Samstag, 29. August 2015

Versuchung zur Undankbarkeit hl

Losung: Dein Volk spricht: »Der HERR handelt nicht recht«, während doch sie nicht recht handeln. Hesekiel 33,17

Lehrtext: Führe uns nicht in Versuchung. Matthäus 6,13

Liebe Leserin, lieber Leser,

soviel hat man als Erwachsener gelernt: Das Leben ist nicht gerecht. Begabungen, Schönheit, Reichtum, Schicksalsschläge und Glück, – das alles ist höchst ungleich verteilt. Manchmal kann man für das Eine oder das Andere etwas tun, zum Beispiel kann man mit Ausbildung und Arbeit den Wohlstand steigern oder du kannst durch deine Lebensweise Krankheiten vermeiden. Für vieles aber kannst du nichts tun. Nein, das Leben ist nicht gerecht. Und was ist mit Gott? Ist er gerecht, handelt er recht?
Du hast einen Angehörigen, der nach längerer Therapie und einem Aufenthalt auf der Palliativstation an Krebs stirbt. Ist die Sache mit dem Krebs gerecht? Handelt Gott da vielleicht unrecht? Es ist schwierig, als Außenstehender dazu Stellung zu nehmen. Und trotzdem möchte ich zu bedenken geben: Ist es nicht auch eine Gnade, dass, wenn man schon Krebs hat, dann in unserem Land lebt, ärztlich gut versorgt wird, in einem sauberen Krankenhausbett liegt, Schmerzmittel bekommt und am Ende auf der Palliativstation noch optimal betreut wird?
Und wenn du jetzt an die Dinge denkst, die in deinem Leben schwierig sind, sind da nicht so viele andere Dinge, die gut sind? Vielleicht bist du von deinem Partner verlassen worden, vielleicht hat dich das tief verletzt und die Wunde schmerzt noch immer. Aber erlebst du nicht gleichzeitig so viele Dinge, von denen Menschen in anderen Ländern nur träumen können? Vielleicht hast du eine gut bezahlte Arbeit, eine schöne Wohnung oder gar ein Haus, Kinder, die dich lieben, Freunde, die dich unterstützen, ein Auto, ein Bankkonto und darüber hinaus lebst du noch in einem reichen Land, in einem Rechtsstaat und kannst die sozialen Absicherungen wie Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rente in Anspruch nehmen, musst keine Angst haben vor Krieg, musst nicht auf die Flucht, musst nicht hungern…
Also, ist nun Gott gerecht, handelt er recht, oder nicht? Kannst du ihm alles in allem für dein Leben danken oder hast du nur noch Grund zur Klage und Anklage?
»Führe uns nicht in Versuchung.« – Diese Bitte aus dem Vaterunser hat für mich auch den Sinn, dass ich mich nicht versuchen lasse, undankbar zu sein und nur noch die negativen Dinge zu sehen. Es gibt auch eine Versuchung zum Neid, zur Undankbarkeit, zum Jammern, zur Übellaunigkeit, zum Trübsinn und zur Hypochondrie.
Bevor ich Gott anklage und ihm vorwerfe, nicht recht zu handeln, will ich mich erst selbst fragen, ob ich im Recht bin oder nicht vielleicht doch zu selbstgerecht.

Gebet: Ja Herr, es geschehen viele Dinge auf dieser Welt, die ich nicht verstehe und bei denen ich mich frage, ob du recht handelst. Aber bevor ich mich in allgemeinen Vorwürfen ergehe, will ich mich selbst fragen, wie schlecht oder besser wie gut mir es eigentlich geht und ob ich nicht allen Grund habe, dir zu danken. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

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