Montag, 26. September 2022

Blindes Vertrauen hl

Losung: Bekehre du mich, so will ich mich bekehren; denn du, HERR, bist mein Gott! Jeremia 31,18 

Lehrtext: Jesus spricht zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Johannes 20,27 

Liebe Leserin, lieber Leser,

zum besseren Verständnis hier die heutige Losung in einer anderen Übersetzung und im Zusammenhang: Der Herr sagt: Ich habe deutlich gehört, wie die Leute von Ephraim klagen: „Du hast mich zurechtgewiesen, und wie ein junger, ungebändigter Stier bin ich gezüchtigt worden. Bringe mich zurück, damit ich zurückkehre, denn du bist der HERR, mein Gott. Denn nach meiner Umkehr (=Buße) zu dir bereue ich, und nachdem ich zur Erkenntnis gebracht worden bin, schäme ich mich.“

Der Hintergrund dieses erschütternden Wortes ist die Vernichtung des antiken Staates Ephraim/Israel durch die Assyrer in den Jahren 722/720 vor Christus. Er bildete das sogenannte Nordreich des von den hebräischen Stämmen eroberten Landes. Das Südreich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem und dem Tempel wurde 587 v.Chr. von den Babyloniern unter Nebukadnezar II zerstört. Dabei wurden große Teile der Bevölkerung als Sklaven in die damaligen Weltreiche verschleppt. [Verdis Oper Nabucco handelt von diesen Ereignissen].

In dem Losungswort geht es um eine doppelte Umkehr und Rückkehr. Einmal bitten die Leute von Ephraim/Israel Gott, dass er sie wieder in ihre Heimat zurückbringen möge. Zugleich aber sagen sie, dass sie sich auch zu Gott bekehren, also zu ihm zurückkehren möchten. In beiden Fällen soll er ihnen dabei helfen; denn aus eigener Kraft scheint das für sie nicht möglich zu sein.

Militärische Katastrophen als Gottes Strafen

Die Propheten des Alten Testamentes wie Jesaja, Jeremia, Amos und andere bringen die politischen Katastrophen der damaligen Zeit mit dem Abfall vom wahren Glauben in Verbindung und verstehen sie als Gottes Strafen. Die Könige im Nordreich und im Südreich waren nicht bereit, sich unter die militärische Übermacht der Assyrer und später Babylonier zu beugen. Sie führten einen aussichtslosen, bewaffneten Kampf, der nur dazu führte, dass umso mehr Soldaten und Zivilisten getötet, verwundet und verschleppt wurden. Wer will, kann Parallelen zur Gegenwart ziehen.

Für mich lerne ich aus den beiden Bibelworten heute, dass eine „Bekehrung“ (= Buße) also Hinwendung zu Gott, von ihm selbst veranlasst wird und nicht allein meine Sache ist. Aus dem Neuen Testament erfahre ich, dass sich deshalb Gott selbst in Jesus Christus zu uns Menschen „bekehrt“, also sich uns zugewandt hat, um uns zu sich zu ziehen. Damit erledigt sich jeder offene oder heimliche Stolz auf Bekehrung aus eigener Initiative oder Kraft.

Im Lehrtext verurteilt oder bestraft Jesus den ungläubigen Thomas nicht, sondern hilft ihm, zum Glauben zu finden und fügt hinzu: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ In dieser Lage befinden wir uns. Wir können Gott nur „blind“ vertrauen, weil wir ihn nicht von Angesicht zu Angesicht sehen. Das ist viel verlangt. Und auch von Jesus sehen wir nur die Bilder, die wir uns von ihm machen. Billiger ist der Glaube nicht zu haben. Aber ist es unter uns Menschen so viel anders? Wir müssen einander doch auch blind vertrauen, weil wir uns nicht gegenseitig ins Herz sehen und erkennen können, wie es der andere wirklich meint. 

Gebet: Herr, wie soll ich ohne dich glauben, wie ohne dich zu dir kommen können? In Jesus bist du zu mir gekommen, damit ich glauben und zu dir kommen kann. Lass mein Vertrauen auf dich wachsen, auch wenn ich dich nicht sehen und manchmal nicht verstehen kann. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr 

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1 Kommentar:

  1. Lieber Hans,
    mit 2d Verspätung (Fernreise, Internet) weil es mir wichtig ist:
    Danke für Deine Worte. Heute hätte ich mir gewünscht, dass du mehr auf den Lehrtext eingehst. Thomas ist für mich fast die wichtigste Person im ganzen NT bzw. der Bibel. Er erlaubt uns, unseren kritischen Verstand einzusetzen. Sonst wäre ich schon lange an vielen Widersprüchen unseres Glaubens und seltsamen Passagen der Bibel verzweifelt.
    LG Jürgen

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