Liebe Freunde,
in dieser Predigt geht es darum, was ich durch den Glauben für die Erziehung meiner Kinder gelernt habe. Doch diese Einsichten sind nicht auf den Umgang mit Kindern beschränkt. Sie können auch in der Partnerschaft eine Rolle spielen oder wo sonst Erwachsene miteinander zu tun haben.
Eine Klarstellung
Doch vorweg eine Klarstellung. Obwohl ich vier Kinder habe, bin ich kein Erziehungsexperte. Da hat meine Frau wesentlich mehr Kompetenz. Ich habe auch keine konkreten Erziehungsziele. Meine Kinder müssen in dieser Gesellschaft nicht bestimmte Sprossen auf der Karriereleiter erreichen. Doch das war nicht immer so. Als ich noch ein junger Vater war, meinte ich, dass meine inzwischen großen Töchter mindestens eine ähnliche Ausbildung haben sollten wie die Eltern. Ich hatte nicht gemerkt, dass es mir im Grunde gar nicht um meine Kinder ging, sondern um den gesellschaftliche Status. Ich wollte, dass meine Kinder mithalten können und ich ohne rot zu werden eine Antwort auf die Frage geben kann: „Und was studieren Ihre Kinder?“ Vielleicht wollte ich ja nur, dass ich mich mit ihnen nicht blamierte. Ich wollte auch sagen können: Seht her, meine Kinder haben Abitur und haben studiert. So wollte ich mich mit ihnen schmücken können. Nun, die beiden Großen haben dann auch die Ausbildungshürden genommen. Aber nicht, weil ich das wollte, sondern weil sie das selbst irgendwann wollten. Doch bis es soweit war, habe ich manches graue Haar bekommen.
Warum ist mein Kind nicht wie ich?
Wie das jetzt bei meinen beiden jüngeren Kindern sein wird, steht noch nicht fest. Da ist noch alles offen und vieles denkbar. Nur so viel ist klar: Keines meiner Kinder ist so wie ich. Keines denkt genau wie ich und keines hat dieselben Interessen wie ich. Darum darf ich auch nicht verlangen, dass sie so werden wie ich bin.
Auch was den Glauben betrifft, geht jedes meiner Kinder seinen eigenen Weg. Eines von den vier glaubt, soweit ich das weiß, gar nicht. Bei den anderen drei spielt der Glaube nach meiner Beobachtung eine unterschiedlich wichtige Rolle.
Über jedes meiner Kinder habe ich mir mehr oder weniger Sorgen gemacht. Über jedes aber habe ich mich auch immer wieder gefreut. Manchmal war ich wütend, manchmal war ich drauf und dran zu resignieren, manchmal war ich stolz, manchmal waren mir ihre schlechte Noten peinlich und immer noch bin ich alles in allem erleichtert, dass sie so sind, wie sie sind.
Worauf es ankommt
Und worauf kommt es nun letztlich bei der Kindererziehung an? Welche Ziele soll man erreichen? Meine Antwort wird euch vielleicht enttäuschen. Denn ich meine, es kommt darauf an, dass man so gut es geht zusammenlebt. Die Eltern müssen privat und beruflich ihr Leben meistern mit allen Höhen und Tiefen, mit allem Gelingen und Scheitern. Und die Kinder erleben das mit und lernen nebenbei, wie ein Familienleben so funktioniert und worauf es ankommt.
Das habe ich durch den Glauben gelernt
Und was habe ich nun durch den Glauben für die Erziehung meiner Kinder gelernt? Ich erinnere mich noch genau, wie ich einmal über eines von ihnen ganz verzweifelt war. Die schulischen Leistungen waren so schlecht, dass ich für seine Zukunft nur noch schwarz gesehen habe. Ich habe darüber gegrübelt, ob dieses Kind einfach nicht lernen will oder vielleicht gar nicht lernen kann. Sooft es nur irgend ging, lief es von seinen Schularbeiten davon und traf sich mit seinen Freunden. Und wenn ich dann in sein Zimmer kam, dachte ich mir: ‚O Gott, wenn es im Kopf dieses Kindes genauso ausschaut wie in seinem Zimmer, dann ist Hopfen und Malz verloren.‘
Ich habe mich mit meiner Frau gestritten, was denn da zu tun sei. Ich habe vor ihr meiner Enttäuschung Luft gemacht, was unser Kind doch für ein Versager sei. Und sie hat mir zurecht gedroht, nur ja kein einziges von meinen negativen Urteilen diesem Kind zu sagen. So saß ich dann noch eine Zeit lang versunken in schwarze Gedanken mit mir allein im Wohnzimmer, ratlos und deprimiert. Schließlich seufzte ich: „Ach Herr, was soll ich nur tun!“
Das war eigentlich gar kein Gebet und ich erwartete auch gar keine Antwort. Doch da war plötzlich dieser Satz in meinem Kopf: „Lieben – Liebe dein Kind genauso wie ich es tue.“ Und ich dachte zuerst: ‚Ja, schon. Freilich liebe ich auch dieses Kind.‘ Aber dann war es mir als sagte jemand: „Wirklich? Liebst du es bedingungslos wie ich? Unabhängig von allem, was dich stört und womit du nicht einverstanden bist?“ Und ich dachte mir, ja genau, das ist es, was jetzt dran ist. Mein Kind soll spüren, dass ich es liebe und dass es dafür nichts tun muss.
Natürlich sage ich auch manchmal nein. Natürlich müssen auch Auseinandersetzungen geführt werden. Und natürlich sage ich auch, was ich denke und woran ich mich orientiere. Man darf seine Kinder auch in dieser Hinsicht nicht allein lassen. Doch bei alledem sollen sie spüren, dass meine Liebe zu ihnen nicht infrage steht.
Natürlich sage ich auch manchmal nein. Natürlich müssen auch Auseinandersetzungen geführt werden. Und natürlich sage ich auch, was ich denke und woran ich mich orientiere. Man darf seine Kinder auch in dieser Hinsicht nicht allein lassen. Doch bei alledem sollen sie spüren, dass meine Liebe zu ihnen nicht infrage steht.
Später dachte ich vor dem Einschlafen noch einmal darüber nach. ‚War das wirklich Jesus, der da zu mir sprach? Und wie? Durch meine Gedanken? Durch meine Gefühle?‘ Und ich sagte mir: ‚Das ist doch jetzt egal. Du hast eine klare Antwort bekommen. Danach kannst du dich richten.‘
Warum ist mein Kind nicht wie andere?
Aber ich war mit meiner Enttäuschung noch nicht fertig. Ich dachte: ‚Warum nur tut sich denn dieses Kind so schwer in der Schule? Warum hat es keine Motivation zu lernen? Warum hat es kein Ziel, das es erreichen möchte? Andere Kinder tun sich viel leichter, sind engagiert, motiviert, fleißig. Machen neben der Schule noch andere Sachen: Sport, Musik, Kunst. Andere haben eine erkennbare Begabung, sind gut in Mathematik oder in Sprachen oder spielen schon richtig gut ein Instrument. Warum nur ist mein Kind nicht so begabt?‘ Und da war wieder diese Stimme in mir, die sagte:
„Na hör mal, willst du mir etwa Vorwürfe machen? Ich habe schließlich dein Kind geschaffen und weiß warum und wozu. Ich habe dir ein gesundes Kind geschenkt. Und jetzt willst du herummäkeln, weil es nicht so ist, wie du dir das vorstellst? Willst mir gar Vorschriften machen, was ich zu tun habe? Was weißt du denn schon, warum dein Kind so ist wie es ist. Ich kenne den Weg, denn es gehen wird. Du nicht. Und auf diesen Weg habe ich es vorbereitet. Ich habe ihm Begabungen gegeben, die du jetzt noch nicht erkennen kannst, die aber noch sichtbar werden, wenn es an der Zeit ist. Und du? Du hast zwar keine Ahnung, aber dafür negative Vorurteile. Also, liebe dein Kind so wie es ist und vertraue mir, dass ich es gut geschaffen habe. Ich habe es gesegnet und behütet und werde auch in Zukunft mit ihm sein.“
So ähnlich habe ich das damals in mir gehört. Da habe ich erst mal eine Zeit lang nichts mehr gesagt. Ich dachte dann nur noch im Stillen: Aber ist es nicht doch schlimm mit meinem Kind? Und dann meinte ich zu hören, wie jemand laut und deutlich zu mir sagte: „Du warst schlimmer.“
Drei Einsichten
Damals, liebe Freunde, habe ich drei Dinge gelernt, die mir im Umgang mit meinen Kindern heute helfen und manchmal auch im Umgang mit anderen Menschen:
Erstens: Das wichtigste Gebot, das Jesus mir gegeben hat, gilt auch gegenüber meinen Kindern: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, voraussetzungslos und bedingungslos. Wenn ich mich darin übe, färbt das auch auf meinen Umgang mit anderen Menschen ab.
Zweitens: Jeder Mensch ist von Gott einmalig und einzigartig geschaffen und spielt eine wichtige Rolle in seinem Plan, aber nicht unbedingt in meinen Plänen. Ich soll und will meine Mitmenschen so nehmen wie sie sind und nicht wie ich sie haben will. Und da meine Kinder zugleich Gottes Kinder sind, bin ich auch nicht alleine für sie verantwortlich. Es ist auch seine Sache, was aus ihnen wird. Ja es stimmt, ich soll in der Erziehung, im Umgang mit ihnen tun, was in meiner Kraft steht. Aber zugleich wird Gott tun, was in seiner ungleich größeren Kraft steht. Und er wird auch dann noch für sie da sein, wenn es mich längst nicht mehr gibt.
Und Drittens: Ich darf nicht vergessen, wie ich in diesem Alter war, welche Sorgen ich damals meinen Eltern gemacht habe. Die haben sich bestimmt auch manchmal verzweifelt gefragt, was wohl aus mir noch werden wird, ohne dass ich davon viel mitbekommen habe. Nein, ich habe keinen Grund und erst recht kein Recht, meine Kinder abzuwerten. Aber ich habe allen Grund, dankbar zu sein, dass sie mir geschenkt sind - so wie sie sind. Amen
Predigt von Hans Löhr im Lichtblickgottesdienst am 19.8.2018
D A N K E !!!
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