Predigt von Hans Löhr im
Abendmahlsgottesdienst in Wernsbach b.W.
Liebe Leserin, lieber
Leser,
oh meine Tochter!
Neulich habe ich es miterlebt, wie sie sich aus der Kammer mit den
Gartengeräten einen Apfel holt und beim Hinausgehen mit Schwung die Tür hinter
sich zuwirft. Doch die Tür schnappt nicht ein, sondern geht wieder auf. Aber
das interessiert sie nicht. Sie schaut nicht zurück. So bleibt die Tür offen.
Warum sie das macht? Darauf gibt es nur eine Antwort: Pubertät. Das mag vieles
erklären. Trotzdem geht sie mir manchmal auf den Keks.
Wie gesagt, ich hab die Sache mit der Tür
neulich miterlebt und konnte gleich reagieren. Meine Ansage, dass sie die Türe sofort zumachen solle und das auch
künftig immer, klang nicht sehr
freundlich. Sie fauchte zurück, dass ich sie nicht so anfahren solle. In diesem
Augenblick hatte ich so etwas wie eine Eingebung. Statt noch eins
draufzusetzen, sagte ich zu meiner eigenen Überraschung: „Meinst du, mir macht
das Spaß, so mit dir zu reden? Ich hab doch auch keine Lust, an dir rumzuerziehen.
Viel lieber sage ich dir was Schönes und bin freundlich.“ Damit war die Sache
erledigt. Und wenn die Tür demnächst wieder offensteht? Naja, dann mach ich sie
halt zu. Auch diese Zeit geht mal vorbei.
Diese kleine Begebenheit ist mir
eingefallen als ich über die beiden Bibelworte für diesen Sonntag nachgedacht
habe? Ich lese sie euch jetzt vor:
Lehrtext: Vergeltet
nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr,
weil ihr dazu berufen seid, dass ihr Segen erbt. 1.Petrus 3,9
Aber was haben diese Bibelverse mit dem
Wortwechsel zwischen meiner Tochter und mir zu tun? Es ist das Wort „segnen“.
Wenn ich euch jetzt frage, wann habt ihr das letzte Mal einen Menschen
gesegnet? Dann werdet ihr euch vielleicht verdutzt fragen: Habe ich das
überhaupt schon mal getan? Ist das nicht Sache des Pfarrers? Nein, ist es
nicht. Wenn die Bibel zum Segnen auffordert, dann meint sie nicht nur
Geistliche, sondern genauso dich und mich. Nun gut. Aber vielleicht fragt ihr
euch jetzt ein weiteres Mal: „Was soll ich denn sagen und tun, wenn ich segne?
Irgendwas Religiöses?“
Nein. Segnen ist viel einfacher. Auf Latein
heißt dieses Wort benedicere. Und wenn ich es wortwörtlich ins Deutsche
zurückübersetzte, dann heißt es „Gutes sagen“. Genau das meint segnen, nicht
mehr und nicht weniger. Und einander Gutes sagen, das kann jeder und das hat
auch jeder von euch schon oft getan. Dazu muss man nicht mal Christ sein.
Was sagst du zum Beispiel, wenn du dich
von einem anderen verabschiedest? Auf Wiedersehen? Das ist schon mal ein
freundlicher Gruß. Bei uns in Franken sagt man zum Abschied oft „ade“. Das ist
mehr als freundlich. Das ist ein Wort, mit dem ich den anderen ausdrücklich
segne. Nur wissen das die wenigsten. Denn das französische „Adieu“ heißt ja ins
Deutsche übersetzt: „Geh hin zu Gott!“ oder „Geh mit Gott!“
In dem Wort an Abraham, das ich vorhin
vorgelesen habe, sagt Gott: »Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen
sein.« Was für Abraham gilt, gilt auch für dich. Du bist von Gott ebenso
gesegnet wie er. Du wurdest bei deiner Taufe gesegnet, bei deiner Konfirmation
oder Firmung, bei der kirchlichen Trauung, am Ende eines jeden Gottesdienstes
und am Ende deines Lebens wirst du ausgesegnet. So ist dein ganzes Leben
eingehüllt in seinen Segen.
Vielleicht fragst du dich, woran merke ich
denn, dass ich gesegnet bin? Dann atme mal tief durch, lege deine Hand auf dein
Herz und spüre wie es schlägt. Jetzt weißt du, dass du gesegnet bist, weil du
lebst. Und du bist jetzt zumindest mit so viel Gesundheit gesegnet, dass du
hierher in diesen Gottesdienst kommen kannst. Du bist vielleicht gesegnet mit
Kindern oder Enkeln, einem Ehemann oder einem Partner. Du bist gesegnet mit dem
Frieden und dem Wohlstand in unserem Land. Mit einer guten
Gesundheitsversorgung. Mit dem Rechts- und Sozialstaat, in dem wir leben. Mit
fließendem Wasser aus dem Wasserhahn und Strom aus der Steckdose. Mit alledem
und noch viel mehr bist du, bin ich gesegnet. Leider vergessen das viele, wenn
sie auf die Politik schimpfen. Aber bei allen Unzulänglichkeiten, die es auch
in unserem Land gibt, sind wir im Vergleich zu anderen Ländern gut dran. Und du
bist gesegnet mit Glauben. Das zumindest wünsche ich dir.
Also, wann immer du in den Spiegel schaust
und mit dir nicht zufrieden bist, wann immer es dir nicht gut geht, sage zu
dir, was du bist. Sage: „Ich bin von Gott gesegnet. Er hält seine Hand über
mir. Er hat mir das Leben geschenkt und ist für mich da. Er liebt mich.“ Ja,
das bist du und ich bin das auch. Und das gilt überall und immer, wo du auch
bist, wie es dir auch geht, was auch zwischen dir und Gott schiefgelaufen sein
mag. Er nimmt seinen Segen nicht zurück. Wem Gott einmal treu ist, dem bleibt
er treu.
Als
einer, der so gesegnet ist, sollst nun auch du ein Segen für andere sein. So
sagt es Gott. Ja, es gibt Menschen, die sind ein echter Segen für ihre Familie,
für die Schule oder die Firma oder für wen auch immer. Manche Kindergärtnerin,
manche Altenpflegerin, mancher Kirchenvorsteher, mancher Mitarbeiter, manche
Oma ist ein wahrer Segen. Und du? Vielleicht bist du ja auch so jemand und
weißt es gar nicht. Dann sollten diejenigen, die es wissen, dir das mal sagen.
Benedicere, Gutes sagen – heißt segnen.
Das gilt nicht nur beim Verabschieden. Das gilt generell, wenn man es mit
anderen zu tun hat. Im Deutschen haben wir das für jede Situation zutreffende
Sprichwort „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“. Eigentlich
ist das banal, weil jeder diese Erfahrung gemacht hat und weiß, dass es sich so
verhält. Aber warum halten sich viele nicht daran? Warum sind in unserer Gesellschaft so
viele mürrisch, unfreundlich, abweisend? Warum vergelten so viele Böses mit
Bösem, statt diesen verhängnisvollen Teufelskreis mit einem versöhnlichen Wort zu
durchbrechen?
Freundlich sein ist doch gar nicht so
schwer. Neulich bin ich in Nürnberg durch die Bahnsteigunterführung gelaufen.
Da sind mir die vielen Menschen aufgefallen, an deren Haut- und Haarfarbe, an
deren Kleidung ich sah, dass sie irgendwann mal zugewandert sind. Sie hasteten
von Bahnsteig zu Bahnsteig genauso wie die anderen. Da hatte ich die Idee,
jeden von ihnen anzuschauen und anzulächeln. Und, was soll ich sagen, ganz
viele haben zurückgelächelt. Vielleicht ist das die einfachste Form von Segnen,
einem anderen sein Lächeln zu schenken und wenn er dann zurücklächelt, dann
bist du selbst auch gesegnet.
Also, lasst uns damit anfangen, gleich
morgen früh, wenn wir vor dem Spiegel stehen. Machen wir den Test und sagen wir
zu uns selbst: „Du bist gesegnet“ und dann lächeln wir uns selbst mal an. Und
wenn beim ersten Mal das Lächeln noch etwas schief im Gesicht hängt, beim
zweiten Mal wird’s schon klappen. Ich
möchte wetten, dass das wirkt. Irgendwie werden sich diese zwei, drei Sekunden vor
dem Badezimmerspiegel positiv auf deinen Tag auswirken.
Und wenn du dann später dein Enkelkind in
den Kindergarten, dein Kind in die Schule, deine Frau in die Arbeit
verabschiedest, dann kannst du ihnen ins Ohr flüstern: „Gott segne dich!“ Es
wird ihnen gut tun und dir auch.
Viele Franken sind Minimalisten. Sie
beschränken sich beim Reden auf das, was unbedingt gesagt werden muss. Na gut,
das ist halt so. Aber zumindest an einer Stelle solltest du doch ein paar Worte
mehr machen. Wenn du das nächste Mal jemanden zum Geburtstag gratulierst, dann
sage nicht nur „Glückwunsch!“, sondern „Gottes Segen zum Geburtstag!“. So viel
Zeit muss sein. Und der, dem du so gratuliert hast, wird diesen Wunsch nicht
vergessen.
Gutes sagen und
segnen, so schwer ist das doch nicht. Ich glaube, viele sehnen sich nach einem
guten Wort und einem freundlichen Lächeln. Gerade uns hier sollte das nicht
schwer fallen. Wissen wir doch, dass wir von Gott gesegnet sind, um selbst ein
Segen für andere zu sein.
Amen
Mit Spracherkennung diktiert.
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Hans Löhr /
Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach
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