Losung: Jauchze und rühme, die du wohnst auf Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir! Jesaja 12,6
Lehrtext: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. Johannes 1,14
Liebe Leserin, lieber Leser,
der frühere Bundeskanzler
Helmut Schmidt soll einmal gesagt haben: »Wer Visionen hat, soll zum Arzt
gehen.« Warum und zu wem er das gesagt hat, weiß ich nicht mehr. Aber dieser
Satz passte zu ihm, dem pragmatisch-nüchternen Hanseaten. Andererseits formulierte
die streitbare Theologin, Pazifistin und Dichterin Dorothee Sölle (1929-2003) in
Anlehnung an das Buch der Sprüche 29,18 im Alten Testament: »Ein Volk ohne
Vision geht zugrunde.«
Die Bibel ist voll von
Visionen, und das kleine Volk der Juden gibt es noch immer, obschon so gut wie
alle anderen, viel mächtigeren Völker aus der Zeit der Bibel inzwischen
untergegangen sind. Ob das etwas mit seinen Visionen von einem endzeitlichen
Heilskönig und dessen Friedensreich zu tun hat? Ob die nicht enden wollende Gewalt im nahen Osten auch damit zu tun hat, dass auch Juden, wie sonst Christen, die biblischen Friedensvisionen immer wieder vergessen?
Unverzichtbare Friedensvision
Die für mich wunderbarste
Vision des Propheten Jesaja im 8. Jahrhundert vor Christus ist uns im Kapitel 11 seines Buches überliefert. Da
heißt es: »In jener Zeit wird der Wolf
beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden
miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten…« Jesaja
11,6
All den bluttriefenden
Zeiten seitdem, allen Schlachten und Kriegen bis heute zum Trotz, wurde jene
Vision vom Friedensreich nie völlig vergessen, weder bei den Juden noch
bei den Christen. Und sozusagen im Vorgriff auf jene Heilszeit heißt es dann in
der heutigen Losung: »Ihr Einwohner von
Zion (=
Jerusalem), jauchzt
und singt, denn groß ist der heilige Gott Israels, der mitten unter euch
wohnt.«
Von dieser Zeit sind wir
fast 3000 Jahre später so weit entfernt wie damals. Nach wie vor frisst der
Wolf das Lamm, schlägt der Panther den Ziegenbock, tötet der Löwe das Kalb. Erschlägt
Kain den Abel. Und dann redet man in Politik und Medien auf allen Seiten schlau daher, um die Gewalt
zu rechtfertigen. Dann stellt man sich selbst als mögliches Opfer des bösen
Raubtieres auf der anderen Seite dar, schürt die Angst, schmiedet Waffen, tötet
und lässt töten.
Aber, liebe Leserin, lieber
Leser, lass dir die Vision vom Friedensreich und seinem König
nicht nehmen. Für mich als Christen geht es dabei nicht einmal um eine ferne
Zukunft, sondern darum, dass sein Reich bereits Wirklichkeit ist bei allen, deren
Leitstern Jesus Christus ist. Er ist für mich die menschgewordene Feindesliebe (Lehrtext), der gewaltlose König mit einem
Stall als Palast, mit Dornen als Krone und dem Kreuz als Thron. Wo er regiert, herrscht Friede. Wo kein Friede herrscht, regiert er nicht.
Die Friedensblume
Mitten in den Orgien
militärischer Gewalt, mitten in aller Feindseligkeit, in allem Hass, in aller
Rache und allen Vernichtungsfantasien, zwischen Soldatenstiefeln und
Panzerketten, in Bombentrichtern und Kriegsruinen blüht seine Friedensblume.
Sie erinnert daran, dass es wieder eine Zeit nach Krieg, Verwüstung und Tod geben wird, in der die Menschen ihre
grauenhafte Raubtiernatur eine zeitlang in Zaum halten und versuchen werden,
versöhnt miteinander weiterzuleben - bis sie die Machtgier und die Gewaltbereitschaft,
die Angst und der Blutrausch aufs Neue blind und rasend macht. Diese Zwischenzeit des Friedens gilt es zu nützen. Diese kleine Blume gilt es
zu schützen. Sie ist mein Hoffnungszeichen.
Ja, ja, ich weiß schon, auf
uns im Westen trifft das natürlich nicht zu. Wir sind ja die Guten. Wir waren
schon immer harmlos und friedfertig, hatten nie böse Absichten, wollten
niemand politisch, wirtschaftlich und militärisch an die Wand drücken. Mit einem
Wort: wir sind nicht aggressiv, wir verteidigen uns nur und unsere Werte.
Na dann ist ja alles gut. Nur für mich nicht.
Gebet: Herr, wie viele Kinder, Frauen, junge und alte Männer müssen schon wieder sterben für Machtgier und Profitgier einiger wenigen? Wie vielen Menschen wird jetzt Zukunft zerstört, weil sie vergiftet werden mit dem Virus der Feindseligkeit? Weil sie durch Kriege abgelenkt werden von den wirklichen Gefahren, die uns allen drohen, und die wir nur gemeinsam abwenden können? Du bist Mensch geworden, damit wir menschlich werden. Du hast auf Gewalt verzichtet, damit wir Frieden lernen. Du vergibst uns unsere Schuld, damit auch wir auf diesem Weg einander gerecht werden. Du wirst deine Schöpfung retten. Das hoffe ich. Doch vor allem rette uns vor uns selbst. So kann ich dich auch künftig loben und preisen. Amen
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch
Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.«
J.W. von Goethe
aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut
die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag
des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus
dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“
in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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Danke 🕊
AntwortenLöschenWie wahr, wie wahr sind Ihre Worte. Möge doch die Menschheit endlich begreifen, dass nur Frieden allen Menschen zum Wohl dienen kann und darum unsern himmlischen Vater immer wieder bitten.
AntwortenLöschenDanke für Ihre Ausführungen..