Lehrtext: Abraham
wurde stark im Glauben und gab Gott die Ehre und wusste aufs Allergewisseste:
Was Gott verheißt, das kann er auch tun. Römer 4,20-21
Liebe
Leserin, lieber Leser,
glaubst
du an Gott oder glaubst du Gott? Abraham, der in der Bibel als
Vorbild des Glaubens dargestellt wird, glaubte Gott. So sagt es die Losung. Und
genau darum geht es auch meiner Meinung nach. Denn glauben im biblischen Sinn
heißt nicht, „etwas nicht so genau wissen“ und auch nicht „etwas
fürwahrhalten“ oder "an etwas glauben", sondern vertrauen. Die Kirchen haben in ihrem
Eigeninteresse von den Gläubigen verlangt, bestimmte Sätze wie die
Jungfrauengeburt für wahr zu halten und auch bestimmte Vorstellungen wie das
Fegefeuer oder die Hölle. Jesus fordert so etwas nicht. Er lädt uns ein, unser
ganzes Vertrauen auf den barmherzigen Gott zu setzen und das auch dann noch,
wenn schreckliche Dinge passieren und wir von ihm nichts zu spüren meinen.
Ich vertraue auch dem Apostel Paulus nicht, sondern Gott. Wenn
Paulus schreibt, dass Abraham „auf das Allergewisseste gewusst“ habe, dass
Gott tut, was er verheißt, dann nimmt er den Mund zu voll. Er hat ihn doch
gar nicht gekannt. Auf das Allergewisseste weiß ich, dass 1 +1 = 2
ist. Aber der Glaube ist keine Mathematik. Und selbst in der
Strukturwissenschaft Mathematik und in den Naturwissenschaften ist man
inzwischen vorsichtig geworden, dass man etwas „auf das Allergewisseste“ wissen
könne.
Ich erlebe meinen Glauben als ein zartes Gebilde, das man mit den
groben Fäusten einer angeblichen Gewissheit schnell zerreißt. Mein
Gottvertrauen steht nicht felsenfest. Ich muss es immer wieder neu bewähren.
Muss mich mancher Zweifel erwehren. Oder besser gesagt: Ich muss es
nicht, ich will es. Und warum? Weil ich darauf
vertraue, dass Gott jederzeit bei mir ist und mich liebt. So verstehe
ich Jesus. Und darin folge ich ihm. Denn „er hat keinen neuen Glauben gebracht,
sondern einen neuen Wandel" (Lebensweise).
Das schreibt ausgerechnet der glühende Atheist und schärfste
Kritiker des Christentums, der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900). Er schreibt - und
darin ist er hellsichtiger als die meisten Theologen und Gläubigen und
tiefsinniger als die meisten Atheisten: Für Jesus ist »jedwedes
Distanzverhältnis zwischen Gott und Mensch abgeschafft. Die Seligkeit wird
nicht verheißen, sie wird nicht an Bedingungen geknüpft: sie ist die einzige
Realität.« Daraus folgt »Nicht ein ‚Glaube‘ unterscheidet den
Christen: Der Christ handelt, er unterscheidet sich durch ein anderes Handeln.
Dass er dem, der böse gegen ihn ist, weder durch Wort, noch im Herzen
Widerstand leistet. Dass er keinen Unterschied zwischen Fremden und
Einheimischen, zwischen Juden und Nichtjuden macht. Dass er sich
gegen niemanden erzürnt, niemanden gering
schätzt …« Jesus »weiß wie es allein die Praxis des Lebens
ist (anstelle einer Glaubenstheorie), mit der man sich ‚göttlich‘, ‚selig‘, ‚evangelisch (1)“, jederzeit ein ‚Kind Gottes‘ fühlt.« (2) Soweit Nietzsche.
Und ich möchte ergänzen: So wie ich
mich als »Kind Gottes fühle«, so ist mein himmlischer
Vater. Meine Glaubenspraxis soll ein Nachahmen dessen sein, wie
Gott mir in Jesus begegnet: Er glaubt mir, und darum glaube ich
ihm. Er vertraut mir, und darum vertraue ich ihm. Er liebt mich, und
darum liebe ich ihn und seine Geschöpfe. Glaube heißt für mich, dass ich mich offen halte für
den allmächtigen Gott, der auf Jesu Füßen leise in
mein Leben kommt und mich zärtlich umarmt.
Gebet: Herr, aus
deiner Krippe lächelst du mir liebevoll entgegen und machst mich
selig und froh. Ich will dich in dieser harten und kalten Welt
zärtlich auf meine Arme nehmen und mit meinem Vertrauen wärmen. Ich
will dir meine Dankbarkeit schenken und deine Krippe sein. Amen
Herzliche
Grüße
Hans Löhr
(1) "evangelisch" meint hier "von der frohen Botschaft erfüllt"
(2) Zitate aus: Friedrich Nietzsche, "Der Antichrist", nachgelassene Schriften, August 1888 bis Januar 1889
(1) "evangelisch" meint hier "von der frohen Botschaft erfüllt"
(2) Zitate aus: Friedrich Nietzsche, "Der Antichrist", nachgelassene Schriften, August 1888 bis Januar 1889
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