Losung: Ich, der HERR, habe dich zum Licht der Heiden bestimmt, dass du die Augen der Blinden öffnen sollst und die Gefangenen aus dem Gefängnis führen und, die da sitzen in der Finsternis, aus dem Kerker. Jesaja 42,6.7
Lehrtext: Jesus blieb stehen und sprach: Ruft ihn her! Und sie riefen den Blinden und sprachen zu ihm: Sei getrost, steh auf! Er ruft dich! Markus 10,49
Liebe Leserin, lieber Leser,
manche Bibelworte haben einen doppelten Sinn, einen direkten und einen
übertragenen. Der Losung zufolge hat Gott den geheimnisvollen, nicht näher
genannten „Gottesknecht“ aus dem Buch des Jesaja dazu bestimmt, Blinden buchstäblich
die Augen zu öffnen und Gefangene zu befreien. Das darf nicht vergessen werden,
dass es in der Bibel immer auch handfest um Hilfe für die Unterdrückten geht,
darum, dass Gefangene frei und Kranke gesund werden.
Doch zugleich geht es auch darum, dass die Gottesblinden sehend und die gefangen
sind in ihrer Gier oder Angst, frei werden. Die Bibel ist, wenn man so will, im
Kern ein emanzipatorisches Buch, in dem es um die Freiheit des einzelnen oder
auch eines ganzen Volkes geht. Aus ihr kommen entscheidende Impulse, die dazu
beigetragen haben, dass die Sklaverei abgeschafft wurde und in unserer Zeit die
Unterdrückung der Frauen beendet wird (Galater 3,28). Wer die Bibel dazu benutzt, andere
einzuengen, einzuschüchtern, zu bevormunden oder an die Kette von Gesetzen und
Geboten zu legen, der missbraucht sie.
Der Blinde von Jericho (Lehrtext) hat sich von anderen nicht mundtot machen lassen als
Jesus in seiner Nähe vorbeikam. Obwohl man ihn bedrohte, schrie er aus
Leibeskräften: „Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!“ Und es geschah, worein er
alle seine Hoffnungen gesetzt hatte: Jesus wurde auf ihn aufmerksam, rief ihn
zu sich und heilte ihn.
In meinen Augen ist auch diese „Unverschämtheit des Glaubens“ ein Geschenk Gottes gewesen. Aber manchmal muss man diese Geschenke im wahrsten Sinn des Wortes laut und deutlich abrufen und muss seine Bitten immer wieder Gott in die Ohren schreien, bis sein (!) Wille geschieht.
Gebet: Herr, du bist ein Gott der befreit und heilt. Auf dich setze ich alle meine
Hoffnungen, dass du mich aus mir selbst herausholst, wenn ich mich in mir
verkrochen habe, dass du meine Seele heilst, auch wenn mein Leib krank ist. Ich
bin ja total von dir abhängig und gehöre dir mit Leib und Seele. Darum gebe ich
mich auch ganz und gar in deine Hand. Ich bitte dich aber auch für die Gefangenen und Unterdrückten, dass sie nicht vergeblich auf dich hoffen. Nimm Menschen in deinen Dienst, die sich für sie einsetzen. Amen
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
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