Losung: Unser Herz freut sich des HERRN, und wir trauen auf seinen heiligen Namen. Psalm 33,21
Lehrtext: Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass. 1.Thessalonicher 5,16-17
Liebe Leserin, lieber Leser,
allezeit
fröhlich sein? – Unmöglich. Der Apostel Paulus, der so etwas im Lehrtext
verlangt, konnte das auch nicht. Oder kannst du das? Auch wer ein sonniges
Gemüt hat, dem vergeht in dieser Welt immer wieder der Frohsinn. Da genügt ein
Blick in die Zeitung oder auf die Berichterstattung im Fernsehen über Erdbeben,
Krieg und andere Katastrophen.
Ich habe
schon manche Nachrichten über Erdbeben mitbekommen. Doch jedes Mal gehen mir
die Bilder aus den Katastrophengebieten wie jetzt aus Syrien und der Türkei und
besonders das Leid der Kinder aufs Neue unter die Haut.
Gott?
Hätte er das nicht verhindern müssen? Nach meinen menschlichen Vorstellungen
schon. Ja, ich weiß wie Erdbeben entstehen. Aber das ändert nichts daran, dass sie
auch mich in meinem Inneren erschüttern. Ob mein Glaube einstürzt und alles
unter seinen Trümmern begräbt, worauf ich vertraut und gehofft habe? Möglich
ist das, doch ich wehre mich dagegen. Wem wäre auch damit geholfen?
Was
dann? Beten für die Opfer und die Bergungsteams? Ja. Spenden? Ja. Und sonst?
Zunächst muss ich es aushalten, dass ich keine Antwort weiß, wenn ich gefragt
werde oder mich selbst frage, warum Gott solche Katastrophen zulässt. Ist er denn
nicht allmächtig? Geschieht denn etwas ohne seinen Willen? Warum hat er die
Welt so geschaffen, dass sich solche Unglücksfälle ereignen können? Ich weiß es
nicht. Doch weshalb frage ich nur selten, warum er das viele Gute geschehen
lässt, das es doch auch gibt?
Sechs Dinge, die ich mir klarmache
Doch zurück
zu den aktuellen Ereignissen. Ich mache mir klar:
a) Täglich
geschehen überall auf der Welt entsetzliche Dinge. Sie schaffen es nur nicht in
die Nachrichten, weil es Einzelfälle sind. Doch in der Summe trifft es mehr
Menschen als jetzt in Syrien und in der Türkei. Diese Dinge berühren mich merkwürdigerweise kaum. Ich weiß ja, wir alle leben auf dünnem Eis. Jederzeit kann es einbrechen - überall.
b) Was
auch immer Leidvolles geschieht, es ist keine Strafe Gottes. Es gibt neben ihm
aber auch keine finsteren, satanischen Mächte, die dafür verantwortlich wären.
Das sind lediglich hilflose, menschliche Versuche, um das Unerklärliche zu
erklären, weil man es nicht aushält, keine Antwort auf solche Dinge zu haben.
c) Die
Schöpfung ist noch nicht zuende. Wir leben inmitten von Umgestaltung und Neugestaltung
unserer Erde. Sie wird auch dann weitergehen, wenn es keine Menschen mehr geben
wird. Zu den Werkzeugen des Schöpfers gehören auch Vulkanausbrüche, Erdbeben,
Tsunamis und andere Naturkatastrophen. So entsteht neuer Lebensraum für alte
und neue Lebewesen. Mehr noch, jene „Werkzeuge“ waren und sind überhaupt erst
die Voraussetzungen, dass auf der Erde Leben entstehen konnte. Ohne sie gäbe es
auch mich nicht.
d) Ich
kann immer nur das erkennen, was gerade geschieht, weiß aber nichts über seine Langzeitfolgen.
Hätte es die Katastrophen der Vergangenheit nicht gegeben, würde es zwar andere
Menschen geben, aber keinen von denen, die heute leben, auch mich nicht. Es
wären sich andere Frauen und Männer begegnet und hätten andere Nachkommen
gezeugt. Ohne die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs zum Beispiel, hätten sich
die Wege meiner Mutter und meines Vaters nicht gekreuzt.
e) Wir
reden oft so leichtfertig vom Willen Gottes. Doch was wissen wir schon über
ihn? Wir können und wir sollen ihn nicht ergründen, sondern annehmen, manchmal
auch unter Tränen und Schmerzen wie Jesus im Garten Gethsemane. Wir haben es
schließlich mit der unermesslichen, ewigen und heiligen Kraft zu tun, die wir
Gott nennen und die sich uns in Jesus soweit zeigt, wie sie es für richtig
hält. Das ist ein winziger Ausschnitt. Wer oder was diese Kraft und Macht ist,
wer Gott an und für sich und darüber hinaus ist, werden wir in dieser Welt und
Zeit nicht erfahren. Alles andere wäre fromme Anmaßung und Vermessenheit.
f) In
dieser zerbrechlichen Welt ist uns zerbrechlichen Wesen Gottes Geist verheißen
als Beistand und Trost. In der Kraft seines Geistes glauben und beten wir. Dazu
gehört ein empfindsames Herz, dem das Leid anderer nicht egal ist. Dazu gehört,
dass wir zurecht hadern und klagen, wenn solche Dinge passieren wie jetzt in
Syrien und in der Türkei. Dazu gehört, dass wir trotzdem auf Gottes Hilfe für
die Opfer hoffen und auch uns selbst als Teil seiner Hilfe und seines Beistands
verstehen. Dazu gehört, dass wir trotz alledem in der Liebe bleiben zu Gott,
unseren Nächsten und Fernsten und zu uns selbst. Und dass wir darauf vertrauen,
dass er gerade den Leidenden nahe ist, so wie dem sterbenden Jesus am Kreuz,
der sich von ihm verlassen fühlte und doch sagen konnte: „Vater, ich lege mich
vertrauensvoll in deine Hände.“ (Lukas 23,46; Psalm 31,6).
Eine andere Möglichkeit sehe ich
für mich nicht, ohne zynisch, kalt und bitter zu werden.
Ich breche hier hab, weil diese Überlegungen den Rahmen der Losungsauslegungen sprengen. Doch zuletzt noch einmal die Frage nach der Freude. Soll ich darauf verzichten, mich meines Lebens zu freuen, das Gott mir geschenkt hat, weil in der großen weiten Welt ständig auch viel Schlimmes passiert? Es gibt Tage wie diese, an denen ich angesichts des namenlosen Leids erschüttert und traurig bin. Es gibt Tage, an denen ich selbst von Leid und Schmerz betroffen bin. Doch sie dürfen nicht verhindern, dass ich mich trotzdem wieder freuen werde über meinen Gott, der mich mit so vielem segnet, auch mit Mitgefühl, auch mit Freude, auch mit großherzigen Menschen, besonders aber mit Jesus Christus, bei dem ich Zuflucht finde, wenn ich Gott nicht verstehe.
Gebet: Herr, ich klage dir das Leid der Erdbebenopfer. Ich klage dir ebenso das Leid der Vielen, die von Schicksalsschlägen getroffen sind. Auch wenn ich keine Antworten weiß auf die Frage nach dem Warum, so wende ich mich doch an dich, weil du der Helfer in aller unserer Not bist. Du kannst die Kraft geben, Leid zu tragen. Du kannst es wieder wenden. Du bist doch unser barmherziger Vater und zeigst dich uns in Jesus als der große Menschenfreund. Darum will ich dich auch mitten im fremden und eigenen Leid für deine Treue loben. Denn du wirst auch wieder eine Zeit schenken, in der wir fröhlich sind und dich preisen. Amen
Herzlich grüßt
Ihr / dein Hans Löhr
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1728 erschien
in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das
für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes
Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die
täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
Lieber Pfarrer Löhr, mit dem Lesen ihrer Zeilen beginnt schon seit längerem mein Tag. Ihre Worte helfen mir über vieles was ist und vielleicht auch sein kann hinweg. Getragen und gestärkt beginne ich meine Arbeit. Danke, für ihre einfühlsamen Worte, die Hoffnung und Zuversicht spüren lassen.
AntwortenLöschenGuten Morgen Herr Löhr,
AntwortenLöscheneine wundervolle Auslegung
ohne Verklärung aber mit viel Vertrauen und Hoffnung.
Danke dafür.
Ute
Der Lehrtext ist mein Konfirmationsspruch. Aber hier nicht gedruckt ist in den Losungen die 3. Aussage: Seid dankbar in allen Dingen. Die steht bei mir dabei.
AntwortenLöschenIch habe viel nachgedacht über diesen Spruch. Für mich stellt er einen Dreiklang des Lebens dar, inhaltlich und zeitlich.
Inhaltlich wird das Fröhlichsein relativiert oder abgelöst durch dieses "betet ohne Unterlass". Es bedeutet für mich "festhalten an Gott, auch wenns dick kommt". Mit "zeitlich" meine ich auch "Jugend, Mitte, Alter".
Ob man das so sehen kann?
Das gefällt mir.
LöschenVielen Dank für die gute, aufbauende Auslegung und ihrer Betrachtung im Ganzen. Ich kann dem mit meinen Erfahrungen nur zustimmen.
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