Losung: Lasst uns gehen, den HERRN anzuflehen und zu suchen
den HERRN Zebaoth; wir wollen mit euch gehen. Sacharja
8,21
Lehrtext: Als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie
hinaus an den Ölberg. Markus 14,26
Liebe Leserin, lieber Leser,
heute vor 75 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg,
in der Oberpfalz ermordet. Er gehörte zu den Männern des 20. Juli 1944, die
versucht hatten, Adolf Hitler zu töten und so den Krieg, den Massenmord in den
Vernichtungslagern und die Tyrannei zu beenden. Bonhoeffer war Pazifist und
lehnte Krieg ab und damit auch die Gewalt. Aber ihm war auch klar, dass es
Entscheidungen gibt, wo man sein eigenes Gewissen hintanstellen muss, wo man
bereit sein muss, Schuld auf sich zu nehmen und vor den vielleicht tödlichen Folgen
nicht zurückzuschrecken. Prinzipien sind das eine. Verantwortliches Handeln,
das Prinzipien überbietet, das andere. Dietrich Bonhoeffer hat verantwortlich
gehandelt. Er wollte vor Gott und den Menschen Antwort geben können auf die
Frage, die nach dem Nazi-Terror an die Deutschen gestellt wurde: ‚Was habt ihr
dagegen getan?‘
Dietrich
Bonhoeffer war Widerstandskämpfer. Er war Theologe und Pfarrer. Aber vor allem
war er Christ. Und als solcher ist er mein Vorbild und mein Lehrer. Er hatte
sich in den letzten Jahren seines Lebens, besonders in den Gefängnisjahren, von
traditionellen theologischen Vorstellungen gelöst. Seine Gedanken sind für die
Kirche noch heute eine Zumutung und Herausforderung.
Kirche für andere
Kirche für andere
So schrieb
er aus der Todeszelle: »Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.
Um einen Anfang zu machen, muss sie alles Eigentum den Notleidenden schenken.
Die Pfarrer müssen ausschließlich von den freiwilligen Gaben der Gemeinden
leben, eventuell einen weltlichen Beruf ausüben. Sie muss an den weltlichen
Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftsleben teilnehmen, nicht herrschend,
sondern helfend, dienend … Nicht durch Begriffe, sondern durch ‚Vorbild‘
bekommt ihr Wort Nachdruck und Kraft.«
Und zu
unserem Verhältnis zu Gott schreibt er: »Es ist kein „religiöses“ Verhältnis zu
einem denkbar höchsten, mächtigsten, besten Wesen, sondern unser Verhältnis zu
Gott ist ein neues Leben im „Dasein-für-andere“, in der Teilnahme am Sein Jesu.«
In
einem anderen Brief schreibt er: »Gewiss ist, dass wir immer in der Nähe und
unter der Gegenwart Gottes leben dürfen und dass dieses Leben für uns ein ganz
neues Leben ist; dass es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, da es für Gott
nichts Unmögliches gibt; dass keine irdische Macht uns anrühren kann ohne
Gottes Willen, und dass Gefahr und Not uns nur näher zu Gott treibt;«
Glauben in voller Diesseitigkeit
Glauben in voller Diesseitigkeit
Und
schließlich: »Erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens lernt man glauben.
Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen – sei es
einen Heiligen oder einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann, einen
Gerechten oder einen Ungerechten, einen Kranken oder einen Gesunden.«
»Immer
unter der Nähe und unter der Gegenwart Gottes leben dürfen« – das ist die
Antwort auf die heutige Losung. Wir brauchen ihn nicht mehr religiös „anzuflehn und zu
suchen“. Er ist da. Ihn kann ich loben und ihm danken in jeder Situation meines
Lebens, gerade in schweren Stunden
Und
dann kann ich auch mit Jesus »hinaus an den Ölberg gehen« und, wenn es sein
muss, hinein in das Leiden. Die Kraft dazu kommt aus dem Gebet, das Jesus im
Garten Gethsemane unter Tränen gesprochen hat: „Nicht wie ich will, sondern wie
du, Vater, willst.“ Daran denken wir am heutigen Gründonnerstag. Alles, was
geschieht, geschieht nur in Übereinstimmung mit Gottes Willen. Manchmal
verstehe ich ihn nicht. Doch ich vertraue darauf, dass endlich gut werden wird,
was er will und nicht was ich will.
Gebet: Herr, in dem
Augenblick, da du hinaus an den Ölberg gegangen bist, mitten hinein ins
Leiden und Sterben, in diesem Augenblick ist all unser religiöses Brimborium,
unser kirchliches Gehabe, unser eigensüchtiges Beten wie eine Seifenblase zerplatzt.
Von jener Stunde an bis heute gilt nur noch, das anzunehmen, was Gott will, die
Freude wie das Leiden. Gib mir dazu den Glauben und die Kraft. Amen
Ich grüße dich herzlich und wünsche dir guten Mut!
Hans Löhr
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