Samstag, 8. Dezember 2018

"Nein, ich bereue nichts" hl

Losung: Hiob sprach zu Gott: Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum gebe ich auf und bereue in Staub und Asche. Hiob 42,5-6

Lehrtext: Petrus dachte an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich. Matthäus 26,75

Liebe Leserin, lieber Leser,

die französische Chanson-Sängerin Edith Piaf hatte Anfang der 60er Jahre einen Welt-Hit mit dem Chanson „Non, je ne regrette rien“ („Nein, ich bereue nichts“). Darin ging es um ihr Liebesleben und all das Gute und Böse, das sie erlebt hatte. Nun gut, das mag so gewesen sein. Aber wenn es um das Leben überhaupt geht, kann dann so ein Satz stimmen?
Ich bereue einiges und du vielleicht auch. Ich bereue Dummheiten, Fehleinschätzungen und vor allem, dass ich anderen mit unbedachten und aufbrausenden Worten weh getan habe. Stimmt, ich bin ein emotionaler Mensch und bisweilen etwas spontan und impulsiv. Aber diese durchaus positiven Eigenschaften haben eben auch ihre Kehrseite. Doch auch wenn ich manches bereue, gehe ich nicht in Sack und Asche.
Hiob bereut in der heutigen Losung, dass er Gott wegen seines grausamen Schicksals bittere Vorwürfe gemacht hatte. Nun ist Hiob in der Bibel ein Beispiel dafür, wie ein Mensch mit Gott hadert und ringt, wenn ihn großes Leid getroffen hat. Ich kann verstehen, wenn es da heißt: „Ich gebe auf“. Irgendwann muss man sich in das fügen, was unabänderlich ist und sich in der Situation, so wie sie ist, wieder zurechtfinden. Sonst wird das Leben zur Qual. Irgendwann muss man von seinen Wünschen, Erwartungen und Hoffnungen Abschied nehmen, wenn sich herausstellt, dass sie Illusionen waren. Das ist bitter. Das eröffnet aber auch wieder neue Lebensmöglichkeiten.
Doch damit bin ich nicht einverstanden, dass Hiob sagt »ich bereue in Staub und Asche«. Wer Gott Vorwürfe macht oder wegen seines Leids anklagt, muss nicht bereuen. So ist das zum Beispiel in den Klagepsalmen des Alten Testaments. Warum das bei Hiob anders ist, weiß ich nicht. Jedenfalls verlangt mein Gott, wie er mir in Jesus begegnet, nicht, dass ich vor ihm in Staub und Asche zu Kreuze krieche. Im Gegenteil. Solange ich mich an ihn wende, und sei es, indem ich ihm Vorwürfe mache, bin ich mit ihm verbunden. Solange ist er mein Gott, und halte ich an ihm fest. Katastrophal wird es erst, wenn ich verstumme, nicht mehr mit ihm rede und mich von ihm abwende. Dann bestrafe ich mich selbst. Wenn ich Gott gegenüber etwas zu bereuen habe, dann, dass ich mehr hoffen, glauben und lieben hätte sollen. Und das nicht, weil ich das müsste, sondern weil es mir und meinen Mitmenschen gut getan hätte.

Die Szene aus dem Lehrtext bewegt mich schon immer sehr. Ich sehe vor mir den gefesselten und gefolterten Jesus, wie er mit großen und traurigen Augen Petrus anblickt, der ihn soeben verleugnet hatte. Er weiß, dass die Angst vor dem Tod in Petrus stärker war als die Liebe zu ihm. Und er wusste das schon immer. Wusste, dass hinter dem großspurigen Bekennermut des Petrus die Angst lauerte. Wusste, dass es mit dem Glauben seines Jüngers soweit nicht her war.
Sein Blick hat Petrus ins Herz getroffen. Er trifft auch mich ins Herz, weil ich mich in Petrus erkenne. Ich kann, wenn es hart auf hart kommt, für meinen Glauben, für mein Gottvertrauen auch nicht die Hand ins Feuer legen. Aber Jesus hat das getan. Hat sich für mich ans Kreuz schlagen lassen. Damit hat er die Garantie gegeben, dass er mich unter allen Umständen bedingungslos liebt und dich auch. Unter allen Umständen.
Petrus hat sein Verhalten bitter bereut. Offenbar hatte er zuvor nicht wahrhaben wollen, wie schwach er wirklich ist. Mir ist das eine Warnung, dass ich nicht zu vollmundig von meiner Treue und meinem Vertrauen zu Gott rede. Und mir wird durch diese Geschichte wieder einmal klar, dass im Glauben nichts von mir, aber alles von Gott abhängt, von seiner Treue und seiner Barmherzigkeit.
 Vieles in meinem Leben bereue ich nicht. Manche Niederlagen sagen mir, dass ich wenigstens gekämpft habe. Meine Narben an Leib und Seele zeigen mir, dass ich gelebt und etwas riskiert habe. Aus manchem Leid bin ich stärker hervorgegangen. Aber ein paar Dinge bereue ich schon. Und dazu gehört, dass ich meinem Gott manchmal mehr hätte vertrauen sollen und ihm dankbarer sein. Doch das ist Schnee von gestern. Heute habe ich eine neue Chance. 

Gebet: Ja, Herr, es wäre besser gewesen, wenn ich dir mehr vertraut, mehr auf dich gehofft und dich und meine Mitmenschen mehr geliebt hätte. Und es tut mir leid, dass ich andere verletzt habe. Wenn es wieder geschieht, will ich sie auch wieder um Entschuldigung bitten. Doch heute hast du mir eine neue Chance gegeben, so zu leben, dass ich nichts zu bereuen habe. Ich will diese Chance nutzen. Doch wenn mir das nicht gelingt, wirst du mir vergeben und mir Mut machen, es wieder zu versuchen. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr



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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

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