Losung: Der HERR, dein Gott, ist bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt. 5. Mose 2,7
Lehrtext: Paulus schreibt: In allem erweisen wir uns als Gottes Mitarbeiter: Wir bleiben standhaft in Bedrängnissen und Not, in Schwierigkeiten und Ängsten. Wir sind geduldig und freundlich und leben aus Gottes Kraft. In allen Traurigkeiten bleiben wir fröhlich. Wir sind arm und machen doch viele reich. Wir haben nichts und besitzen doch alles. 2. Korinther 6,4.7.10
Liebe Leserin, lieber Leser,
Fluchterfahrungen, von denen die heutige Losung spricht, habe ich nicht gemacht. In diesem Bibelwort schaut Mose auf die Zeit zurück, als er mit den Israeliten aus Ägypten geflohen und dann vierzig Jahre durch die Wüste Sinai gezogen ist. Er kommt zu dem Schluss und sagt zu ihnen: »Der HERR, euer Gott, hat immer dafür gesorgt, dass es euch an nichts gefehlt hat. Er hat euch gesegnet und all eure Arbeit gelingen lassen. Durch diese weite Wüste hat er euch begleitet und hat euch die ganze Zeit beigestanden.«
Aber bei Kriegsende, in der Wüstenzeit von Flucht und Vertreibung, haben Millionen Deutsche aus den ehemaligen Ostgebieten diese Erfahrung gemacht. Sie haben den Krieg überlebt und die Flucht und sind buchstäblich mit leeren Händen im Westen angekommen. Manche mussten damals hungern, aber sie sind nicht verhungert. Fast alle waren erstmal obdachlos, aber sie haben ein Dach gefunden. Das waren für sie oft sehr schwere Zeiten. Doch sie haben immer so viel bekommen, dass sie weiterleben konnten. In den folgenden 40 Jahren lebten die meisten nach und nach in zunehmendem Wohlstand. Sie bauten ein eigenes Haus, hatten eine gut bezahlte Arbeit, ein eigenes Auto und zuletzt eine gute Rente. Eigentlich fehlte ihnen nichts zum Leben. Ob sie das in der Rückschau auch sagen konnten: ' Der HERR, unser Gott, hat immer dafür gesorgt, dass es uns an nichts gefehlt hat'? Hätte damals jemand zu ihnen gesagt, welch glänzende Zukunft auf sie wartet, sie hätten es nicht geglaubt. Aber dann wurde es eben selbstverständlich, dass es immer besser ging, und das "Wirtschaftswunder" wurde zur Normalität. Und Gott? Ach, den gibt's ja auch noch. Oder vielleicht doch nicht?
Ich habe in meinem bisherigen Leben keinen Krieg, keinen Hunger und keine Flucht erleben müssen. Ich weiß nicht, wie das ist, wenn man mit null anfängt. Ich kenne nur Friedenszeiten, wachsenden Wohlstand und ein Leben ohne Mangel und Not. Und ich weiß, dazu gibt es zwei Betrachtungsweisen. Die eine geht davon aus, dass wir Deutsche eben ein tüchtiges Volk sind und mit unserer Hände Arbeit diesen Wohlstand geschaffen haben. Die andere sieht in dem allen Gott am Werk, der es uns in diesem Land ermöglicht hat, so weit zu kommen trotz allem, was sich unser Volk vor 75 und mehr Jahren zu Schulden hat kommen lassen.
Manche der ehemaligen Flüchtlinge blieben „in Bedrängnissen, in Not und Schwierigkeiten standhaft“ (Lehrtext) und waren Gott ihr Leben lang dankbar und treu. Ich hatte einige von ihnen persönlich kennengelernt. Sie konnten Gottes Willen annehmen, auch wenn sie ihn nicht immer verstanden und blieben dennoch „geduldig, freundlich und liebevoll“. Ich hatte den Eindruck, dass sie so wie Paulus, von dem der Lehrtext stammt, „aus Gottes Kraft lebten.“ Und so hatte der eine und die andere auch zu mir gesagt: „Ohne seine Kraft hätte ich das alles nicht überstanden. Ohne seinen Segen hätte ich den Neuanfang nicht geschafft.“
Ob ich in so einer Lage auch standhaft und geduldig, dankbar und treu geblieben wäre? Ich weiß nicht. Aber es reichen oft schon die alltäglichen Herausforderungen unserer Tage, um mein Gottvertrauen und meine Freundlichkeit auf die Probe zu stellen.
Gebet: Herr, im Vergleich zu anderen habe ich keine äußere Not und Bedrängnis erleben müssen. So gesehen bin ich ein Glückskind oder besser ein Kind deiner unverdienten Gnade. Dafür danke ich dir und vertraue darauf, dass du mir auch künftig gibst, was zum Leben reicht. Amen
Herzliche Grüße!
Ihr / dein Hans Löhr
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