Predigt von Hans Löhr am ersten Sonntag nach Epiphanias in den Gottesdiensten in Bechhofen und Sachsbach
Liebe
Gemeinde,
jeder Erwachsene hier ist auch ein Kind, du und ich.
Du bist das Kind deiner Eltern, zweifellos. Und du bleibst ihr Kind, egal wie
eure Beziehung ist. Egal wie alt du bist, auch wenn deine Eltern längst
gestorben sind. Du bist und bleibst immer auch Kind. Und damit meine ich nicht,
dass du kindisch oder kindlich seist. Ich meine, dass jeder von uns auf die
Frage „Woher komme ich?“ antworten kann: „Ich komme von meinen Eltern. Sie
haben mich gezeugt. Das ist meine Herkunft. Ich bin ihr Kind und das bleibe
ich.“ Keiner von euch kann dagegen etwas einwenden. Das steht einfach fest, zweifelsfrei.
Nicht jeder hat oder hatte ein
gutes Verhältnis zu seinen Eltern. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Aber viele von uns
können doch für ihre Eltern dankbar sein, auch wenn sie genauso fehlerhafte
Menschen sind oder waren waren wie wir. Auch wenn sie manches falsch gemacht haben und uns
vielleicht enttäuscht oder auch mal weh getan haben. Und wir? Wenn wir Eltern
sind, geht es uns ja genauso. Auch wir sind nicht perfekt. Aber solange uns
unsere Kinder mögen, vielleicht sogar lieben, und wir sie, solange ist alles in
Ordnung.
Jeder Erwachsene hier
ist ein Kind, du und ich. Du bist ein Kind Gottes, zweifellos. Jeder hier kann
auf die Frage „Woher komme ich?“ antworten: Ich komme von Gott. Er hat mich
geschaffen. Das ist meine Herkunft. Doch anders als bei deinen Eltern kannst du
jetzt etwas dagegen einwenden und sagen: „Nein, ich glaube das nicht.“ Oder du
sagst: „Ich bin mir da nicht sicher. Ich würde es gerne glauben können, dass da
ein Gott ist, der mich geschaffen hat. Aber ich muss immer wieder zweifeln.“
Das mag sein. Und dann
sage ich gerade dir: Du bleibst sein Kind, egal, wie deine Beziehung zu ihm
ist. Egal wie alt du bist. Egal, ob du glaubst oder zweifelst. Wenn deine
Eltern gestorben sind, kannst du das Verhältnis zu ihnen nicht mehr ändern.
Gott aber lebt. Dein Verhältnis zu ihm kannst
du ändern, jederzeit. Du kannst ihn verlassen. Du kannst aber auch wieder zu ihm
zurückkommen. Du kannst an ihm zweifeln. Du kannst ihm aber auch wieder von neuem
vertrauen.
Anders Gott. Er muss
sein Verhältnis zu dir nicht ändern. Er ist dir von Anfang an treu, allezeit.
Das bleibt so, unabhängig davon, ob und wie du glaubst und unabhängig davon, wie
du lebst. Du kannst Gott nicht beleidigen, nicht erzürnen, nicht enttäuschen.
Du kannst ihn nicht dazu bringen, dass er dich straft. Das kannst du nur bei
Menschen. Aber er ist Gott, der Herr des Universums.
Du kannst ihn auch
nicht dazu bringen, dass er dich liebt. Du kannst ihm nichts geben, opfern,
spenden, damit er etwas für dich tut, damit er dir etwas schuldig ist. Was
willst du denn schon geben, was nicht ohnehin ihm gehört? Wie willst du denn Gott
beeinflussen, als ob er nicht von jeher wüsste, was er will und was er tut? Du
kannst nur drei Dinge tun. Du kannst Gott achten, lieben und vertrauen. Und
wenn du nach dem Gottesdienst wieder alles vergessen haben solltest, was ich in
dieser Predigt sage, dann nimm diesen Satz mit nach Haus, nimm ihn mit in die
neue Woche und sage selbst: „Ich kann Gott achten, lieben und vertrauen. Und
das will ich auch tun.“
Aber warum solltest du das tun? Warum
sollte ich das tun? Weil ich sein Kind bin. Ich bin ein Gotteskind und du auch.
Das gibt mir Würde. Und dir auch. Und wenn auch du das glaubst, dass du ein
Gotteskind bist, dann kannst du dich auch selbst achten, kannst dich lieben und
zuversichtlich sein. Als Gotteskind bist du nicht einsam, sondern hast deinen
himmlischen Vater, mit dem du reden kannst, dem du deine Anliegen vortragen und
dem du danken kannst. Als Gotteskind bist du gesegnet, behütet und von ihm
geliebt. Und das alles, ohne dass du da für einen kleinen Finger rühren musst,
ohne jegliche Voraussetzung und Bedingung.
Normale und gesunde
Eltern lieben ihr Kind, wenn es geboren ist und sie es in den Armen halten,
ohne dass es zuvor irgendetwas dafür getan hätte. So und noch mehr
liebt dich Gott und mich auch. Das glaube ich. Warum sollte ich diesen schönen
Glauben gegen einen hässlichen Zweifel eintauschen? Warum sollte ich mich von
dieser Welt verunsichern lassen, da ich doch in Gott geborgen bin? Warum
sollten Sorgen, Schmerzen und Leid mich von ihm trennen, da er doch der einzige
ist, der mir helfen kann? Warum sollte ich ihm davonlaufen und lange Zeit viele
Irrwege gehen, wenn ich doch sowieso einmal vor ihm stehen werde und er
mich dann in seine Arme nimmt? Und warum solltest du das tun? Schade, wenn du
erst dann erkennst: „Hätte ich ihm doch schon früher vertraut. Ich hätte
leichter gelebt und besser.“
Nein, liebe Freunde,
wir laufen ihm nicht davon. Wir geben unseren Glauben nicht auf und schmeißen
unser Gottvertrauen nicht weg, egal was passiert. Das nehmen wir uns heute
wieder von neuem vor, du und ich. Wir halten an Gott fest und lassen nicht los,
weil er an uns festhält und nicht loslässt. Wir tun nicht ihm einen Gefallen damit, sondern uns selbst.
Der Glaube ist doch
keine Pflicht, sondern ein Geschenk, sein Geschenk, damit es uns gut damit
geht. Die Bibel nennt das Gnade. Er drängt sie uns nicht auf. Er lässt uns die
Freiheit, sein Geschenk anzunehmen oder nicht. Was sollte auch ein Glaube wert
sein, zu dem ich verpflichtet werde? Was sollte ein Glaube wert sein, mit dem
es mir nicht gut geht? Was wäre das für ein Vater, egal ob irdisch oder
himmlisch, der mich zwingen wollte, ihm zu vertrauen und ihn zu lieben. Das
geht nur freiwillig.
Vielleicht fragt sich
nun der eine oder andere, wie kommt denn der Pfarrer dazu, das alles zu sagen?
Ich lese als Antwort den Predigttext für diesen Sonntag aus dem Matthäusevangelium
Kapitel 3 Verse 13-17:
Um diese Zeit kam Jesus von Galiläa her an den Jordan, um sich von Johannes
taufen zu lassen. Sobald er getauft war, stieg er aus dem Wasser. Da
öffnete sich der Himmel (= öffnete Gott sein Herz), und er sah den Geist Gottes
wie eine Taube auf sich herabkommen. Und Gottes Stimme sagte: » Dies ist
mein geliebter Sohn, über den ich mich von Herzen freue.«
Das, liebe Gemeinde, geschah, als Jesus getauft wurde.
Und genau dasselbe geschah, als du getauft wurdest. Und was damals geschah, das
gilt seitdem Tag für Tag, solange du lebst. Denn als Jesus getauft wurde,
wurdest du mit ihm getauft. Du bist doch von Anbeginn der Welt von Gott vorgesehen und gewollt. Alle seine Verheißungen, die er den Menschen der Bibel gesagt hatte, gelten auch dir. Und was er bei der Taufe zu Jesus gesagt hatte, hat er auch zu dir gesagt: „Du bist mein liebes
Kind, über das ich mich von Herzen freue.“
Durch die Taufe sind wir mit Jesus auf das Engste
verbunden, unauflöslich und für alle Zeit. So wie auf ihn Gottes Geist
herabgekommen war, so fließt Gottes Liebe auf dich herab, jetzt in diesem
Augenblick, und hüllt dich in das warme Licht seiner Gnade. Doch um das zu
sehen, brauchen wir Augen des Glaubens. Und um das zu verstehen, brauchen wir
ein Herz voll Vertrauen. Und genau das wünsche ich dir, ein solches Herz voll
Gottvertrauen, mit dem du leben kannst. Und solche Augen des Glaubens, mit
denen du die Welt und dich selbst im Licht seiner Gnade siehst.
Jeder hier ist auch ein Kind, du und ich. Du bist das Kind deiner Eltern und ich auch. Ich bin aber auch ein Gotteskind. Und du? Erst recht. Gemeinsam können
wir unseren Vater im Himmel ehren, lieben und vertrauen.
Amen
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