Dienstag, 18. Dezember 2018

zart, zärtlich, selig hl

LosungAbraham glaubte dem HERRN, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit. 1.Mose 15,6 

Lehrtext: Abraham wurde stark im Glauben und gab Gott die Ehre und wusste aufs Allergewisseste: Was Gott verheißt, das kann er auch tun. Römer 4,20-21 

Liebe Leserin, lieber Leser,

glaubst du an Gott oder glaubst du Gott? Abraham, der in der Bibel als Vorbild des Glaubens dargestellt wird, glaubte Gott. So sagt es die Losung. Und genau darum geht es auch meiner Meinung nach. Denn glauben im biblischen Sinn heißt nicht, „etwas nicht so genau wissen“ und auch nicht „etwas fürwahrhalten“ oder "an etwas glauben", sondern vertrauen. Die Kirchen haben in ihrem Eigeninteresse von den Gläubigen verlangt, bestimmte Sätze wie die Jungfrauengeburt für wahr zu halten und auch bestimmte Vorstellungen wie das Fegefeuer oder die Hölle. Jesus fordert so etwas nicht. Er lädt uns ein, unser ganzes Vertrauen auf den barmherzigen Gott zu setzen und das auch dann noch, wenn schreckliche Dinge passieren und wir von ihm nichts zu spüren meinen.

     Ich vertraue auch dem Apostel Paulus nicht, sondern Gott. Wenn Paulus schreibt, dass Abraham „auf das Allergewisseste gewusst“ habe, dass Gott tut, was er verheißt, dann nimmt er den Mund zu voll. Er hat ihn doch gar nicht gekannt. Auf das Allergewisseste weiß ich, dass 1 +1 = 2 ist. Aber der Glaube ist keine Mathematik. Und selbst in der Strukturwissenschaft Mathematik und in den Naturwissenschaften ist man inzwischen vorsichtig geworden, dass man etwas „auf das Allergewisseste“ wissen könne. 

     Ich erlebe meinen Glauben als ein zartes Gebilde, das man mit den groben Fäusten einer angeblichen Gewissheit schnell zerreißt. Mein Gottvertrauen steht nicht felsenfest. Ich muss es immer wieder neu bewähren. Muss mich mancher Zweifel erwehren. Oder besser gesagt: Ich muss es nicht, ich will es. Und warum? Weil ich darauf vertraue, dass Gott jederzeit bei mir ist und mich liebt. So verstehe ich Jesus. Und darin folge ich ihm. Denn „er hat keinen neuen Glauben gebracht, sondern einen neuen Wandel" (Lebensweise)

     Das schreibt ausgerechnet der glühende Atheist und schärfste Kritiker des Christentums, der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900). Er schreibt - und darin ist er hellsichtiger als die meisten Theologen und Gläubigen und tiefsinniger als die meisten Atheisten: Für Jesus ist »jedwedes Distanzverhältnis zwischen Gott und Mensch abgeschafft. Die Seligkeit wird nicht verheißen, sie wird nicht an Bedingungen geknüpft: sie ist die einzige Realität.« Daraus folgt »Nicht ein ‚Glaube‘ unterscheidet den Christen: Der Christ handelt, er unterscheidet sich durch ein anderes Handeln. Dass er dem, der böse gegen ihn ist, weder durch Wort, noch im Herzen Widerstand leistet. Dass er keinen Unterschied zwischen Fremden und Einheimischen, zwischen Juden und Nichtjuden macht. Dass er sich gegen niemanden erzürnt, niemanden gering schätzt …« Jesus »weiß wie es allein die Praxis des Lebens ist (anstelle einer Glaubenstheorie), mit der man sich ‚göttlich‘, ‚selig‘, ‚evangelisch (1)“, jederzeit ein ‚Kind Gottes‘ fühlt(2) Soweit Nietzsche.

    Und ich möchte ergänzen: So wie ich mich als »Kind Gottes fühle«, so ist mein himmlischer Vater. Meine Glaubenspraxis soll ein Nachahmen dessen sein, wie Gott mir in Jesus begegnet: Er glaubt mir, und darum glaube ich ihm. Er vertraut mir, und darum vertraue ich ihm. Er liebt mich, und darum liebe ich ihn und seine Geschöpfe. Glaube heißt für mich, dass ich mich offen halte für den allmächtigen Gott, der auf Jesu Füßen leise in mein Leben kommt und mich zärtlich umarmt.

Gebet: Herr, aus deiner Krippe lächelst du mir liebevoll entgegen und machst mich selig und froh. Ich will dich in dieser harten und kalten Welt zärtlich auf meine Arme nehmen und mit meinem Vertrauen wärmen. Ich will dir meine Dankbarkeit schenken und deine Krippe sein. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

(1) "evangelisch" meint hier "von der frohen Botschaft erfüllt"
(2) Zitate aus: Friedrich Nietzsche, "Der Antichrist",  nachgelassene Schriften, August 1888 bis Januar 1889

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

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