Sonntag, 25. Dezember 2016

Geschenk und Gegengeschenk (Weihnachtspredigt) hl

Liebe Freunde,

„Des hätt’s fei net braucht“ - so heißt es heute auf gut Fränkisch in vielen Wohnzimmern, wenn die Weihnachtsgeschenke ausgepackt werden. Ins Hochdeutsche übertragen heißt das: „Ich freue mich total, dass du mir etwas schenkst.“
Ja, Weihnachten ist Zeit der Geschenke. Die Kinder können es heute kaum erwarten, bis endlich Bescherung ist. Aber auch wir Erwachsene freuen uns, wenn wir etwas geschenkt bekommen und sei es eine Kleinigkeit. Manchmal sind Geschenke eine lästige Pflicht. Aber meistens sagst du doch mit einem Geschenk: Ich schätze dich, ich mag dich, du bist mir wichtig, ich verdanke dir vieles. Und wenn Eltern einem Kind etwas schenken, dann sagen sie damit schlicht und einfach: Wir lieben dich.
Doch woher kommt der Brauch, dass es an Weihnachten Geschenke gibt? Wieder einmal war es Martin Luther, der etwas Bahnbrechendes in die Wege geleitet hat. Zu seiner Zeit hatte der Nikolaus Geschenke gebracht hat. Aber mit dem konnte Luther nichts anfangen, weil der für den Glauben bedeutungslos ist. So war es dann für ihn das Christuskind oder das Christkind, wie wir heute sagen, das die Geschenke bringt und damit auf die Liebe hinweist, die Gott uns mit ihm schenkt. Dass aus dieser Idee einmal ein weltweites Konsumfest werden würde auch in Gegenden, in denen das Christentum keine Rolle spielt, wie in Japan, hätte sich Luther nicht träumen lassen.
Doch nun zum Kern von Weihnachten. Jeder hier kennt die Geschichte von den Heiligen Drei Königen. Auf jedem Weihnachtsmarkt sind sie in den Krippen zu sehen. Und vielleicht habt auch ihr daheim eine Krippe mit den drei Königen aufgebaut so wie unsere Mesnerinnen am Kircheneingang. Diese biblische Geschichte erzählt, dass für das Kind in Bethlehem ein Stern am Himmel stand. Es war so wichtig für die Menschen, dass dieser Stern selbst Heiden aus fernen Ländern zu ihm geführt hat.
Und vielleicht war es auch so ein geheimnisvoller, wenngleich unsichtbarer Stern, der dich heute Abend hierher geführt hat. Manchmal kann auch eine Gewohnheit, eine Tradition so ein Stern sein, der uns den Weg weist. Vielleicht war es ja die eigene Frau, die gesagt hat, geh halt auch mit in die Kirch, wenigstens an Weihnachten. Oder du hast deine Mutter begleitet. Oder du hast in dir selbst so ein unbestimmtes Gefühl gespürt, dass es dir gut, wenn du heute Abend den Weihnachtsgottesdienst besuchst. Manchmal kann man ja gar nicht genau die Gründe nennen, warum man etwas tut. Man tut‘s halt, vielleicht, weil es sich richtig anfühlt oder weil‘s andere auch tun.
Zurück zu den Geschenken. Die Heiligen Drei Könige oder die Weisen aus dem Morgenland, wie sie auch heißen, haben dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe geschenkt. Das waren wertvolle Gaben. Sie erwiesen damit dem göttlichen Kind ihre Ehre. Aber sie haben ihm noch etwas geschenkt ohne es zu wissen. Und genau so, das behaupte ich jetzt, geht es dir auch. Du kommst ja an Weihnachten in die Kirche, weil wir hier gemeinsam Jesu Geburt in Bethlehem feiern. Er ist, so glaube ich, jetzt hier, wo wir wegen seines Geburtstags zusammengekommen sind. Aber wo sind unsere Geschenke? Hast du ihm etwas mitgebracht?
Vielleicht denkst du jetzt: Was soll diese Frage? Aber ich will sie beantworten. Ja, du hast etwas mitgebracht, das Wertvollste und das Kostbare, das du hast: dich selbst. Du bist sein Geschenk. Ob das für dich stimmt? Ich glaube, dass das nicht entscheidend ist; denn für ihn, für Jesus stimmt das. Für ihn bist du ein Geschenk sowie manchmal Eltern von ihren Kindern sagen, dass sie ein Geschenk sind, ohne dass die Kinder das wissen.
Und jetzt möchte ich mit dir, mit euch allen darüber nachdenken, was genau wir ihm denn schenken. Da sind zum einen unsere guten Seiten. Die können wir ohne Probleme herzeigen. Ich denke da an unsere Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, an unsere Großzügigkeit, an die Freude, die wir empfinden, an das, was jeder von uns gut kann und daran, dass wir einander respektieren. Vielleicht hast du noch eine Reihe anderer guter Eigenschaften, die ich jetzt nicht aufgezählt habe.
Aber wenn wir für Jesus ein Geschenk sind, dann bringen auch die anderen Seiten von uns mit, die wir nicht so gern herzeigen: unseren Neid, die Eigensucht, Ungeduld und Stress, unsere schlechten Angewohnheiten, manche problematischen Abhängigkeiten, negative Gedanken und Gefühle und noch manches, wo wir an anderen und auch an uns selbst schuldig geworden sind.
Doch an diesem Weihnachten 2016 bringen wir ihm noch etwas anderes mit: Die wachsende Unsicherheit, wie es wohl weitergehen wird mit unserem Land und mit uns selbst. Wir spüren, dass sich zur Zeit immer mehr Risse zeigen, was bisher fest zu sein schien. Die europäische Gemeinschaft droht auseinander zu brechen. England hat sich schon verabschiedet. Andere Länder stehen auf der Kippe. Mitten durch die Länder gehen Risse zwischen denen, die bisher Regierungsverantwortung hatten und neuen politischen Kräften, die einfache Antworten auf die komplizierten Fragen unserer Gegenwart anbieten. Wie es mit Amerika unter Donald Trump weitergeht, weiß niemand. Erdogan spielt in der Türkei ein gefährliches Spiel, das das eigene Land aber auch die Länder ringsum in große Probleme stürzen kann. Und immer wieder versetzen Terroristen die Menschen in Angst und Schrecken.
So fragt sich der eine oder andere bang: Wird das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fundament halten, auf dem so viele in Deutschland ihr kleines Glück aufgebaut haben? Auch diese Unsicherheit, vielleicht sogar Angst gehört zu uns. Und heute Abend bringen wir sie mit zu dem Kind in der Krippe.
Nicht zuletzt gehören auch die ganz privaten Fragen zu mir: Dass ich mir Sorgen mache wie es wohl mit mir und meinen Angehörigen weitergehen wird. Ob ich auch in Zukunft finanziell über die Runden kommen werde. Was mit meiner Gesundheit sein wird und so weiter.
All diese Gedanken und Gefühle habe ich heute mit in die Kirche gebracht. Ist es wirklich so, dass all das mein Geschenk für den Gottessohn ist? Will er das, will er mich wirklich als sein Geburtstagsgeschenk, mehr noch als Gold, Weihrauch und Myrrhe der Heiligen Drei Könige?
Doch, liebe Freunde, ich glaube, dass Jesus mich so will wie ich bin. Dass er mich und dich als sein Geschenk ansieht und deshalb, wie es in der Bibel heißt, vom Himmel auf die Erde gekommen ist, um seine Geschenke, um uns anzunehmen.
Und so wie ich sein Geschenk bin, so ist er heute meins. Auch er schenkt sich mir ganz. Er will mir meine Sorgen und meine Furcht nehmen und mir dafür seinen himmlischen Frieden schenken. Er will von mir nehmen, was ich falsch und schlecht gemacht habe und mir dafür seine Vergebung schenken. Er will mir seine Nähe schenken, auch wenn ich an Gott wenig Interesse gezeigt habe. Er will von mir nehmen, dass ich meinen Mitmenschen gegenüber gleichgültig war und mir dafür seine Liebe schenken.
Er will mich so nehmen wie ich bin und sich mir so schenken wie er ist.
Und noch etwas will er: In dieser Welt, die sich zur Zeit so rasant verändert und das nicht zum Guten, will er mir Hoffnung und Lebensmut geben. Die meisten von euch haben noch den Psalm 23 gelernt mit der Zeile: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal“. Nein, uns ist hier auf Erden kein Paradies versprochen. Nach guten Zeiten kommt auch immer wieder ein finsteres Tal, sei es in meinem kleinen Leben oder im großen Weltgeschehen. Das ist so. Und wir hier werden daran nichts ändern. Wir können uns nur selber ändern, wenn wir nicht kopflos werden oder wütend oder verzweifelt, sondern diese ganze Zeile aus Psalm 23 sagen: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal – fürchte ich kein Unglück. Denn du, Gott, bist bei mir.“
Und genau das feiern wir heute wieder, dass Gott zu uns kommt in diesem Jesuskind, zu dir und zu mir, um in alle Dunkelheiten unseres Lebens, das Licht der Hoffnung zu bringen, eine Hoffnung, die in dem Satz aus der Bibel gipfelt: „Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, kein Leid, kein Unglück und nicht einmal der Tod.“
Das alles, was ich gesagt habe will Gott tun für dich und für mich. Und ich zweifle nicht daran, dass er das auch tut. Doch ich muss das auch wollen, mich ihm öffnen und ihn für mich annehmen.
So kommt es zum großen Geschenketausch an Weihnachten.
Sind das nur schöne Worte? Oder ist da was dran? Du wirst das daran merken, ob du nachher etwas anders aus der Kirche wieder hinaus gehst als du hereingekommen bist, ob dich dieser Weihnachtsgottesdienst ruhiger und nachdenklicher gemacht hat, vielleicht sogar zuversichtlicher und froher. Entscheidend wird sein, ob du dich jetzt auf das einlassen kannst, was wir hier singen und sagen und beten. Ob du dich der Weihnachtsbotschaft öffnen kannst, dass Gott dich nicht verlieren will, weil du sein Geschöpf bist, weil du ihm wichtig und wertvoll bist. Es geht ja hier und heute nicht um irgendwas, sondern es geht um dich ganz persönlich.
Ja, schenken wir heute Abend dem Jesuskind in der Krippe alle unsere Lasten. Er will uns davon erlösen, damit wir Frieden haben in uns. Erlösung, liebe Freunde, dieses alte, oft wenig verstandene Wort – das ist das Geheimnis von Weihnachten, dass wir nach diesem Gottesdienst wieder etwas erlöster heimgehen, freier, vielleicht auch unbeschwerter, weil uns gesagt wird: „Ihr Menschen seid mit euren Sorgen und Problemen nicht allein. Ich, Gott, mache euch an Weihnachten mit dem Sohn mein großes Geschenk. Nehmt dieses Geschenk an und bringt mir dafür, was ihr loswerden wollt, macht euch mir selbst zum Geschenk, so wie ihr seid. Ich bin für euch da.“
Das sagt Gott. Und du und ich, wir können antworten mit dem Vers, den wir vorhin gesungen haben:

Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben.
Ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn.
Herz, Seele und Mut, nimm alles hin
und lass dir‘s wohlgefallen.

Frohe Weihnachten!

Amen

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