Losung: Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind. Sprüche 31,8
Lehrtext: Denkt an die
Gefangenen, weil auch ihr Gefangene seid; denkt an die Misshandelten, weil auch
ihr Verletzliche seid. Hebräer 13,3
Liebe Leserin,
lieber Leser,
wer damals, Ende der sechziger Jahre, jung und politisch interessiert war, war nicht nur rebellisch gegenüber den alten Nazis, die es immer noch zuhauf gab. Er protestierte auch gegen den grausamen Krieg der USA in Vietnam. Das dritte Thema, das uns Schüler und Studenten damals umgetrieben hat, war die soziale Gerechtigkeit bei uns in Deutschland und weltweit. Wir wollten solidarisch sein mit denen, die ausgebeutet wurden und mit denen, die dagegen kämpften.
Von konservativen und evangelikalen Christen wurde uns damals vorgeworfen, wir sollten uns mehr um den Seelenfrieden und den Glauben kümmern. Die Politik sollten wir anderen überlassen.
Mitgefühl und Einsatz für die Opfer
In meiner Senfkornbibel, die ich damals als Theologiestudent verwendete, habe ich etwas anderes gelesen, vor allem in den Schriften der Propheten des Alten Testaments. Ihnen ging es nicht abstrakt um Politik, sondern um die konkreten Menschen, die damals unter der Oberschicht und den Priestern der Tempelkirche gelitten haben. Das konnte vor Gott nicht recht sein.
Wie bestätigt war ich in meinen Ansichten und meinem Engagement als ich damals beim Studium der Bibel jenen Satz aus der heutigen Losung fand. Ich habe ihn gleich dreimal rot und dick angestrichen: Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind.
Dasselbe habe ich dann auch mit dem anderen Wort aus dem Buch der Sprüche, Kapitel 24,11+12 gemacht:
11 Errette, die man zum Tode schleppt, und entzieh dich nicht denen, die zur Schlachtbank wanken. 12 Sprichst du: »Siehe, wir haben’s nicht gewusst!«, fürwahr, der die Herzen prüft, merkt es, und der auf deine Seele achthat, weiß es und vergilt dem Menschen nach seinem Tun.
Solche Bibelworte haben meine frommen Brüder und Schwestern damals nicht so sehr interessiert. Und heute?
„Siehe, wir haben es nicht gewusst“ - das habe ich damals in den Jahren nach Krieg und Nationalsozialismus von den Erwachsenen öfter gehört. Ich wollte nicht, dass meine Kinder mir später mal ähnlich unangenehme Fragen stellen würden. Was meinen Lebensstil und ökologischen Fußabdruck angeht, hätten sie heute durchaus Grund dazu.
Meine Verantwortung
Als Christ kann ich mich nicht aus der Verantwortung vor Gott stehlen weder, was
die Menschenwürde der Gefangenen, der „Erniedrigten und Beleidigten“ (Karl Marx), noch was die Zukunft unseres Planeten und den Frieden betrifft. Doch wenn ich darum mit dem Finger auf andere zeige, die meines Erachtens versagen, muss ich mir klarmachen, dass zugleich drei Finger auf mich selbst zurückweisen. Was ich bisher erreicht habe, ist leider auch nicht so berühmt.
Und was kann ich jetzt tun?
Ich engagiere mich weiterhin in bescheidenem Umfang bei den genannten Themen, allerdings außerhalb von Parteien. Seit den Waffenlieferungen für die Ukraine bin ich in unserem Land politisch heimatlos. Manchmal möchte ich verzweifeln. Aber das gilt vor Gott nicht. Dann sage ich zu ihm:
Gebet: Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Amen (aus den USA. Verfasser unbekannt)
Mir kommt es nicht mehr darauf an, dass mein Engagement erfolgreich ist. Ich versuche das, was ich für richtig halte, um seiner selbst willen zu tun, unabhängig vom Beifall oder den Buhrufen anderer.
Herzliche Grüße
Ihr / dein Hans Löhr
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1728 erschien
in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das
für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes
Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die
täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärk. Sten wachsen lässt.
Dein letzter Satz/Nachsatz ist sehr wichtig und verdient vielleicht eine gesonderte Betrachtung in den nächsten Tagen.
AntwortenLöschenDanke, Jürgen
... und dennoch braucht man für so eine Haltung immer wieder frischen Mut und den wünsche ich Ihnen!
AntwortenLöschenMir fehlt er oft, leider.
Herzliche Grüße in den gesegneten Tag von Annelie