Losung: Preiset mit
mir den HERRN und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen! Psalm 34,4
Lehrtext: Es war ein
Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem
Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Johannes
1,6-7
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich verstehe das heutige Losungswort besser, wenn ich den
vorhergehenden Satz dazu nehme: »Mit Leib und Seele lobe ich Gott; wer
entmutigt ist, soll es hören und sich freuen! Preist mit mir diesen großen
Herrn, lasst uns gemeinsam seinen Namen bekannt machen!«. So sehe ich es auch.
Ich glaube, dass Menschen aufgerichtet werden, wenn sie hören, wie andere Gott
loben:
»Lobet den Herren,
alle die in ehren;
lasst uns mit Freuden seinem Namen singen
und Preis und Dank zu seinem Altar bringen. Lobet den
Herren!«
So hat Ursel es gehört, als sie am Sonntagmorgen zum Grab
ihres Mannes ging. So drang der Gemeindegesang durch die Kirchentüren nach
draußen in den Friedhof. Nein, sie war zu traurig, um noch glauben zu können.
Der Schmerz hatte sie stumpf gemacht. Was sollte sie da jetzt in der Kirche?
Ja, sie kannte das Lied seit Kindertagen. Sie hatte es bisher gern mitgesungen.
Doch jetzt war sie nicht mehr unter den anderen in der Kirche. Und trotzdem
sang es in ihr mit, formten sich in ihrem Kopf die Worte, die zur Melodie
gehörten:
Dass unsre Sinnen
wir noch brauchen können
und Händ und Füße, Zung und Lippen regen,
das haben wir zu danken seinem Segen. Lobet den Herren!
und Händ und Füße, Zung und Lippen regen,
das haben wir zu danken seinem Segen. Lobet den Herren!
War es nicht so? Konnte sie bei allem Schmerz nicht doch
auch dankbar sein, dass sie lebte, dass sie ihre Gliedmaßen normal bewegen
konnte anders als ihr Mann, der an den Folgen des Schlaganfalls gestorben war?
Das Lied übte eine starke Wirkung auf sie aus. Einerseits standen Tränen in
ihren Augen. Andererseits hätte sie gern laut mitgesungen: »Lobet den Herren!«
Sie kämpfte mit sich. Sollte sie sich wieder für Gott öffnen? Ihm wieder vertrauen
nach allem, was sie in den letzten Monaten erlebt hatte? Hatte sie nicht Recht
auf ihren Unglauben, darauf, von Gott nichts mehr wissen zu wollen? In ihrem
Kopf kreisten die Gedanken.
Sie dachte an Irmgard, die wohl jetzt auch in der
Kirche war und mitsang. Und an Bernhard. Und an Elisabeth. Hatten sie und
andere nicht auch Schweres erlebt?! Hätten sie nicht auch Grund genug gehabt,
sich von Gott loszusagen. Aber jetzt saßen sie ein paar Meter weiter von ihr
nur durch die Kirchenwand getrennt und sangen gemeinsam: »Lobet den Herren!«
Die Orgel spielte den nächsten Vers. Wieder setzte der
Gemeindegesang ein:
(Gebet:) O treuer Hüter,
Brunnen aller Güter,
ach lass doch ferner über unser Leben
bei Tag und Nacht dein Huld und Güte schweben.
Lobet den Herren!
ach lass doch ferner über unser Leben
bei Tag und Nacht dein Huld und Güte schweben.
Lobet den Herren!
Wieder sang es in ihr mit. So stand sie am Grab ihres
Mannes. Verwirrt. Verunsichert. Und spürte in sich die Sehnsucht, wieder
glauben zu können, die Sehnsucht nach Gott.
Herzliche Grüße
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