Dienstag, 13. April 2021

Abschied von Rosi B. hl

Vorbemerkung: Warum gestern und heute eine Traueransprache statt der Losungsauslegungen? Ich möchte damit zeigen, wie ein Mensch im Licht des Glaubens gewürdigt werden kann und wie Angehörige und die Trauergäste in diesem Licht Abschied nehmen können. Die Trauerfeiern fanden am Wochenende statt.

Lieber Herbert, liebe Familie B., lieber Herr L. und alle Angehörigen,

wir, die Trauergäste verneigen uns respektvoll vor eurem Schmerz. Und wir verneigen uns vor Rosi B., dieser tapferen und liebevollen Frau. Es ist uns ein Bedürfnis, ihr die letzte Ehre zu erweisen, ihr, die das viele Leid nicht klein gemacht hat, sondern groß. Die nicht schwach geworden ist, sondern stark. Die ihr Schicksal bis zuletzt nicht beklagt, sondern getragen hat. Und die sich, als die Kräfte erschöpft waren, von Gott und ihrer Familie hat tragen lassen. Sie war eine Persönlichkeit, zu der wir aufblicken können.

Ja, auf eure Rosi haben viele geschaut und haben sich gefragt: „Wie schafft die das nur, so viele Sorgen und so viel Leid in ihrem Leben und doch bleibt sie lebensfroh, freundlich und herzensgut? Woher nur nimmt sie die Kraft, die vielen Schicksalsschläge zu überwinden?“ So ist sie für manchen von uns hier ein heimliches Vorbild gewesen. Und der eine oder die andere denkt sich vielleicht jetzt: „So wie Rosi das gemacht hat, so möchte ich das auch können, wenn einmal auf mich große Herausforderungen zukommen.“

Auch sie hatte ihr Vorbild, ihre Mutter, die vor fünf Jahren gestorben ist. An ihr hat sie sich orientiert. Und vielleicht könnt auch ihr, die Kinder und Enkel, euch nach Rosi richten, eurer Mutter und Oma, je mehr ihr in eurem Leben Orientierung braucht. Sie soll in euren Herzen lebendig bleiben, auch wenn sie für die Außenwelt tot ist. Und die Liebe, die ihr von ihr empfangen habt, soll in euch weiter leuchten gerade dann, wenn ihr ein Licht braucht.

Könnte es nicht sein, so frage ich mich, dass Gott euch diese Frau, Mutter und Oma geschenkt hat, weil ihr gerade sie gebraucht habt? Dass er euch mit ihr gesegnet hat und ihr mit diesem Segen weiterleben könnt? Ja, ihr hattet gemeinsam schwere Zeiten, doch immer wieder auch schöne. Ihr hattet auch das Glück, dass Rosi viele Jahre bei euch war und ihre Tür und ihre Arme für euch immer offen standen. Und ihr habt es nach der Tumordiagnose geschafft, gemeinsam mit ihr und medizinischer Hilfe dem Tod noch zweieinhalb besonders wertvolle Jahre abzuringen. Auch diese Zeit war noch einmal ein Geschenk. Sie hat euch reifer und empfindsamer gemacht. Das soll euch helfen, dankbar von ihr Abschied zu nehmen.

Und doch ist sie nicht einfach fort. Rosi hat die Liebe an euch weitergegeben, die sie von Gott empfangen hat. Dadurch bleibt sie mit ihm und mit euch verbunden. Denn das Bibelwort für diese Trauerfeier sagt: »Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, weder Freude noch Leid, weder Glück noch Schmerz noch Angst, keine Macht im Himmel und auf Erden, weder eigene Schuld noch äußerer Zwang. Nicht einmal der Tod kann uns scheiden von Gottes Liebe, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn.« (Römer 8,35+39)

Das, liebe Freunde, wollen wir festhalten. Darauf lasst uns vertrauen, dass auch der Tod Rosi nicht scheiden kann von der Liebe Gottes und dich und mich auch nicht. Und auch davon nicht, dass sie ihr Andenken bei uns lebendig bleibt.

Doch wie soll man so positiv von Gott sprechen, wenn man weiß, dass Rosi und Herbert ihre drei eigenen Kinder und ein angenommenes wieder hergeben mussten? Und wie sollst erst recht du, Herbert, das können, der du deine Frau hergeben musst, die das Herz der Familie war und der Mittelpunkt in deinem Leben? Die nicht nur für dich, die Kinder und Enkelkinder da war, sondern dich auch bei der Arbeit auf dem Hof tatkräftig unterstützt hat?

Mir scheint, auch du hast dich an ihrem unerklärlich festen Glauben orientiert, den sie nicht aufgegeben hat, auch nicht, als sie wusste, dass ihr die Krankheit nicht mehr viel Zeit lassen würde. Rosi hat erfahren, dass es gerade in den finsteren Tälern ihres Lebens keinen anderen Halt gibt als den großen Hirten, der von sich sagt: »Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir und tröste dich.« Und du Herbert, der du mit ihr die Freuden des Lebens geteilt und die Lasten getragen hast, du siehst das ähnlich, da du sagst: »Ich habe schon auch mit Gott gehadert. Aber dann habe ich zu ihm gesagt: Ich brauche dich jetzt umso mehr.«

Genauso ist es. Es ist schön, Gott für die frohen und hellen Tage danken zu können und für allen Segen, den es doch auch in unser aller Leben gibt. Doch in den trüben und dunklen Tagen brauchen wir ihn umso mehr. Woran willst du dich sonst halten, wenn du keinen Halt mehr hast und auch Menschen mit ihrer begrenzten Kraft dich nicht mehr halten können?

Rosi hatte von ihrer Freundin ein Buch geschenkt bekommen, in dem sie bis zuletzt täglich las. Eine Stelle hat ihr besonders zugesagt. Da sagt Jesus: »Wenn die Dinge nicht so laufen, wie du es dir erhoffst, dann schau gelassen auf mich und sage: „Was soll‘s!“ Du wirst feststellen, dass die meisten Dinge, die dir Sorgen bereiten, nicht wichtig sind. Und wenn dir dann ernste Probleme begegnen, hast du für sie mehr Reserven.«

Vielleicht war das das Geheimnis ihrer Kraft, dass sie es gelernt hat, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Dass sie im Blick auf Jesus immer wieder sagen konnte „Meine Alltagssorgen? Ich lasse sie los. Was soll‘s!“. So blieb ihr dann die Kraft, mit dir Herbert und mit Gottvertrauen auch die schweren Lasten zu tragen.

Der Abschied tut weh, auch Ihnen, Herr L., der sie schon am Grab ihrer Frau haben stehen müssen, am Grab von zwei ihrer vier Töchter und heute am Grab der dritten. Auch die letzte Schwester und die Schwiegermutter tragen schwer an diesem Leid. Wie wird das in Zukunft sein? Wird die Zeit alle Wunden heilen? Nein. Doch sie lehrt uns, mit dem Unbegreiflichen zu leben.

Zuletzt möchte ich im Namen der Familie euch, den Trauergästen für die Anteilnahme danken, euch den Freunden und Nachbarn, den ehemaligen Lehrlingen und Mitarbeitern auf dem Hof. Ihr sagt mit eurem Kommen: „Wir haben Rosi geschätzt und gemocht, diese wunderbare Frau, die das viele Leid nicht bitter gemacht hat, nicht gebeugt und nicht gebrochen.“ Von ihr heißt es in der Todesanzeige:

„Wie ein Löwe gekämpft und viel gelitten,
hoch erhobenen Hauptes durchs Leben geschritten.“

So wollen wir Rosi B. in Erinnerung behalten, die auch in ihren dunklen Zeiten für andere ein Licht war. Amen

P.S. Rosi B. wurde 61

2 Kommentare:

  1. Danke für diese beiden wunderbaren "Trauerpredigten".
    Wir machen uns zu viel Sorgen um alles, hängen zu viel an gestern und haben Angst vor dem Morgen.
    Heute werden wir mit Gottes Hilfe leben mit Glauben und Vertrauen:
    Wirf dein Anliegen auf den Herrn, er wird dich versorgen
    Ja, wenn wir ihn lassen. Loslassen! Er kann es besser!
    Elisabeth

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  2. Manche Menschen werden einem zum Vorbild, obwohl man sie nie kennengelernt hat. Danke für die Predigt und das Lebenszeugnis von Rosi

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