Sonntag, 21. November 2021

Du gehst. Er bleibt. (Predigt) hl

Predigt zum Ewigkeitssonntag 2021. Bibelwort: Psalm 23,4 

Liebe Gemeinde, 

ihr, die Angehörigen unserer Verstorbenen, seid der Einladung gefolgt, heute am Ewigkeitssonntag ihrer zu gedenken. Ihr tut das für euch, denn es ist euch ein Bedürfnis, an die liebevoll zu denken, von denen ihr in den letzten zwölf Monaten habt Abschied nehmen müssen. Vielleicht besucht ihr heute noch ihr Grab. Dann werdet ihr wohl spüren, wie stark ihr nach wie vor mit euren Toten verbunden seid.

Heute habt ihr die Gelegenheit ohne das ganze Durcheinander rund um die Trauerfeier dankbar und in Frieden an sie zu denken. Ihr könnt euch noch einmal ihr Bild vor Augen halten, noch einmal dem Klang ihrer Stimme nachhören und darüber nachsinnen, was sie euch bedeutet haben. Ihr werdet manch gute Erinnerung an sie haben, aber auch manch schmerzliche, besonders, wenn ihr an die letzte Zeit vor ihrem Tod denkt. Und wenn ihr am Grab steht, sprecht ein stilles Vaterunser für sie und für euch. Und wenn euch die Tränen kommen, lasst sie fließen. Es wird euch gut tun.

Bei vielen hatte sich ja das Ende schon länger angekündigt und darum waren die meisten von euch auch darauf gefasst. Manchmal war das Ende dann nach längerer Leidens- und Pflegezeit auch eine Erlösung für alle. Aber weh getan hat es dann doch und tut es noch immer.

Bei der einen oder dem anderen ist der Tod plötzlich gekommen und hat euch überrascht. Das war ein schwerer Schlag, der erst mal verwunden werden muss. Und das braucht Zeit.

Uns alle aber, die wir schon nahe Angehörige verloren haben, eint die Erfahrung, dass der Abschied wirklich endgültig ist und es keine Begegnungen mehr geben wird. Das wahrhaben zu müssen, ist zunächst nicht einfach. Aber irgendwann hat man sich dann auch damit abgefunden und mit dem Schmerz seinen Frieden gemacht. Und falls dir danach ist, dann sprich zu, dem, der jetzt auf dem Friedhof liegt. Das verbindet euch.

Hier in diesem Gottesdienst sollt ihr heilsame Worte hören, die eurer verwundeten Seele gut tun. Hier seid ihr mit eurem Schmerz nicht allein. Und hier könnt ihr euch vergewissern, dass ihr auch in der Zeit der Trauer nicht allein seid. Denn auch für euch gilt das Bibelwort, das wir bei der Trauerfeier gemeinsam gesprochen haben: »Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du, Gott, bist bei mir.«

Und so bitte ich jetzt jeden einzelnen von euch. Lass dich auf dieses Wort ein. Lass dich auf Gott ein. Öffne ihm dein Herz und lass ihn wirken. Denn unser Gott ist nicht irgendeine höhere Macht, irgendein übernatürliches Wesen, fern von uns über den Wolken. Er ist bei dir. Er zeigt sich dir und mir in Jesus Christus: An Weihnachten im Kind in der Krippe. Am Karfreitag im Mann am Kreuz. An Ostern als der Auferstandene, der Schuld, Leid und Tod überwunden hat für dich. Für wen denn sonst? Und immer sagt er: „Friede sei mit dir, fürchte dich nicht!“ So begegnet er uns beiden als der barmherzige Vater, dem ich vertrauen kann.

Wie ist es mit dem Verstorbenen, von dem du Abschied genommen hast? War er im Leben gut genug, dass du für ihn hoffen darfst? War er fromm genug, dass er vor Gott bestehen kann? Wird er von ihm aufgenommen und aus dem ewigen Tod gerettet? Oder wird sich das, was er einmal war, in nichts auflösen?

So denken und fragen wir Menschen. Wir meinen, so wie es bei uns zugeht, so ähnlich müsse es auch bei Gott zugehen, Lohn und Strafe, Leistung und Versagen, Gnade und Gericht usw. Wir malen sein Bild nach unseren Vorstellungen. Doch damit werden wir Gott nicht gerecht.

Denn das habe ich aus der guten Nachricht von Jesus gelernt, dass Gott die religiösen Fleißpunkte, die du gesammelt hast, nicht interessieren und ebenso wenig deine Versäumnisse im Glauben. Es kommt nicht auf dich an. Es kommt auf ihn an. Es kam auf ihn an, als er dich geschaffen, weil er dich gewollt hat. Und es kommt auf ihn an, wenn er dich wieder zu sich ruft. Denn was er geschaffen hat, das will er nicht wieder verlieren, sondern vollenden.

Du bist für ihn nicht nur ein Stück Schöpfung, sondern sein Kind. Um es klar und deutlich zu sagen: Du bist ein Gotteskind. Daran kannst du nichts ändern, wie du dich auch immer verhältst. Genauso wenig wie du daran etwas ändern kannst, dass du das Kind deiner leiblichen Eltern bist. Doch sie sind Menschen mit ihren Grenzen und Schwächen. Auch wenn sie sich um dich bemüht haben, so konnten sie dir nicht gerecht werden, wie du in deinem Innersten wirklich bist.

Aber Gott. Er kennt dein Herz. Er weiß, warum du so bist, wie du bist. Warum du dich so verhältst, wie du dich verhältst. Er kennt deine Grenzen, deine Schwächen, deine Schmerzen. Er kennt aber auch alles, was dir gelingt, was dich freut und womit du anderen Menschen Freude machst. Niemand kennt dich und niemand versteht dich besser als er. Gott weiß, dein Leben hier auf der Erde bleibt unvollendet, unvollkommen, bruchstückhaft. Und doch bist und bleibst du sein Kind.

Das alles, was ich jetzt von dir gesagt habe, gilt auch für den Menschen, den du verloren hast und an den du heute hier denkst. Ja, du hast ihn verloren. Aber Gott nicht. Du musstest vom Friedhof wieder heimgehen. Aber Gott ist geblieben. Er lässt sein Kind nicht im Stich, auch nicht im Grab, auch nicht im Tod.

Denn so, wie es am Lebensanfang einzig auf ihn ankam. So kommt es auch am Lebensende einzig auf Gott an. Da tut er, was wir nicht tun können. Und da geschieht, was er für richtig hält und nicht, was wir für richtig halten. Schließlich geht es im Himmel und auf Erden um seinen Willen und nicht um deinen. Schließlich ist er dein Vater und tut, was aufs Ganze gesehen für sein Kind das Beste ist.
Du und ich, wir können nicht aufs Ganze sehen. Wir sehen nur, was vor Augen ist, die schönen Dinge, aber auch das Leid. Wir denken an die Ängste und Schmerzen der Sterbenden. Wir spüren in uns die Wunde, die der Tod geschlagen hat. Wir fragen nach dem Warum? Und kriegen keine Antwort. Denn uns fehlt der Überblick. Wir sehen das Ganze nicht. Es bleibt uns keine andere Wahl, als auszuhalten, was ist, als anzunehmen, was ist und schließlich auch ja zu sagen zu dem, was ist.

Ich persönlich hätte manches auch gern anders als es ist. Und wenn ich dann manchmal zu hadern beginne, sage ich mir: „Du änderst damit nichts.“ Und dann sage ich zu Gott: „Du bist mein Schicksal im Glück und im Leid, in guten wie in bösen Tagen. Was auch geschieht, ich gehöre dir.“

Amen

2 Kommentare:

  1. Danke Ihnen für die Worte des Segens, der Kraft und des Trostes! Auch Ihnen wünsche ich Gottes Segen!

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  2. Danke Herr Löhr und allen Gottes reichen Segen! Ja,Jesus ist bei uns im finsteren Tal und in den finstersten Zeiten, er führt uns durch Angst und Tod zum Leben.

    https://youtu.be/euYt6TShPS8

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