Montag, 27. September 2021

Gott straft und schlägt nicht hl

Losung: Ehe ich gedemütigt wurde, irrte ich; nun aber halte ich dein Wort. Psalm 119,67

Lehrtext: Die Betrübnis, die nach dem Willen Gottes ist, bewirkt eine Umkehr zum Heil, die niemand bereut. 2. Korinther 7,10

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich sage es mal so: Wenn ich über meinen eigenen Hochmut stolpere, frage ich eher nach Gott als umgekehrt (Losung). Das gilt auch, wenn mein Selbstvertrauen nach einer persönlichen Katastrophe erschüttert ist. Dann wende ich mich ihm intensiver zu und ringe um mein Gottvertrauen als wenn alles glatt geht (Lehrtext)

Nur mache ich daraus kein Prinzip nach dem Motto: "Wen Gott lieb hat, den züchtigt er und er schlägt jeden, den er annimmt." Leider steht dieses Wort nicht nur im Alten Testament (Sprüche 3,12+12), sondern der Verfasser des Hebräerbriefs zitiert es auch im Neuen. Und selbst in unserem Gesangbuch heißt es noch:

Seine (Gottes) Strafen, seine Schläge, / ob sie mir gleich bitter seind, / dennoch wenn ich's recht erwäge, / sind es Zeichen, dass mein Freund, / der mich liebet, mein gedenke, / und mich von der schnöden Welt, / die uns hart gefangen hält, / durch das Kreuze zu ihm lenke. (EG 325, Paul Gerhardt)

Was steckt hinter solchen, uns heute so grausam anmutenden Sätzen? Im Hebräerbrief heißt es dazu: "Denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?" Das war in der Antike und noch bis weit ins letzte Jahrhundert gang und gäbe. Da hat man dann die menschliche Erziehungspraxis auf Gott übertragen. Und noch eine andere Erfahrung hat solche Sätze geprägt: Das Leben war für unsere Vorfahren und die Menschen der Bibel oft so unsäglich hart, dass man sich das eigene Leid nur als Strafe eines strengen und doch liebenden Gottes für die eigenen Sünden vorstellen konnte.

Nun ja, das ist aus jenen Zeiten heraus noch nachvollziehbar. Doch für uns heute nicht mehr akzeptabel. Wer meint, jene Bibelworte heute noch immer befolgen zu müssen, ist entweder fanatisch oder sadistisch. Leider liest man immer wieder mal, dass in manchen evangelikalen Gemeinschaften solche Dinge noch vorkommen. Gott sei Dank schreitet dann der Staatsanwalt ein.

Nein, Gott ist kein brutaler Schläger, sondern dein und mein barmherziger Vater. Das wissen wir von Jesus und daran können wir uns halten.

Gebet: Herr, wenn ich versage, schlägst du mich nicht, sondern nimmst mich in den Arm. Wenn ich leide, strafst du mich nicht, sondern heilst mich. Wenn mich ein Unglück trifft, bist du bei mir und hilfst mir es tragen. Du hast ja in dieser Welt selbst gelitten und weißt, was das bedeutet. Darum kommst du zu mir in meinem Leid und hältst bei mir aus. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

2 Kommentare:

  1. Ich finde das sehr sinnhaft, was sie schreiben.

    Gleichzeitig fällt es mir aber auch schwer zu sagen, xy gilt einfach nicht mehr, obwohl es in der Bibel steht.

    Sehr hätte ich mir auch eine sachliche Begründung gewünscht statt einfach eine negative Beschreibung der Person, die etwas anders sieht (wie so üblich auf allen Seiten der Politik heutzutage :

    Wer meint, jene Bibelworte heute noch immer befolgen zu müssen, ist entweder fanatisch oder sadistisch."

    Warum gilt manches nicht mehr?

    Freue mich wirklich über hilfreiche Erklärungen.

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    1. Warum heute manches nicht mehr gilt? Weil wir nicht mehr in der Antike und im Alten Orient vor 2000 Jahren leben. Weil zur Zeit, als der Hebräerbrief verfasst wurde, es noch üblich war, Kinder zu schlagen. Darauf beruft sich ja auch der Verfasser und meint, dass das bei Gott genauso sei.
      Weil die Verfasser der biblischen Schriften Kinder ihrer Zeit und wie wir irrtumsfähige Menschen mit problematischen Gefühlen waren.
      Weil ihnen nicht der Heilige Geist die Sätze diktiert hat, sondern weil sie versucht haben, nach bestem Wissen und Gewissen aufzuschreiben, was sie meinten, vor Gott und ihrem Glauben verantworten zu können.
      Weil wir mehr von Jesus wissen als sie damals wissen konnten, denn das Neue Testament war zu ihrer Zeit noch nicht fertig.
      Weil wir hinter die Zeit der Reformation des 16. und der Aufklärung des 18. Jahrhunderts nicht mehr zurück können.
      Weil wir seitdem die Bibel nur noch kritisch lesen können.
      Weil wir nicht einfach mehr nachsagen können, was andere vorgesagt haben, sondern selbst über die Bibel nachdenken und auch in Glaubensdingen uns unseres eigenen Verstandes bedienen müssen.
      Weil Glaube lebendig ist und wachsen will auch aufgrund eigener Lebenserfahrungen.
      Weil nicht alle dasselbe glauben müssen.
      Weil es für jede Generation neu darauf ankommt, das Evangelium in den biblischen Schriften neu zu entdecken.
      Weil alles auf die bedingungslose Feindesliebe Gottes ankommt und auf mein Gottvertrauen.
      Und weil die Bibel kein Museum ist, sondern ein Garten voll lebendiger, schöner Blumen und nahrhafter Früchte für Leib und Seele.
      Darum, so meine ich, gilt manches nicht mehr und anderes wird in der Bibel wichtig.

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