen Geist ausgießen über alle Menschen. Joel 3,1
Lehrtext: Petrus sprach: Da Jesus nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist und empfangen hat den verheißenen Heiligen Geist vom Vater, hat er diesen ausgegossen, wie ihr seht und hört. Apostelgeschichte 2,33
Liebe Leserin, lieber Leser,
was für ein Geist herrscht eigentlich in unserem Land? Ein Geist des Friedens und der Mitmenschlichkeit? Ein Geist der Freundlichkeit und der Dankbarkeit?
Angesichts dessen, wie gut es uns allen in Deutschland geht im Vergleich zu den Menschen in anderen Ländern, könnte man meinen, dass ein solcher guter Geist in unserem Land herrschen müsste. Mir ist durchaus bewusst, dass es auch etliche gibt, die auf der Schattenseite unserer Gesellschaft leben. Aber in welchem Land würden sie das nicht? Das ist kein Grund, sie zu übersehen und zu vernachlässigen. Sie bleiben eine Herausforderung für unser Land, dass auch ihr Schicksal erträglicher werde. Doch die weitaus meisten Menschen hier hätten allen Grund, mit ihrem Leben zufrieden zu sein.
Mein Eindruck ist ein anderer. Mich erschreckt, was man in Internetforen für hasserfüllte Kommentare liest zum Beispiel zu Meldungen von tagesschau-online oder was über das Verhalten mancher Leute auf den Marktplätzen unserer Republik berichtet wird, die ihre Wut und ihren Hass gegen Politiker und Minderheiten hinausbrüllen. Was für ein Geist ist nur in sie gefahren? Woher nur diese Aggressivität?
Ach dass doch die Zeit schon da wäre, von der in der Losung die Rede ist, die Zeit, in der Gott seinen Geist über alle Menschen ausgießt, über alle ohne Ausnahme. Aber haben nicht längst alle, die an Jesus Christus glauben und sich haben taufen lassen den Heiligen Geist empfangen? Petrus legt das zumindest nahe, wenn man die weiteren Bibelworte liest, die auf den heutigen Lehrtext folgen. Ich will das auch glauben. Aber ich weiß doch auch, wenn ich in mich hineinschaue, dass da immer auch noch ein anderer Geist ist. Er kommt nicht von Gott, sondern aus dem, was mich aufregt und treibt, aus einem gefährlichen Gemisch aus Gier und Furcht, Abneigung und Vorurteilen, Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit. Und so liegt in mir der eine Geist mit dem anderen im Streit. Welcher wird gewinnen? Der, den ich füttere, dem ich in mir Raum gebe und freien Lauf lasse.
Jedenfalls kann und will ich von mir nicht sagen, dass ich den Heiligen Geist gepachtet hätte. Und ich bin auch allen anderen gegenüber höchst skeptisch, die von sich den Eindruck erwecken als hätten sie ihn gepachtet. Kein geweihter katholischer Priester, kein ordinierter evangelischer Pfarrer besitzt den Heiligen Geist. Wir alle zusammen können nur immer wieder neu darum bitten, dass wir ihn empfangen, wenn der Ungeist in uns wütet und nach Alleinherrschaft schreit.
Offenbar verhalten sich Geist und Ungeist wie eine Flüssigkeit, die alles durchdringt. Der Heilige Geist ist wie frisches, klares Quellwasser, das Gott "ausgießt", das den Durstigen belebt. Der Ungeist aber ist wie Meerwasser, das den Durst nicht löschen kann, das nur noch durstiger macht, den Organismus vergiftet und tötet.
Und so führt mich die Frage, was für ein Geist in unserem Land herrscht zuerst zu mir. Was für ein Geist herrscht in mir? Wes Geistes Kind bin ich? Welchen Gefühlen und Gedanken gebe ich in mir Raum? Was sind meine Maßstäbe? Woran orientiere ich mich? Was hilft im Zusammenleben mit anderen und was schadet? Was stärkt meinen Glauben und was schwächt ihn?
Einmal wird Gott seinen guten Geist ausgießen über alle (!) Menschen. Bis dahin liegen Geist und Ungeist noch miteinander im Streit: in der Welt, in unserem Land, in mir. Bis dahin kann ich mich täglich neu entscheiden, welchem Geist ich folge.
Gebet: Herr, ich bitte dich um deinen Heiligen Geist, dass mein Glaube wachsen und meine Liebe zu dir und meinen Mitmenschen blühen kann. Ich bitte dich um deinen Geist für alle deine Menschen, dass sich der Friede durchsetze und die Freundlichkeit siege. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
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