Losung: Wenn
es dir gut geht, dann freu dich über dein Glück. Und wenn es dir schlecht geht,
dann bedenke: Gott hat die Welt geschaffen wie sie ist, mit Licht und Schatten,
mit Freude und Leid, und du weißt nicht, was die Zukunft bringen wird. Prediger 7,14
(Andere
Übersetzung: Freu dich, wenn du einen Glückstag hast. Und wenn du einen
Unglückstag hast, dann denke daran: Gott schickt dir beide, und du weißt nicht,
was als Nächstes kommt.)
Lehrtext: Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie
säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer
himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?
Matthäus
6,26
Liebe Leserin, lieber Leser,
vor vielen Jahren habe ich eine Frau
besucht, die ihren 16-jährigen Sohn bei einem Unfall verloren hatte. Viel weiß
ich von dem Besuch nicht mehr. Aber das hat sich bei mir eingeprägt, als sie
sagte: »Herr Pfarrer, mit Gott bin ich fertig. Mit ihm will ich nichts mehr zu
tun haben.« Der Schmerz dieser Frau war größer als alles, was ich selbst bisher
an Leid erlebt habe. Und ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde, wenn
eines meiner Kinder oder meiner Enkelkinder plötzlich sterben würde. Und
deshalb habe ich auch keinen Grund, jene Frau zu kritisieren.
Ich weiß aber auch von anderen, die
ebenfalls einen schweren Verlust erlitten haben und trotzdem bis heute an Gott
festhalten. Sie haben sonst keinen anderen Halt, wenn es ihnen den Boden unter
den Füßen wegzieht. Und einige halten sich am gekreuzigten Jesus fest und sagen
sinngemäß: „Herr, du hast selbst gelitten. Du weißt, wie mir zumute ist. Du
wirst mich gerade jetzt nicht im Stich lassen. Du wirst mir für jeden neuen Tag
so viel Kraft geben, wie ich brauche.“
Wir alle, ob wir glauben oder nicht, leben
in einer Welt voll Glück und Unglück, Freude und Leid, Angst und Hoffnung. So
ist sie nun mal, diese Welt. Eine andere haben wir nicht, eine andere kennen
wir nicht. Wir werden das Glück nicht mit unserem Glauben herbeizwingen und Unglück
und Leid nicht durch religiöse Geschäftigkeiten bannen. Weder das eine noch das
andere erreiche ich, wenn ich auch noch so viel bete, Kerzen anzünde und in der
Bibel lese. Jeder macht sich Sorgen, jeder wird krank, jeder erlebt auch
schwere Zeiten, ob er gläubig ist oder nicht. Die entscheidende Frage ist nur: Wie
verhalte ich mich zu Glück und Unglück? Wie kann mir dabei mein Glaube helfen?
Mir hat sich dazu ein Satz aus dem Buch
Hiob der Bibel eingeprägt. Als eine Katastrophe nach der anderen über diesen
Mann hereingebrochen war, sagte seine Frau zu ihm: „Na, Hiob, immer noch fromm?
Verfluche Gott und stirb!“. Doch Hiob antwortet ihr: „Was du sagst, ist gottlos
und dumm: Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch
annehmen?“
Ich weiß nicht, wie es dir gerade geht.
Vielleicht führst du zurzeit ein sorgenfreies Leben. Dann gratuliere ich dir.
Vielleicht aber hast du mit einer Krankheit zu kämpfen oder plagst dich mit
Sorgen, was deine Partnerschaft betrifft, deine Familie deine finanziellen oder
beruflichen Verhältnisse. Dann versuche jetzt mal Abstand zu gewinnen zu den
Dingen, die dich gefangen nehmen. Überblicke dein ganzes Leben wie es gerade
ist. Vielleicht kannst du dann sagen, was auch ich zu mir ab und zu sage:
‚Du kannst von Glück sagen, dass du soweit gesund bist und in den Gottesdienst konntest. Du kannst von Glück sagen, dass du ein Zuhause hast, ein
Dach überm Kopf, ein Bett, einen Kühlschrank voll Nahrungsmittel, eine
Heizung, fließendes Trinkwasser, sanitäre Einrichtungen, elektrische
Haushaltsgeräte, ein Fahrzeug und ein regelmäßiges Einkommen. Du kannst von
Glück sagen, dass du in einem Staat mit einem guten Straßennetz lebst, mit
Zügen und Busverkehr. Dass Tag und Nacht ein Rettungsdienst für dich da ist,
eine Klinik in erreichbarer Entfernung, dass du es zum Arzt und zur Apotheke
nicht weit hast. Dass die Regale in den Geschäften voll sind, Dass unser
Rechtssystem weitgehend funktioniert und die kommunale Verwaltung. Dass du in
einer Demokratie lebst, deine Meinung frei äußern und dein Glauben ungehindert
ausüben kannst. Du kannst von Glück sagen, dass du in diesem Land lebst in
einer Zeit des Friedens, auch wenn dir der Krieg in der Ukraine Sorgen macht. Du
kannst von Glück sagen, wenn du Menschen hast, die dich nicht im Stich lassen
und Kontakt zu dir halten, Familienangehörige, Nachbarn, Freunde. Vor allem
aber kannst du von Glück sagen, dass dir Gott in Jesus begegnet, dein
barmherziger Vater, der dich geschaffen hat und bedingungslos liebt. Der dich,
segnet, behütet, der bei dir ist und bleibt in guten und in schlechten Zeiten.
Das, liebe Leserin, lieber Leser, sage ich mir, wenn mir
das eine oder andere Problem zu schaffen macht und sich zu einem Berg
auswächst, der alles überschattet. Ja, das Problem ist deshalb nicht weg und
setzt mir nach wie vor zu. Aber nun ist es ein Ding unter vielen und beherrscht
nicht mehr ausschließlich mein Denken und meine Gefühle. Und dann kann ich auch wieder Gott danken, für all das Gute, das er mir jetzt,
in diesem Augenblick schenkt und sagen:
‚Ja, Herr, es stimmt, ich bin trotz meiner
augenblicklichen Schwierigkeiten ein gesegneter Mensch. Das will ich nicht
vergessen und dafür danke ich dir. Und nun gebe ich dir meine Sorgen, die mich
drücken und vertraue darauf, dass sie bei dir in guten Händen sind. Du wirst
mir helfen, dass ich mit ihnen leben kann. Und wenn du willst, wirst du sie mir
abnehmen; denn du sorgst für mich. Du hast den Überblick über mein Leben. Du weißt, was kommt und wie du es mit mir auf's Beste machen wirst.‘ (Lehrtext) -
Das hilft mir, Abstand zu gewinnen zu meinen Sorgen und Problemen.
Neulich habe ich bei dem Philosophen Arthur
Schopenhauer einen interessanten und, wie ich meine, hilfreichen Gedanken
gelesen. Er schreibt:
»Wenn ich zu Zeiten mich unglücklich gefühlt, so ist dies hauptsächlich geschehen, weil ich mich in mir selbst geirrt habe. Ich habe mich dann für einen
Andern gehalten als ich bin und nun dessen Jammer beklagt.
Ich habe mich zum Beispiel für einen Lehrer gehalten, der nicht Professor wird und keine
Zuhörer hat.
Oder für einen, von dem der eine schlecht redet und
die andere klatscht.
Oder für den Angeklagten in einem Beleidigungsprozess.
Oder für den Liebhaber, den jenes Mädchen, auf das er aus ist, nicht erhören
will.
Oder für den Patienten, den seine Krankheit zu Hause hält.
Oder für andere ähnliche Personen, die mit ähnlichen Leiden zu tun haben.
Das alles bin ich nicht gewesen, das alles ist fremder Stoff, aus dem höchstens
die Jacke gemacht gewesen ist, die ich eine Weile getragen und dann gegen eine
andere abgelegt habe.«
Das will ich mir merken: Der Ärger, der mich wurmt, die Sorge, die ich mir mache, das Unglück, das ich beklage – was sind sie mehr als eine Jacke? Sie wird mir nicht gefallen. Ich muss sie wohl eine zeitlang tragen. Aber dann werde ich sie wieder gegen eine andere tauschen und in den Sack für abgelegte Kleider stopfen. Wir beide, du und ich, was sind unser Unglück und Sorgen mehr als solche Jacken? Wir haben in unserem Leben schon so viele Jacken abgelegt und sind doch dieselben geblieben. Wir sind und bleiben Geschöpfe Gottes, Töchter und Söhne des barmherzigen Vaters. Wir gehören nicht unserem jeweiligen Befinden, sondern ihm - zum Glück. Amen
Gebet: Herr, schicke, was du willst,
Ein Liebes oder Leides;
Ich bin vergnügt (so
froh), dass Beides
Aus Deinen Händen quillt.
Wollest mit Freuden
Und wollest mit Leiden
Mich nicht überschütten!
Doch in der Mitten
Liegt holdes Bescheiden.
Eduard Mörike
Herzlich grüßt
Ihr / dein Hans Löhr
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1728 erschien in Herrnhut die erste
Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des
Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem
Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in
etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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