Losung: Biete deine
Hand nicht einem, der Unrecht tut, indem du als Zeuge Gewalt deckst. 2.Mose 23,1
Lehrtext: Legt die
Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten. Epheser
4,25
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ – so sagt man,
wenn ein Polizist einen Polizisten, ein Richter einen Richter, ein Arzt einen
Arzt, ein Pfarrer einen Pfarrer deckt. Schließlich muss man doch unter
seinesgleichen zusammenhalten, oder? Nein, muss man nicht. Das jedenfalls sagt
das heutige Losungswort. Es verpflichtet jeden von uns zur Wahrhaftigkeit,
besonders vor Gericht.
Schön wär's, wenn man sich darauf verlassen könnte. Aber
stattdessen gelten statt der Gebote Gottes die Gebote der sogenannten ‚drei
heiligen Affen‘ (Wolf Biermann): Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
In der Nazizeit waren sie für unsere Eltern und Großeltern nahezu Gesetz. Und
als man danach die Deutschen gefragt hat, ob sie denn gewusst haben, was mit
den Juden geschah, da waren die meisten plötzlich blind, taub und stumm. Da
wollten viele nichts gesehen und gehört haben und sagten deshalb auch nichts
dazu. Man wollte eben keine Schwierigkeiten, keine Scherereien, auch wenn es
zulasten der Opfer gegangen ist.
Und heute? Ist es heute besser? Urteilen Sie
/ urteile du selbst. Wie ist das am Arbeitsplatz oder in der Schule?
Wie ist das, wenn die Nachbarn ihre Kinder schlagen? Wenn der Schwager Steuern
hinterzieht? Wenn die Cousine die Versicherung betrügt? Wie ist das, wenn der
größte Bauern im Dorf auch sonntags ohne Not seine Maschinen über Wiesen und
Felder rattern lässt? Wenn der Feuerwehrkommandant am Stammtisch Naziparolen
verbreitet und gegen Flüchtlinge hetzt? … Wer macht dann schon den Mund auf?
Auch die halbe Wahrheit ist eine Lüge, eine ganze Lüge. Auch
das Schweigen über das, was böse ist, ist böse.
Als Christen hätten wir keinen Grund, feige zu sein.
Schließlich gehören wir dem, der von sich sagt: »Ich bin die Wahrheit.« Und der
zu uns sagt: »Die Wahrheit wird euch frei machen.« Damals in Jerusalem vor dem
Gericht der Kirchenführer hätte Jesus sich kleinlaut aus der Affäre ziehen
können. Er hätte nur dem abschwören müssen, was er von Gott gesagt und in
seinem Namen getan hatte. 1500 Jahre später hätte Martin Luther vor dem
Reichstag in Worms nur seine Schriften widerrufen müssen und er hätte nicht
Kopf und Kragen riskiert. Heute kommt es uns zugute, dass Jesus für uns ans
Kreuz gegangen und Martin Luther vor Kaiser und Kirche standhaft geblieben ist.
Ob uns das mutiger macht?
Gebet: Herr, ich weiß, Feigheit ist keine verzeihliche Schwäche,
sondern Komplizenschaft mit dem Bösen. Und trotzdem bitte ich dich, dass du
mir verzeihst, wenn ich weggeschaut habe, wo ich hätte hinschauen sollen, wenn
ich weggehört habe, wo ich hätte hinhören sollen, wenn ich geschwiegen habe, wo
ich hätte reden sollen. Du hast auch dem Petrus verziehen, der dich verleugnet
hat. Gib mir die Kraft, dass ich hinschaue und hinhöre und den Mund aufmache,
wenn Unrecht geschieht. Amen
Herzliche Grüße
Ihr / dein Hans Löhr
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