Predigt von
Hans Löhr im Lichtblickgottesdienst. Predigttext: Matthäus 18, 12+13
Liebe Freunde,
wie stehen Sie / wie
stehst du zu Gott? Bist du ihm gegenüber reserviert oder vorsichtig abwartend
oder bist du vertrauensvoll aufgeschlossen? Das kommt wohl darauf an, wie er aus deiner Sicht zu
dir steht. Von den Erfahrungen, die du mit Gott gemacht hast, hängt es ab, ob
du ihm trauen kannst oder ob du ihm gegenüber besser in der Reserve bleibst.
Wer Angst vor Gott hat, wird sich ihm wohl kaum vertrauensvoll öffnen und wer
ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hat, wird ihm wohl eher aus dem Weg
gehen.
Um deutlich zu machen, wie
Gott zu uns Menschen steht, hat Jesus kurze, aufschlussreiche Geschichten
erzählt. Eine davon möchte ich für euch jetzt nacherzählen. Sie steht im
Evangelium des Matthäus und ist wohl den meisten von euch bekannt. Trotzdem
lohnt es sich, genau hinzuhören, denn in dieser Geschichte geht es nicht um
irgendjemand, sondern um dich.
Jesus sagt:
Was meint ihr: Wenn ein Mann hundert Schafe hat und
eins läuft ihm davon, was wird er tun?
Bleiben wir zunächst bei
dieser Frage und nehmen wir an, dass die neunundneunzig Schafe, die ihm
geblieben sind, die Worte des Hirten verstehen können.
Was denken die Schafe vom Hirten?
Was denken die Schafe vom Hirten?
Falls der Mann zu sich
sagt: „Na gut, ist zwar schade um das eine, aber das ist nur ein Prozent
Verlust. Das kann ich verschmerzen“, was denken da die Neunundneunzig, als sie
das hören? Was denkt da jedes einzelne von ihnen?
Vielleicht: „Na, ich bin
dem Hirten aber nicht viel wert. Mein Leben zählt nicht viel. Ich bin ihm im
Grunde egal.“
Vielleicht sagt der Hirte aber
auch laut zu sich: „Ich hätte schon gern auch noch das letzte Schaf. Aber jetzt
ist es schon spät. Bald wird es dunkel. Ich werde es nicht mehr finden. Am Ende
stolpere ich noch und breche mir ein Bein. Und außerdem werden es in der Nacht
bestimmt die wilden Tiere reißen. Es hat keinen Zweck, sich auf die Suche zu
machen und sich noch selbst in Gefahr zu bringen.“
Was denken wohl die
Schafe, wenn sie das hören? Vielleicht: „Dieser Mensch wird sich meinetwegen
keine Mühe geben und für mich nichts riskieren. Der lässt mich im Stich, wenn‘s
schwierig wird.“
Oder die dritte
Möglichkeit. Der Hirte sagt: „O weh, das hilflose Schaf! Es hat sich bestimmt
verirrt und nicht mehr zur Herde zurückgefunden. Jetzt läuft es irgendwo da
draußen in der Nacht schutzlos umher. Vielleicht wird es von wilden Tieren
gerissen. Nein, ich kann und will es nicht seinem Schicksal überlassen. Ich will mich
gleich auf die Suche machen, auch wenn die Chance es zu finden, noch so klein
ist.“
Was denken die neunundneunzig
Schafe, was denkt jedes einzelne von ihnen jetzt? Vielleicht:
„Ich hab aber einen guten
Hirten! Ich brauche keine Angst zu haben, wenn mir etwas zustößt. Er wird sich
um mich kümmern. Ich bin ihm so viel wert, dass er sich auch meinetwegen mitten
in der Nacht auf den Weg machen würde, um mich zu suchen und zu finden, um mich
vor den wilden Tieren zu retten und sicher nach Hause zu bringen.“
Soweit, was der Hirte tun und die Schafen von ihm denken könnten.Und jetzt die Geschichte im Ganzen, wie sie Jesus erzählt:
Soweit, was der Hirte tun und die Schafen von ihm denken könnten.Und jetzt die Geschichte im Ganzen, wie sie Jesus erzählt:
Was meint ihr: Wenn ein Mann hundert Schafe hat und
eins läuft ihm davon, was wird er tun?
Lässt er nicht die Neunundneunzig in den Bergen zurück, um das verirrte Schaf zu suchen?
Und ich
versichere euch: Wenn er es endlich gefunden hat so legt er sich's auf
die Schultern und freut sich
über dieses eine mehr als über die Neunundneunzig, die sich nicht verlaufen
hatten.
Jeder ist dieser eine.
Jeder ist dieser eine.
Liebe Freunde, wie der Hirte das eine Schaf behandelt, zeigt, wie er die
neunundneunzig anderen sieht. Das eine Schaf ist der Schlüssel zu den Neunundneunzig.
Sie erkennen sich in dem einen wieder, denn letzten Endes ist jedes von ihnen
dieses eine Schaf.
Ein Vater erzählt:
Als mein Sohn Josua noch ziemlich klein war, hat er mir oft eine zu Herzen
gehende Frage gestellt. Er war so verletzlich und ehrlich, dass er mir jedes
Mal, wenn ich auf irgendjemanden überreagierte, auch nur ein klein bisschen
ungeduldig oder lieblos war, in die Augen schaute und fragte: »Papi, liebst du
mich?«
Wenn er dachte, ich würde einen wichtigen Grundsatz im Verhalten gegenüber anderen verletzten, zum Beispiel, dass ich einem anderen gegenüber nicht freundlich oder ehrlich war, dann fragte er sich, ob ich das nicht auch bei ihm tun würde, ob ich ihn wirklich lieben würde, oder ob das nicht auch gelogen ist.
Wenn er dachte, ich würde einen wichtigen Grundsatz im Verhalten gegenüber anderen verletzten, zum Beispiel, dass ich einem anderen gegenüber nicht freundlich oder ehrlich war, dann fragte er sich, ob ich das nicht auch bei ihm tun würde, ob ich ihn wirklich lieben würde, oder ob das nicht auch gelogen ist.
Und der Mann
erzählt weiter: Als Lehrer wie als Vater habe ich festgestellt, dass der
Schlüssel zu den Neunundneunzig der eine ist – besonders der eine, der die
Geduld und die gute Laune der vielen auf die Probe stellt. Es ist die Liebe und
die Art des Umgehens mit dem einen Schüler, dem einen Kind, dem einen
Arbeitskollegen, in der sich die Liebe für die anderen ausdrückt. Wie du den
einen behandelst, verrät, was du von den Neunundneunzig hältst; denn letzten
Endes ist jeder dieser eine.
In der Umkleidekabine
In der Umkleidekabine
Um diese
Sache noch etwas deutlicher zu machen, möchte ich euch jetzt in den
Umkleideraum einer Fußballmannschaft mitnehmen.
Das Vorrundenspiel
um den Fußballpokal ist zu Ende. Man hat gegen eine Mannschaft, die zwei
Klassen tiefer spielt, verloren und ist für dieses Jahr aus dem Pokalwettbewerb
ausgeschieden. Der finanzielle Verlust ist beträchtlich. Der Verein hätte die
zusätzlichen Einnahmen gut gebrauchen können. Der Trainer weiß, was auf ihn
zukommt. Die Vereinsführung wird ihn kritisch befragen, die Fans werden ihn
beschimpfen, die Presse wird hämische Kommentare schreiben.
Mit diesen
Gedanken im Kopf geht er nach dem Spiel in die Umkleidekabine zu seiner
Mannschaft. Vor ihm steht der Mittelfeldspieler, der den entscheidenden
Elfmeter verschossen hat, und schaut zu Boden. Auch die übrigen Spieler schauen
ihren Trainer nicht an. Aber ihre Ohren sind gespitzt. Was wird er jetzt wohl
sagen? Wird er sie alle zusammenstauchen? Wird er den Mittelfeldspieler zur
Schnecke machen?
Der Trainer
hat die Wahl: Er kann seinen ganzen Ärger, seine Enttäuschung und Wut an dem
einen Spieler auslassen. Er kann ihn anschreien, ihm drohen, ihn augenblicklich
aus der Mannschaft werfen. Und er hat auch alle Lust, das zu tun. Doch bevor er den
Mund aufmacht, stellt er sich die entscheidende Frage: „Was werden wohl die
anderen Spieler denken, wenn ich mich dem einen gegenüber sich so negativ verhalte?“
Der Trainer
schluckt seinen Ärger runter, beherrscht sich, sieht in dem geknickten
Mittelfeldspieler nicht den Versager, sondern den unglücklichen Pechvogel. Er
geht auf den Spieler zu, legt ihm den Arm um die Schulter und sagt: Du bist
nicht allein schuld an der Niederlage. Die ganze Mannschaft hat heute nicht das
gebracht, was ich von ihr erwartet habe. Und ich selbst habe bei meiner Taktik
auch Fehler gemacht. Wir alle haben gemeinsam verloren. Und wir alle werden das
nächste Spiel gemeinsam gewinnen. Ich brauch jetzt niemanden einzelnen zu
kritisieren. Jeder von uns weiß selbst, was bei ihm heute nicht so gut gelaufen
ist.
Jetzt
schauen ihn alle Spieler an. Sie sind stolz auf ihren Trainer. Im nächsten
Spiel werden sie sich für ihn zerreißen. Das nehmen sie sich fest vor. Denn
jetzt weiß jeder einzelne von ihnen: Wenn es auch mal in einem Spiel nicht so
gut läuft, wird mich der Trainer nicht vor den anderen bloßstellen und fertig
machen.
Als der
Trainer später vor die Presse tritt, stellt er sich vor seine Mannschaft und
sagt: Ich bin schuld an der Niederlage, ich habe die falsche Taktik gewählt.
Schreiben Sie das in Ihrer Zeitung.
Grundlegende Lebensweisheit
Grundlegende Lebensweisheit
Wie stehen Sie / wie
stehst du zu Gott? Bist du ihm gegenüber reserviert oder vorsichtig abwartend
oder bist vertrauensvoll aufgeschlossen? Das kommt wohl darauf an, wie er zu
dir steht.
Um das
deutlich zu machen, hat Jesus jene Geschichte vom Hirten und seinem verlorenen
Schaf erzählt. Deinetwegen
hat Jesus diese Geschichte erzählt, damit du wie die Neunundneunzig anderen,
wie jetzt alle anderen hier in diesem Raum, erfährst, wer Gott
für dich ist, damit du sagen kannst: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts
mangeln…“.
Zugleich
aber lehrt mich diese Geschichte eine grundlegende Lebensweisheit. Denn in ihr
geht es auch darum, wie andere Menschen zu mir stehen: Reserviert oder
vorsichtig abwartend oder vertrauensvoll aufgeschlossen. Egal ob die eigenen
Kinder oder Enkel, Schüler oder Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunde und Bekannte – sie alle achten darauf, wie ich mit anderen umgehe und ziehen daraus ihre
Schlüsse, was ich für einen Charakter habe, was ich wirklich von ihnen halte.
Auch da gilt, dass der Schlüssel zu den Neunundneunzig, der eine ist. So wie
ich ihn behandle, so fühlen sich auch alle anderen behandelt. Denn in dem einen
erkennen sie sich wieder.
Wo bist du?
Wo bist du?
Die
Geschichte Jesu schließt mit dem Satz: »Und wenn er das Schaf gefunden hat, so
legt er sich's auf die Schultern voller Freude.« Wo bist du gerade? Bist du bei
deinem guten Hirten oder läufst du ohne ihn durch die Welt, hast dich
vielleicht sogar verirrt und weißt im Grunde deines Herzens gar nicht genau, wem du gehörst, was du willst und welchen Weg du gehen sollst?
Lass dich
von ihm finden, gib Antwort, wenn er dich ruft. Er lässt dich nicht im Stich,
er überlässt dich nicht einem bösen Schicksal, er behütet dich und freut sich, wenn
er dich gefunden. Amen
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