Freitag, 15. September 2023

Brennendes Herz hl

Losung: Mein Herz wendet sich gegen mich, all mein Mitleid ist entbrannt. Ich will nicht tun nach meinem grimmigen Zorn. Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch, heilig in deiner Mitte. Hosea 11,8.9 

Lehrtext: Jesus spricht: Ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette. Johannes 12,47                                                        


Liebe Leserin, lieber Leser,

ein Sprichwort sagt: „Den Neid der anderen muss man sich verdienen; Mitleid bekommt man geschenkt.“ Hier hat das Wort „Mitleid“ einen abschätzigen Klang. Wer will schon bemitleidet werden? Das würde doch bedeuten, dass einem etwas fehlt, dass man so ist, wie andere nicht sein wollen. Beneidet werden hingegen, die so sind, wie man selbst gerne sein möchte. So ist das bei uns Menschen.

Und wie ist das bei dir? Möchtest du denn gerne bemitleidet werden? Also ich nicht. Ich möchte mit meinen Problemen und Schwierigkeiten möglichst allein fertig werden können, ohne auf Mitleid und fremde Hilfe angewiesen zu sein. Selbst ist der Mann!

Kalter Zufall und mitleidloser Gott?

Hm, aber möchte ich auch, dass meine Mitmenschen mir gegenüber mitleidlos sind? Möchte ich denn selbst ohne Mitleid sein? Möchte ich denn in einer Welt ohne Mitleid leben? Und möchte ich erst recht unter einem mitleidlosen Himmel wohnen, wo mich der Zufall kalt anblickt oder ein mitleidloser Gott?

Ich bewundere diejenigen Bewohner auf der kleinen italienischen Insel Lampedusa, die jetzt die tausenden von Geflüchteten notdürftig versorgen, die vorgestern und gestern auf vielen Booten aus Nordafrika gekommen sind. Sie fragen nicht erst lange, ob die Fluchtgründe berechtigt sind. Sie warten nicht erst auf staatliche Hilfe, die, wenn überhaupt, nur sehr spärlich fließen wird. Sie warten schon gar nicht darauf, dass andere europäische Länder bereit sind, die Menschen aufzunehmen.

Sie schaffen einfach auf eigene Kosten Lebensmittel und Wasser herbei und versuchen den Kranken und Verletzten so gut es geht zu helfen. Sie tun das, obwohl sie, soweit ich weiß, von der eigenen Regierung und von vielen ihrer Landsleute dafür kritisiert werden. Sie tun das, weil nun einmal die Menschen da sind und man sie nicht ins Meer zurücktreiben oder verkommen lassen darf. Sie tun das, weil, um mit der Losung zu sprechen, „ihr Herz von Mitleid entbrannt ist“. Das ist das stärkste Argument, warum man den Geflohenen einfach helfen muss.

Aufnahme und Ablehnung von Geflüchteten

Ja ich weiß, die Aufnahme von vielen Geflüchteten stellt jedes Land vor Probleme. Viele haben vor den Fremden einfach Angst und lehnen sie schon deshalb ab. Ich weiß auch, dass am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach die deutschen Flüchtlinge aus Ostpreußen, Westpreußen, Schlesien und dem Sudetenland von den eigenen Landsleuten im Westen oft nur widerwillig aufgenommen wurden, obwohl sie auf der Flucht und bei der Vertreibung unter den Gewalttaten der Roten Armee unsäglich gelitten haben. Da hat sich bitter gerächt, dass zuvor die deutsche Nazi-Wehrmacht die Sowjetunion überfallen und den Menschen dort großes Leid zugefügt hatte.

Gut, das kann man alles diskutieren, analysieren und politisch einordnen. Aber alles Reden, Schreiben und Senden in den Medien ändert nichts an der Tatsache, dass Menschen fliehen und Hilfe brauchen und dass sie deshalb auf das Mitleid anderer angewiesen sind.

Wer wird einmal mit mir Mitleid haben?

Und dann denke ich mir, wer weiß, auf wessen Mitleid ich noch angewiesen sein werde. Vielleicht ist es dann eine Afrikanerin, die gestern in Lampedusa angekommen ist und auf verschlungenen Pfaden nach Deutschland kommen und dort eine Ausbildung als Pflegekraft machen wird. Und ich frage mich, ob alle, die die Asylsuchenden bei uns ablehnen, bereit sind, zu unterschreiben, dass sie einmal im Bedarfsfall auf die Pflege durch einen solchen Menschen verzichten werden.

Ich glaube, Gottes Mitleid zeigt sich auch darin, dass er mir und vielleicht auch dir einmal durch solche Menschen helfen wird, dass er uns durch eine Afrikanerin oder durch einen Afrikaner zum „Nächsten“ wird wie jener Samariter dem unter die Räuber gefallenen Juden, wovon Jesus erzählt (Lukas 10.25-37). Und das Pikante an dieser Geschichte ist ja, dass damals die Juden die Samariter als falschgläubig und unrein abgelehnt haben.

Nicht Richter, sondern Retter

In Jesus kommt Gott jedenfalls nicht als Richter zu uns, sondern als Retter (Lehrtext), nicht als einer der ausgrenzt, sondern annimmt, nicht als einer der straft, sondern hilft und heilt und zwar ohne Ansehen der Person und ihres Glaubens. Dazu kann ich nur sagen: Gott sei Dank!

Gebet: Herr, wo ein Mensch für einen anderen oder für ein Tier Mitleid empfindet, bist du zugegen. Wo der Mensch dem Menschen kein Wolf ist, sondern zum Helfer wird, bist du zugegen. Wo ich dir mein Herz und meine Möglichkeit zu helfen zur Verfügung stelle, bist du zugegen. Mitleid und Hilfsbereitschaft unter uns Menschen sind für mich starke Hinweise, dass du für uns da bist. Amen

                                                                                                                   

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärk. Sten wachsen lässt. 

1 Kommentar:

  1. Der Gründer von Cap Anamur ,Rupert Neudeck wurde später von einem geretteten Boat People im Krankenhaus behandelt, nachdem dieser in Deutschland Medizin studierte.

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