Sonntag, 18. November 2018

Was dem Frieden dient (Predigt) hl

Predigt zum Volkstrauertag 2018 über Lukas 19,41-43

Liebe Gemeinde,

»Wenn doch auch du heute erkannt hättest, was dem Frieden dient!« Damit beginnt das heutige Bibelwort für diese Predigt. Manche von euch kennen diesen Satz. Manche sagen: Diese Worte sind 2000 Jahre alt, sie haben mit uns heute nichts mehr zu tun. Ich sage: Was Jesus den Menschen damals gesagt hat, das sagt er uns heute. Wer damals auf ihn gehört hat, dessen Leben hat sich zum Guten verändert. Wer heute auf ihn hört, erlebt das ebenso.
     Doch wie kann man das verstehen? Höre ich heute auf Jesus, werde ich nicht schlagartig gesund, wenn ich krank bin; nicht schlagartig reich, wenn ich arm bin; nicht schlagartig glücklich, wenn ich unglücklich bin. Doch der Glaube verändert meine Einstellung zur Krankheit, zum Geld, zum Unglück. Der Glaube hilft mir, mit den Widrigkeiten meines Lebens, mit meinen Ängsten, Sorgen und Problemen zu leben.
     Nein, Jesus ist kein Zauberer. Er zaubert das, was negativ ist, nicht Simsalabim weg. Doch wer in seinem Geist lebt, für den ändert sich das Leben und er selbst ändert die Welt. Das behaupte ich nicht nur, das habe ich erlebt und erlebe es bei anderen. Meistens sind das keine spektakulären Änderungen. Sein Geist wirkt mehr im Verborgenen, auf eine stille Art, sanft, aber nachdrücklich, scheinbar wirkungslos und doch mit großer Kraft.
     Mein Leben hat sich nach und nach geändert, als ich das, was mir sehr weh getan und mich enttäuscht hat, - als ich das im Glauben angenommen habe. Das ging nicht von heute auf morgen. Das war ein langer Prozess über Jahre. Irgendwann war es dann soweit, dass ich mich mit der Wirklichkeit arrangiert habe oder besser gesagt, dass ich mich mit der Situation, so wie sie ist, versöhnt habe. Damit sind die negativen Gefühle, ist mein Unglücklichsein, meine Enttäuschung verschwunden. Das hat mir zum Frieden gedient, wie es im Bibelwort heißt.
     Ohne meinen Glauben, hätte ich das nicht geschafft. Mir haben meine Gebete geholfen. Vor allem hat mir geholfen, dass ich Gott immer wieder gedankt habe für das, was in meinem Leben doch gut ist. Das hat mir einen anderen Blick auf mich selbst und die Welt verschafft. Das hat mich dankbar und zufrieden gemacht. Und was, liebe Freunde, was will man mehr?
Im Licht meines Gottvertrauens ist mir bewusst geworden, dass da nicht nur mein Wille am Werk war, sondern dass Gott mir diesen anderen Blick geschenkt hat und ich mit seiner Hilfe über die Probleme hinweggekommen bin.

Doch im Glauben geht es ja nicht nur mich persönlich. Im Bibelwort heute geht es um den Frieden zwischen den Völkern. Da heißt es:
     41 Als Jesus die Stadt Jerusalem vor sich liegen sah, weinte er über sie. 42 »Wenn doch auch du heute erkannt hättest, was dir Frieden bringt!«, rief er. »Aber jetzt bist du mit Blindheit geschlagen. 43 Es kommt eine Zeit, da werden deine Feinde dich dem Erdboden gleichmachen und deine Bewohner töten. Denn du hast die Gelegenheit, als Gott dir nahekam, nicht genutzt.«
     Wie gesagt, dieses Wort galt nicht nur den Bewohnern Jerusalems zur Zeit Jesu, es gilt unverändert durch die Zeit auch uns heute. Auch wir müssen uns nicht nur heute am Volkstrauertag  fragen, was zu unserem Frieden dient. Wir haben allen Grund dazu, weil seitdem Jesus dieses Wort gesagt hat, gerade auch in seinem Namen zahllose Kriege geführt worden und zahllose Menschen in einem Ozean von Blut und Tränen untergegangen sind.
     Was aber dient dem Frieden? Dazu möchte ich zunächst mit euch darüber nachdenken, was dem Frieden nicht dient, was zu Konflikten und schließlich auch zum Krieg führt. Damals wie heute waren es negative Gefühle wie Überheblichkeit, Gier, Rachsucht, Größenwahn und immer wieder der dreimal verfluchte Nationalismus. Und durch alle Zeiten galt dasselbe Motto: Wir sind im Recht, wir sind die Guten. Die anderen sind im Unrecht, sie sind die Bösen. Gegen sie müssen wir rüsten, vor ihnen auf der Hut sein und ihnen möglichst zuvorkommen, bevor sie uns angreifen.
     So ist das bis heute. Man braucht den äußeren Feind, um nach innen die Reihen fest zu schließen. Man braucht die Minderheiten, um ihnen die Schuld für all das geben zu können, was im eigenen Land nicht gut läuft. Man braucht Militär und Waffen, um sich stark und sicher zu fühlen. Man muss dem Feind, den man sich selbst geschaffen hat, drohen, um ihn umso gefährlicher erscheinen zu lassen. Das alles dient nicht dem Frieden. Das alles führt seit Jahrtausenden immer wieder von Krieg zu Krieg.
     In diesem Jahr erinnern wir an das Ende des ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Dabei sollten wir auch daran denken, wie er begonnen hat. Den Völkern in Europa ging es verhältnismäßig gut. Kunst und Wissenschaft blühten, die Wirtschaft wuchs, das Elend der unteren Schichten nahm ab. Doch die Königshäuser in Europa gönnten sich gegenseitig nicht das Schwarze unterm Fingernagel. Gerade weil sie alle miteinander verwandt waren, wollte man es den anderen zeigen, wer es besser kann, wer mächtiger ist, wer das stärkere Militär hat. Und so genügte ein verhältnismäßig kleiner Anlass, um wie von Sinnen aufeinander einzuschlagen.
     Als der Krieg begann, liefen in ganz Europa die Leute auf die Straße und waren begeistert. Jetzt endlich war es mit dem langweiligen Frieden vorbei. Jetzt endlich passierte etwas. Jetzt endlich konnte man es der Welt zeigen, wer die glorreiche Nation ist, welches Volk das größte ist. Und so herrschte zu Beginn des Krieges ein heute nicht mehr vorstellbarer Jubel. Vier Jahre und 20 Millionen Tote später war die Ernüchterung groß. So hatte man sich das dann doch nicht vorgestellt.
     Warum ich das erzähle? Weil ich gewisse Parallelen zu unserer heutigen Situation sehe. Auch in unserer Zeit geht es den Völkern Europas so gut wie noch nie in der Geschichte. Doch statt zusammenzuarbeiten, breitet sich in immer mehr europäischen Staaten der Nationalismus von neuem aus und will das Friedensprojekt „Vereintes Europa“ von innen her zerstören. Und wieder ist das Motto so ähnlich wie vor gut 100 Jahren: „Unser Volk, unser Land zuerst! Wir lassen uns doch von Europa nicht Regeln und Gesetze diktieren. Wir nehmen unser Schicksal in die eigene Hand und leben so, wie es uns gefällt. Raus aus der EU! Fort mit der EU!“
     Mir kommt unsere Situation heute so vor wie es in einem Sprichwort heißt: „Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis.“  Um Gottes und der Menschen willen NEIN!
Wie sagte Jesus noch mal? »Wenn doch auch du heute erkannt hättest, was dir Frieden bringt!  Aber jetzt bist du mit Blindheit geschlagen. Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Denn du hast die Gelegenheit, als Gott dir nahekam, nicht genutzt.«
     Was ich im Glauben persönlich erlebt und wovon ich zu Beginn gesprochen habe, das gilt meines Erachtens auch im Großen. Der Glaube an Gott, so wie er uns in Jesus Christus nahekommt, hilft uns, uns selbst und diese Welt in einem anderen, in einem neuen Licht zu sehen. Er befreit uns aus der Knechtschaft unserer eigenen, negativen Gefühle. Er zeigt uns, wie kurz unser Leben ist und wie dumm wir wären, wenn wir es uns gegenseitig zur Hölle machten. Durch den Glauben erfahren wir, dass wir nur gemeinsam eine gute Zukunft haben. „Leben und leben lassen“ – das, so sagt man, sei die bayerische Lebensart. Ich wünsche mir sehr, dass das so stimmt.
     Was dem Frieden im Großen dient, im Staat, in der Politik, das üben wir im Kleinen ein, in der Familie, am Arbeitsplatz. Wer sich da, wo er lebt und arbeitet im Griff hat, leistet einen kleinen, aber dennoch unverzichtbaren Beitrag zum Frieden im Großen. Wer den Hass aus seinem eigenen Herzen verbannt, hilft mit, ihn aus unserem Land zu verbannen. Wer auf Gewalt verzichtet, stärkt den Frieden in unserer Gesellschaft und Welt.
     Es gibt eine ganz einfache Regel, nach der das Zusammenleben im Kleinen wie im Großen funktioniert. Sie steht in der Bergpredigt Jesu und heißt: »Alles, was ihr euch von anderen wünscht, das tut ihnen zuerst!« 
     Das ist es, was dem Frieden dient. Dieses Wort gilt damals wie heute. Vielleicht sind wenigstens wir klüger und hören darauf.
Amen

1 Kommentar:

  1. Es tut mir leid, es ist immer wieder eigenartig: Sobald als Beispiele die Politik herangezogen wird, wird es oberflächlich und verzerrt - darunter leidet aus meiner Sicht die Qualität einer Bibelauslegung. Der Auslöser für den 1. Weltkrieg begann mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien nach dem tödlichen Attentat in Sarajevo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau. Der deutsche Kaiser sicherte Österreich aufgrund eines Beistandspakts Unterstützung zu und damit erweiterte sich das Unheil und führte in ganz Europa zu Revolutionen. Also: Der Auslöser war der Mord an der kaiserlichen Familie. Bitte nicht immer wieder Ängste schüren: Nationalismus breitet sich nicht aus, aber etliche Nationen müssen es wohl selbst in die Hände nehmen, nachdem die EU-Bürokraten auf einem Weg sind, der ökonomisch letztlich sowieso nicht, aber auch nicht politisch, so nie funktionieren kann - zumal inzwischen viel zu viele Rechtsbrüche stattfanden und somit das Vertrauen auf Null ist. Es fordert(bislang) kein Staat und keine Partei, die EU aufzulösen - aber die EU müsste sich ändern und von ihrem bisherigen Größenwahn (!) eines Zentralstaats EU oder die 'Vereinigten Staaten von Europa'lassen. GB will genau deshalb austreten! Der Größenwahn setzt sich doch in den ständigen Äußerungen der Politiker fort und Ähnliches hatten wir doch schon mal vor 80 Jahren. Man kann oder will nicht mal mehr zwischen EU und Europa unterscheiden: Man spricht immer von Europa und meint die EU und ignorieren, dass die EU nur ein Teil von Europa ist! Europa geht bis zum Ural und die Schweiz, Norwegen, GB weiterhin, liegen trotzdem in Europa, auch wenn sie nicht in der EU sind. Der Schweiz und Norwegen geht es deutlich besser als uns oder in der EU. Abgesehen vom kalten Krieg (es wurde Gott sei Dank kein Krieg, auch aufgrund des militärischen Schutzschirms der Allierten!) hat Europa seit Kriegsende Frieden - die EU in dieser Form gibt es aber erst seit 1993. Also bitte der momentanen EU nicht mehr zubilligen, als ist.

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